Werk der Woche – György Ligeti: Le Grand Macabre
- By Christopher Peter
- 24.06.2024
Die Anti-Anti-Oper: Le Grand Macabre von György Ligeti feiert am 28.06.2024 bei den Münchener Opernfestspielen an der Bayerischen Staatsoper Premiere. Damit markiert das Stück den Abschluss der Spielzeit 2023/2024, die mit dem 100. Geburtstag des Komponisten im vergangenen Jahr begann. Kent Nagano steht bei der Produktion am Pult, die Inszenierung stammt von Krzysztof Warlikowski.
Ligeti selbst bezeichnete Le Grand Macabre, das 1978 in Stockholm uraufgeführt wurde, als "Anti-Anti-Oper". Damit meint er das Spiel mit den Konventionen, die er bedient, aber auch auf den Kopf stellt. So unterwirft er sich einerseits den Anforderungen einer Oper. Der Text soll klar verständlich sein, die Handlung in ein szenisches Korsett gezwängt werden. Andererseits entwirft Ligeti ein Konzept, das mit der Operntradition bricht:
Mir schwebte ein stark schematisierendes, comicartiges Bühnengeschehen vor, und auch die Musik sollte unmittelbar, comicartig, übertrieben, farbig und verrückt sein. Die Neuartigkeit dieses Musiktheaters sollte sich nicht in Äußerlichkeiten der Aufführung, sondern im Inneren der Musik, durch die Musik manifestieren. – György Ligeti
LE GRAND MACABRE: GYÖRGY LIGETIS VISION VON TOTALER ANARCHIE UND DEM WELTUNTERGANG
Ligeti verschwendet bei der Umsetzung dieser Vision keine Zeit: Bereits das Vorspiel mit der Besetzung von zwölf Autohupen lässt das Publikum erahnen, was für eine Art musikalischer Exzesse in Le Grand Macabre gefeiert werden. Die Musik begleitet und verstärkt das Geschehen auf der Bühne, den Rausch der Sinne, der in der Fantasiewelt Breughelland zelebriert wird. Allerdings ist die Anarchie im Orchestergraben kein Selbstzweck. Ligeti behält den Weltuntergang als Hauptmotiv der Oper im Auge, jedoch gibt er dem Werk eine eigene Atmosphäre.
Es ist die kühl berechnende Artistik, die den Großen Makabren mit all diesen bunt durcheinandergewürfelten Ingredienzien als Ganzes im Zaum hält. Durch das bewusste Eingliedern und Zurechtrücken des Details in die Koordination des Gesamtplans entsteht Transparenz, es öffnen sich Durchblicke auf den bemerkenswerten, makabren Ernst der Situation, der in all der heiter ausgebreiteten Doppelbödigkeit dieser Oper steckt. Was dann bleibt, ist neben der Freude ein zutiefst mulmiges Gefühl. – Ulrich Dibelius
An der Bayerischen Staatsoper läuft Le Grand Macabre auch in der kommenden Spielzeit bis zum 26. Oktober. Zurzeit ist außerdem am Nationaltheater Prag eine Produktion zu sehen, die ebenfalls bis in den Herbst hinein gespielt wird. Eine weitere Neuinszenierung steht am Hessischen Staatstheater Wiesbaden an, dort gelangt Le Grand Macabre ab dem 28. September auf die Bühne.
Weitere Informationen:
György Ligeti: Komponistenprofil
Le Grand Macabre: Werkdetails und Online-Partitur
Website Hessisches Staatstheater
Illustration: Erstellt mithilfe künstlicher Intellizenz (Adobe Firefly)