Werk der Woche – Erich Wolfgang Korngold: Das Wunder der Heliane

Die Wiederentdeckung setzt sich fort: Erich Wolfgang Korngolds lange Zeit vergessene Oper Das Wunder der Heliane hat in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt. Davon zeugen Aufführungen in Brno, Gent, Freiburg und beim Bard Festival im US-Bundesstaat New York. Sogar die Produktion der Deutschen Oper Berlin wurde auf Blu-ray veröffentlicht und erhielt von der Zeitschrift Opernwelt 2019 die Auszeichnung "Wiederentdeckung des Jahres". 

Eine neue Version des Stücks wird nun uraufgeführt: Die Nederlandse Reisopera präsentiert Das Wunder der Heliane in einer Fassung für mittelgroßes Orchester von Fergus McAlpine. Damit können auch kleinere Opernhäuser das Stück aufführen. Am 30. September findet die Premiere in Enschede statt.

Mit Das Wunder der Heliane wollte Korngold an seine erfolgreiche Oper Die tote Stadt anknüpfen, die 1920 uraufgeführt wurde und in den folgenden Jahren zahlreiche Aufführungen im europäisch-amerikanischen Raum erlebte. Die Uraufführung der Heliane 1927 in Hamburg war ein Erfolg, weitere Aufführungen wurden jedoch sehr zwiespältig aufgenommen. Nach dem Aufführungsverbot der Nationalsozialisten in Deutschland geriet Korngolds Musik schnell in Vergessenheit.

Erich Wolfgang Korngold

Heliane ist die Gattin eines tyrannischen Herrschers, in den sie jedoch nicht verliebt ist. Als sie in einer Nacht einem Fremden in seiner Todeszelle Trost spenden möchte, verliebt sie sich in ihn. Diese Liebe wird jedoch öffentlich und sowohl Heliane als auch der Fremde werden zum Tode verurteilt. Der Mann begeht daraufhin Suizid. Heliane steht vor der Wahl: Wenn sie ihre Liebe zum Fremden leugnet und ihn als Zeichen für ihr Leben wiedererweckt, kann sie ihre Hinrichtung vermeiden. Doch Heliane bleibt treu und verkörpert ihre Liebe. Als das Volk sie letztendlich hinrichten will, erwacht der Fremde mit einem lauten Donnerschlag zum Leben. Zusammen fahren sie in den Himmel auf - die Liebe überwindet den Tod und bricht die Herrschaft des Tyrannen.

Erich Wolfgang Korngolds Das Wunder der Heliane in neuer Fassung: Liebe besiegt Tod und Tyrannei

Die Figur von Heliane wird in der Oper als Heilige dargestellt, was im Titel "Die Heilige" des zugrunde liegenden Dramas von Hans Kaltneker deutlich wird. Zusammen mit ihrem Geliebten verkörpert sie die wahre, reine Liebe, welche imstande ist, die Schreckensherrschaft ihres Mannes zu durchbrechen. Obwohl keine der in der Oper verwendeten Symbole neu auf der Opernbühne ist, bricht "Das Wunder der Heliane" mit den Konventionen ihrer Entstehungszeit, in der realistische Sujets bevorzugt wurden, durch ihre mystisch überladene Handlung.

Das glaubhafte “Wunder der Heliane” ist ihre Musik. Sie überflutet das Textbuch, wogt durch die Akte, reißt die Szene mit sich und das Gerümpel der Dramaturgie. Sie schüttet Melodien in die Figuren, dass sie an Gesang überquellen. - Kritikerin Elsa Bienenfeld nach der Wiener Erstaufführung 1927

Die beeindruckende Sogwirkung von Das Wunder der Heliane ist nicht zuletzt auf Korngolds vielfältige Orchestrierung zurückzuführen. Die unterschiedlichen Charaktere und Stimmungen werden durch die Orchestrierung dargestellt, welche mal hart, schroff und dramatisch, mal weich und warm ist. Die Harmonik von Korngold bewegt sich an den Grenzen der Tonalität. Er verbindet weit entfernte Tonarten und nutzt die dadurch entstehenden Klangwirkungen. Auch das Schichten von bitonalen musikalischen Ebenen ist ein von ihm genutztes Kompositionsprinzip. Alle diese Besonderheiten im Orchestersatz finden sich, sorgfältig auf eine kleine Besetzung übertragen, auch in der neuen reduzierten Fassung.

Jac van Steen leitet die Produktion der Niederländischen Reisoper unter der Regie von Jakob Peters-Messer. Nach der Premiere in Enschede geht das Ensemble mit Das Wunder der Heliane auf Tour und zeigt Aufführungen bis zum 11. November in Eindhoven, Maastricht, Leeuwarden, Utrecht, Breda, Zwolle, Den Haag, Amsterdam und Apeldoorn.

Links:

Erich Wolfgang Korngold: Komponistenprofil

Das Wunder der Heliane: Werkdetails und Online-Partitur der neuen Fassung 

Website Nederlandse Reisopera 

Illustration: Nederlandse Reisopera