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Werk der Woche – György Ligeti: Lontano

2023 feiert die Musikwelt den 100. Geburtstag des Komponisten György Ligeti. Auch wenn das eigentliche Jubiläum erst im Mai stattfindet, markiert der Jahresbeginn den Auftakt der Feierlichkeiten mit zahlreichen Aufführungen seiner Werke. Einen besonderen Blick auf die Orchesterkomposition Lontano wirft das Ballett Zürich: In einer Choreografie von Christian Spuck feiert die Umsetzung am 14. Januar 2023 im Opernhaus Zürich Premiere. 

Ligetis Orchesterwerke haben einen sehr eigenen und unverkennbaren Charakter. Seine Musik entwickelt sich nicht mit Hilfe der gewohnten formgebenden Stilmittel, wie motivisch-thematischer Arbeit, Kadenzierungen und traditionellen Formprinzipien. Die Atmosphäre entsteht vielmehr auf eine völlig neue Weise: Aus einem einzigen Ton im pppp entwickelt das in Einzelstimmen geteilte Orchester kanonartig immer dichtere polyphone Strukturen, die sich gegenseitig überlagern. Auf diese Weise gelingt es Ligeti, eine durchdringende Spannung aufzubauen, die auch von berühmten Filmregisseuren erkannt und verwendet wurde. Sowohl in Stanley Kubricks Horrorfilm The Shining als auch in Martin Scorseses Psychothriller Shutter Island ist Lontano wichtiges Hilfsmittel, um die unheimliche Stimmung aufzubauen und zu halten.

Ballett mit Ligetis Meisterwerk Lontano im Jahr des 100. Geburtstags

Die italienische Vortragsanweisung lontano bedeutet übersetzt “weit weg” bzw. “entfernt” und gibt an, dass ein Spieler beispielsweise hinter der Bühne zu spielen hat, damit seine Stimme klingt, als komme sie aus großer Entfernung. Ligeti hat diese Spielanweisung zum Formprinzip entwickelt. Das Spiel mit der Distanz war jedoch nicht seine einzige Innovation: Als Gegenentwurf zur seriellen Musik seiner Zeitgenossen kreierte er die Klangflächenmusik, ein Stilmittel, das Ligeti als das “Einander-Ablösen und Ineinander-Verfließen klingender Flächen und Massen” beschreibt. Diese Satztechnik arbeitet vorwiegend mit übereinandergelegten Akkorden sowie vertikalen und horizontalen Tonverbindungen in Form von Clustern und Glissandi. Dabei sind Takt und Taktstriche nur zur Orientierung der Musiker vorhanden und setzen keine metrischen Schwerpunkte. Ligeti selbst erklärt seine neuartige Kompositionstechnik so:

Die “harmonische Kristallisation” innerhalb des Sonoritätenbereichs führt zu einem intervallisch-harmonischen Denken, das sich von der traditionellen Harmonik – auch von der atonalen – grundsätzlich unterscheidet. Technisch wird dies mit polyphonen Mitteln erreicht: Die fiktiven Harmonien sind Ergebnis der komplexen Stimmverwebung, die allmähliche Trübung und das Neu-Herauskristallisieren ist das Resultat der diskreten Änderungen in den einzelnen Stimmen. Die Polyphonie selbst ist fast unmerklich, ihr harmonisches Ergebnis jedoch stellt das eigentliche musikalische Geschehen dar: Geschrieben ist die Polyphonie, zu hören die Harmonik. (György Ligeti)

An insgesamt 10 Abenden bis zum 11. Februar 2023 ist das Ballett Lontano im Opernhaus Zürich zu erleben. Im Konzert stehen ebenfalls zahlreiche Aufführungen des Orchesterwerks für die kommenden Monate auf den internationalen Spielplänen, unter anderem ist es im März in Freiburg, Ludwigsburg, Helsinki und Hamburg und im April in Wien zu hören.

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Foto: KonKoratio

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