Erich Wolfgang Korngolds lange vergessene Oper
Das Wunder der Heliane wird seit einigen Jahren wiederentdeckt. Das belegen Aufführungen unter anderem in Brno, Gent und Freiburg. Die letztjährige Produktion der Deutschen Oper Berlin wurde von der Zeitschrift Opernwelt sogar als „Wiederentdeckung des Jahres“ ausgezeichnet und ist seit kurzem auf DVD und Blu-Ray erhältlich. Der nächste Höhepunkt in der Rezeptionsgeschichte der Oper ist nun ihre amerikanische Erstaufführung am 26. Juli 2019 beim Bard Music Festival in Annadale-on-Hudson im Bundesstaat New York, das unter dem Motto „Korngold and His World“ steht. Es spielt The American Symphony Orchestra unter der Leitung von Leon Botstein, Regie führt Christian Räth.
Mit
Das Wunder der Heliane wollte Korngold an seinen Erfolgsoper
Die tote Stadt anschließen, die 1920 uraufgeführt wurde und in den Folgejahren viele Aufführungen im euroamerikanischen Raum erlebte. Die Heliane-Uraufführung 1927 in Hamburg war ein Erfolg, jedoch wurden weitere Aufführungen sehr gemischt aufgenommen. Nachdem Korngolds Musik in Deutschland von den Nationalsozialisten mit einem Aufführungsverbot belegt wurde, geriet sie schnell in Vergessenheit.
Heliane ist die Frau eines tyrannischen Herrschers, den sie jedoch nicht liebt. Als sie einen Fremden in der Nacht vor dessen Hinrichtung seiner Todeszelle trösten will, verliebt sie sich in den Gefangenen. Doch diese Liebe wird publik und man verurteilt auch Heliane zum Tod, woraufhin der Fremde Suizid begeht. Heliane wird vor die Wahl gestellt: Sie kann ihre Hinrichtung umgehen, wenn sie ihre Liebe zum Fremden leugnet und ihn als Zeichen dafür zum Leben erweckt. Doch Heliane bleibt bei der Wahrheit und verleugnet ihre Liebe nicht. Als das Volk sie schließlich töten will, erwacht der Fremde mit einem Donnerschlag zum Leben und erlöst fahren beide gemeinsam in den Himmel auf – die Liebe siegt über den Tod und die Herrschaft des Tyrannen ist gebrochen.
Die Figur der Heliane wird in der Oper als Heilige stilisiert, was schon im Titel
Die Heilige des der Oper zugrunde liegenden Dramas von Hans Kaltneker angelegt ist. Zusammen mit ihrem Geliebten symbolisiert sie die wahrhaftige, reine Liebe, die in der Lage ist, die Schreckensherrschaft ihres Mannes zu brechen. Zwar ist keines der in der Oper verwendeten Symbole neu auf der Opernbühne, aber mit ihrer mystisch überladenen Handlung bricht
Das Wunder der Heliane mit den Konventionen ihrer Entstehungszeit, in der realistische Sujets bevorzugt wurden.
Erich Wolfgang Korngold: Das Wunder der Heliane – Spätromantische Huldigung der Liebe
Orgel, Gitarre und Fanfarentrompeten sind nur einige der selten genutzten Instrumente, die Korngold in die sehr große Orchesterbesetzung eingebaut hat. Diese benötigt er in seiner Oper für eine expressive und hochemotionale Klangsprache, die mit ihren Effekten auf Filmmusik vorausdeutet – Korngolds spätere Karriere in Hollywood mag hier schon vorgezeichnet sein.
Das glaubhafte „Wunder der Heliane“ ist ihre Musik. Sie überflutet das Textbuch, wogt durch die Akte, reißt die Szene mit sich und das Gerümpel der Dramaturgie. Sie schüttet Melodien in die Figuren, dass sie an Gesang überquellen. - Kritikerin Elsa Bienenfeld nach der Wiener Erstaufführung 1927
Nicht zuletzt hat auch Korngolds vielfältige Orchestrierung einen großen Anteil an der Sogwirkung, die das Stück entfaltet. So sind die unterschiedlichen Charaktere und Stimmungen schon in der Orchestrierung abgebildet, die wechselnd hart, schroff und dramatisch oder weich und warm erscheint. Die Harmonik bewegt sich an den Grenzen der Tonalität, etwa wenn Korngold weit entfernte Tonarten verbindet und mit den entstehenden Klangwirkungen arbeitet oder wenn er bitonal mehrere musikalische Ebenen schichtet.
Beim Bard Music Festival des Fisher Center for the Performing Arts wird
Das Wunder der Heliane noch an vier weiteren Abenden gespielt. Außerdem werden bei „Korngold and His World“ viele andere Werke des Komponisten zu hören sein, unter anderem Filmmusik,
Die tote Stadt, die
Symphonie in Fis, das
Cello Concerto in C und das
Klavierkonzert in Cis. Dazu gibt es Vorträge, Filmvorführungen und Diskussionsrunden.
Foto: Uraufführung 1927 an der Hamburgischen Staatsoper