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Werk der Woche – Hans Werner Henze: Das Floß der Medusa

Schiffbruch im Flughafen: Das Oratorium Das Floß der Medusa von Hans Werner Henze eröffnet die neue Spielzeit der Komischen Oper Berlin. Im Hangar 1 des Flughafen Tempelhof inszeniert Tobias Kratzer die groß angelegte Frage nach der Menschlichkeit, die sich um das berechnende Ertrinkenlassen von unterprivelligierten Menschen auf hoher See dreht. Die Premiere findet am 16. September 2023 statt, musikalisch geleitet von Titus Engel. 

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Werk der Woche – Hans Werner Henze: La piccola Cubana

La piccola Cubana von Hans Werner Henze erzählt die turbulente Geschichte der Varietésängerin Rachel vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Umbrüche im vorrevolutionären Kuba. Es war Henzes Wunsch, dieses ihm so wichtige Stück auch kleinen Bühnen und Ensembles zugänglich zu machen, daher plante er noch selbst eine „Piccola Cubana“. 10 Jahre nach dem Tod des Komponisten liegt die ursprüngliche Fernsehoper La Cubana oder Ein Leben für die Kunst mit Texten von Hans Magnus Enzensberger nach Miguel Barnet in einer Einrichtung für Kammerorchester von Jobst Liebrecht vor. In der Staatsoper Unter den Linden Berlin wird sie von Mitgliedern der Staatskapelle und Gästen unter musikalischer Leitung von Adrian Heger zur Uraufführung gebracht. Vom 27. Oktober bis zum 6. Dezember sind insgesamt 6 Vorstellungen der Inszenierung von Pauline Beaulieu geplant.

 

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Werk der Woche – Hans Werner Henze: Requiem

Die Basel Sinfonietta spielt und streamt am Sonntag, 16. Mai, um 19 Uhr ihr 5. Abo-Konzert unter dem programmatischen Titel "Tod, Trauer, Musik". Unter Leitung des Dirigenten Roland Kluttig präsentiert das auf zeitgenössische Musik spezialisierte Sinfonieorchester im Alten Kraftwerk Basel Hans Werner Henzes Requiem mit Marco Blaauw (Trompete) und Ludovic Van Hellemont (Klavier). Dieses Konzert findet aufgrund der aktuellen Situation noch ohne Publikum vor Ort statt und wird per Live-Stream kostenlos auf der Website des Orchesters übertragen.

Henzes Requiem  überführt tiefe Trauer über den Tod in grandiose Musik: neun geistliche Konzerte für Klavier solo, konzertierende Trompete und großes Kammerorchester. Das gesamte Werk des wohl vielfältigsten und einflussreichsten Komponisten der jüngeren Zeit, ist durchzogen von der Auseinandersetzung mit Tod und Sterben, Verlust und Trauer. Dabei meint Auseinandersetzung hier etwas sowohl Öffentliches wie Persönliches. Henzes Vorstellung der gesellschaftlich und kulturell singulären Rolle, die der Musik zukommen sollte, geht einher mit der besonderen aufklärerischen und sensibilisierenden Funktion, die er ihr zumisst: Musik hat das besondere Vermögen, das öffentlich zu verhandeln, was gemeinhin als das innerste Fühlen und Erleben des Einzelnen gilt.

Die neun Instrumentalstücke des Requiem sprechen von den Ängsten und Nöten der Menschen, von Krankheit und Tod, von der Liebe und von der Einsamkeit und besonders von Henzes 1989 an AIDS verstorbenem Freund Michael Vyner, dem langjährigen Leiter der London Sinfonietta, von dessen Leben und dessen Sterben, und von Henzes Trauer über seinen Verlust, der auch für den Verlust von vielen anderen steht, die ebenfalls tragisch und leidvoll aus der Welt gegangen sind.

Henzes Annährung an das traditionelle Requiem verzichtet vollständig auf die liturgischen Worte und den Gesang. Höchst konkrete Erlebnisse vereinen sich mit der Bilderwelt der lateinischen Totenmesse zu einem persönlichen Abschied, aber auch der beginnende Golfkrieg und Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg finden ihren Niederschlag. Ein Abend im alten Kraftwerk mit Musik, die stark von den Schrecknissen und Passionen der Wirklichkeit, von ihren Schönheiten und ihrer Dynamik beeinflusst ist.

Uraufführung eines Henze-Violinkonzerts im Livestream

Am 4. Februar 2021 gelangt die Konzertmusik für Violine und kleines Kammerorchester von Hans Werner Henze zur Uraufführung. Nachdem 2020 mehrere Konzerte abgesagt werden mussten, in dem das Stück hätte gespielt werden sollen, ist es nun in der Sendereihe "Horizonte" des Bayerischen Rundfunks zu hören. Unter der Leitung von Peter Tilling hat das Münchner Ensemble risonanze erranti das Werk im Studio eingespielt. Die Ur-Sendung um 22:05 Uhr am 04.02. gilt als Uraufführung.

Mit der Konzertmusik veröffentlicht Schott das bislang früheste Werk von Hans Werner Henze. Er schrieb es im Alter von 17 Jahren, noch bevor er sich mit Ende des Zweiten Weltkriegs sehr intensiv dem Komponieren widmen konnte und kurz darauf in den Verlag aufgenommen wurde.

Das Werk ist erkennbar von Paul Hindemith inspiriert. In der ausgesprochen kammermusikalischen Faktur übernehmen immer wieder Instrumente aus dem Ensemble – etwa Flöte, Trompete und die erste Violine I – solistische Passagen oder begleiten die Solovioline nur zu zweit oder zu dritt. Im Finale entspinnt sich aber zusehends ein "echtes" virtuoses Violinkonzert en miniature.

Porträt Hans Werner Henze: © Schott Music / Hans Kenner, 1955

Werk der Woche – Hans Werner Henze: The Bassarids (Die Bassariden)

Da zurzeit nahezu alle Opern- und Konzerthäuser der Welt geschlossen sind, richten wir in dieser Woche den Blick auf eine aktuelle Inszenierung von Hans Werner Henzes The Bassarids – Die Bassariden. Die Produktion der Komischen Oper Berlin ist als kostenloses Video on Demand bei OperaVision zu sehen. Die Kritiken zur Inszenierung von Barry Kosky und musikalischen Umsetzung durch Vladimir Jurowski waren herausragend; es ist also eine ausgezeichnete Gelegenheit, die Tiefen dieses epochalen Meisterwerks ausgiebig zu erkunden.  Das Video finden Sie am Ende dieser Seite. 

Die Handlung orientiert sich an den Bakchen des Euripides. Das Libretto entstammt der Feder von W. H. Auden und Chester Kallman. Bei seinem Antritt der Herrschaft über Theben spricht Pentheus zuallererst ein Verbot des Dionysos-Kultes aus. Wie sich später herausstellt, hat Pentheus diese Rechnung jedoch ohne Dionysos gemacht. Dieser kommt nämlich in Gestalt eines Fremden nach Theben und stiftet Pentheus zur heimlichen Beobachtung der nächtlichen Riten an. Dabei wird der Herrscher Thebens in Frauenkleidung durch seine eigene Mutter, Agaue, erschlagen, die ihn für ein wildes Tier hält. Das grausame Erwachen folgt am nächsten Morgen: Erst jetzt realisiert Agaue ihre Tat. Dionysos zeigt seine wahre Identität, enthüllt den vollzogenen Plan als Racheakt an Pentheus und verlangt die bedingungslose Verehrung durch das Volk von Theben.

[caption id="attachment_70475" align="aligncenter" width="600"] Hans Werner Henze (rechts) mit Regisseur Gustav Rudolf Sellner (links) und den Librettisten Chester Kallman und W. H. Auden bei der Uraufführung von "Die Bassariden" 1966 in Salzburg [Foto: Heinz Köster][/caption]

Hans Werner Henze: The Bassarids – Pole der menschlichen Existenz


Der Einakter besteht aus zwei Teilen und ist formal an eine viersätzige Symphonie angelehnt. Die große Besetzung, Komplexität des Librettos und vielschichtige musikalische Faktur machen die Aufführung von The Bassarids zu einem ambitionierten Projekt. Mit Dionysos und Pentheus stehen sich zwei Pole der menschlichen Existenz gegenüber, die auf der Grundlage des antiken Stoffes zahlreiche Bezüge zur Gegenwart zulassen.
Die Bassariden, die ich heute viel besser verstehe und die ich viel mehr liebe als damals, als ich sie schrieb, für mich bedeuten sie heute mein wichtigstes Theaterwerk. Interessant und modern und uns angehend und eigentlich auch die Jahre um 1968 angehend sind eben die Fragen: Was ist Freiheit, was ist Unfreiheit? Was ist Repression, was ist Revolte, was ist Revolution? All das wird eigentlich bei Euripides gezeigt, angedeutet, angeregt. Die Vielzahl, der Reichtum der Beziehungen, der greifbar-sensuellen Beziehungen zwischen dieser Antike, dieser Archais, und uns wird durch den Auden’schen Text hergestellt, und Euripides wird herangezogen in unsere Zeit, und zwar in einer Weise, wie es auch die brillanteste Regie mit dem griechischen Original nicht machen könnte, bei dem eben immer die Distanz zu einer anderen und lang zurückliegenden Zivilisation sich manifestiert. – Hans Werner Henze

Das Video on Demand ist noch bis zum 13. April zu sehen, eine letzte Aufführung der Produktion an der Komischen Oper Berlin ist für den 26. Juni geplant.     

Foto: © Komische Oper Berlin / Monika Rittershaus

Werk der Woche - Hans Werner Henze: Der Prinz von Homburg

Mehr als 20 Opern hat der Komponist Hans Werner Henze geschrieben, darunter solche Meisterwerke wie Elegie für junge Liebende, Die Bassariden und Der junge Lord. Etwas weniger bekannt ist die 1960 uraufgeführte Oper Der Prinz von Homburg. Sie feiert in einer neuen Inszenierung von Stephan Kimmig am 17. März 2019 an der Staatsoper Stuttgart Premiere. Die musikalische Leitung liegt beim Stuttgarter Generalmusikdirektor Cornelius Meister.

Der Oper liegt das Theaterstück Prinz Friedrich von Homburg oder die Schlacht bei Fehrbellin von Heinrich von Kleist zugrunde. Den Impuls zur Komposition bekam Henze von dem italienischen Regisseur Luchino Visconti, mit dem er 1957 das Ballett Maratona di Danza erarbeitet hatte. Für das Libretto konnte Henze Ingeborg Bachmann gewinnen, mit der eng befreundet war. Sie richtete das etwa 150 Jahre alte Theaterstück für Musiktheater ein und adaptierte es für die Gegenwart der 1950er Jahre.

Der namensgebende Prinz von Homburg wird unfreiwillig zur zentralen Figur in einem Geflecht von Schuld und Versöhnung, Recht und Unrecht. Da er von einem Tagtraum abgelenkt ist, als die Taktik für die bevorstehende Schlacht besprochen wird und anschließend auf eigene Faust mit seinen Untergebenen ins Gefecht zieht, handelt er gegen die Befehle seiner Vorgesetzten. Obwohl seine Truppe einen entscheidenden Anteil am Sieg hat, wird er für die Missachtung der Befehle als Kriegsverbrecher zum Tode verurteilt. Zwar wird ihm eine Begnadigung in Aussicht gestellt, doch dafür müsste der Prinz seine Tat leugnen, was ihm sein Idealismus aber verbietet.

Hans Werner Henze: Der Prinz von Homburg – Musikdrama über Schuld und Versöhnung


Henze vertont das Drama sehr unmittelbar und nahbar und lässt die Zuhörer tief in die Geschichte eintauchen, indem er die verschiedenen Ebenen der Handlung differenziert darstellt: Traum und Wirklichkeit, Krieg und Frieden, Freiheit und Zwang. Dafür wechselt Henze zwischen freier Tonalität und seriellen Kompositionstechniken und gestaltet damit traditionelle Formen wie Passacaglia, Fuge und Rondo. Die Singstimmen sind über weite Strecken klar und rezitativisch geführt und lassen Raum für die Sprache Kleists und Bachmanns. In lyrisch-ariosen Passagen zeigt sich aber auch immer wieder die Innenwelt der Charaktere.
„Im „Prinz von Homburg“ handelt es sich um die Verherrlichung eines Träumers, um die Zerstörung des Begriffs vom klassischen Helden, es geht gegen die blinde, phantasielose Anwendung der Gesetze und um die Verherrlichung menschlicher Güte, deren Verständnis auch in tiefere und kompliziertere Bezirke hineinreicht, als es „normal“ wäre, und die einem Menschen seinen Platz in dieser Welt einräumen will, obwohl er ein Schwärmer ist und ein Träumer, oder vielleicht gerade deswegen.“
Hans Werner Henze

Der Prinz von Homburg ist in dieser Saison noch in fünf weiteren Vorstellungen im Opernhaus in Stuttgart zu erleben. Im Staatstheater am Gärtnerplatz in München feiert außerdem am 23. Mai 2019 Der junge Lord Premiere, und einen Monat später am 23. Juni 2019 die Elegie für junge Liebende im Theater Aachen.

 

 

Foto: Theater an der Wien / Wilfried Hösl

Werk der Woche – Richard Wagner: Wesendonck-Lieder

Richard Wagner hat sich nicht nur im Bereich der Oper hervorgetan: Die Wesendonck-Lieder für Gesang und Orchester werden in dieser Woche nach der Fassung von Felix Mottl in Luxemburg und nach der Fassung von Hans Werner Henze im Vereinigten Königreich, der Schweiz und Deutschland gespielt.

Im Züricher Exil lernt Wagner die Kaufmannsfamilie Wesendonck kennen, in der er rasch Freunde und Förderer findet. Neben einer intensiven Briefkorrespondenz entsteht im Herbst 1857 bis zum Herbst 1858 eine Liebesbeziehung zwischen dem Komponisten und der Kaufmannsgattin Mathilde Wesendonck. Wagner schreibt für sie eine Klaviersonate und vertont fünf ihrer Gedichte an ihn. Die Liebschaft endet jedoch abrupt als Wagners Ehefrau Minna die Briefe entdeckt.

Richard Wagner und Mathilde Wesendonck: „unsere Lieder“


Der Klavierlieder-Zyklus spiegelt Wagners zwiegespaltenen seelischen Zustand wieder, der zwischen überschwänglicher Euphorie und wahnhafter Bedrücktheit schwankt. Mathilde Wesendonck entlockt jedoch dem großen Opernkomponisten sanfte Töne und so entstehen, ungewöhnlich für sein sonstiges Œuvre, die Fünf Lieder für eine Frauenstimme. Das Fortleben der Wesendonck-Lieder findet in Wagners Handlung in drei Aufzügen Tristan und Isolde statt. So nennt er das dritte und fünfte Lied auch "Studien zu Tristan und Isolde", ihre Harmonien greifen der Oper vor. Zeitgenossen sollen den Liedern nachgesagt haben, ohne Orchesterklang seien sie kein  "echter Wagner" . Folgerichtig arbeitete Wagner an einer Orchestrierung, die in ihrem klanglichen Gewand seinen Musikdramen folgen sollte. Neben der oft aufgeführten vervollständigten Orchesterfassung von Felix Mottl, existiert seit 1976 eine Fassung für Alt und Kammerorchester von Hans Werner Henze. Sie lässt die modernen Züge der Lieder strukturell hervortreten und gewährt dem Gesang eine größere gestalterische Bandbreite. Seine Fassung lässt die Wesendonck-Lieder  weit weniger als eine "Studie" erscheinen als ein unabhängiges Werk.
Besseres, als diese Lieder, habe ich nie gemacht, und nur sehr weniges von meinen Werken wird ihnen zur Seite gestellt werden können. – Wagner in einem Brief an Mathilde

In der Henze-Fassung werden die Lieder zunächst am 20. November in der Stadthalle Braunschweig in mit der Sopranistin Jelena Kordić aufgeführt. Tags drauf, am 21. November, in Genf mit der Altistin Sara Mingardo und zuletzt am 25. November in Greyfriars Kirk Edinburgh mit der Mezzosopranistin Cheryl Forbes. Die Fassung von Felix Mottl aus dem 19. Jahrhundert wird am 21. November in der Philharmonie Luxemburg unter der Leitung Bernard Haitink mit der der Sopranistin Eva Maria Westbroek und dem Chamber Orchestra of Europe zu Gehör gebracht.



Werk der Woche – Hans Werner Henze: Das Floß der Medusa

Mit dem Oratorium Das Floß der Medusa schuf Hans Werner Henze zusammen mit dem Schriftsteller Ernst Schnabel ein Werk über eine tragisch wahre Begebenheit. Die Erzählung über ein Schiffsunglück wird vom SWR Symphonieorchester unter der Leitung von Peter Eötvös am 15. November im Konzerthaus Freiburg und am 17. November 2017 in der Elbphilharmonie Hamburg gespielt.

1816 – Das Schiff Medusa mit 400 Menschen an Bord erleidet an der Westafrikanischen Küste Schiffbruch. Der Platz auf den Rettungsbooten ist zu knapp, so dass ein Floß gebaut wird, um die übrigen Passagiere an Land zu retten. Doch der Plan scheitert: Nach kurzer Zeit wird die Seilverbindung zwischen den Booten und dem Floß gekappt und die Menschen auf dem Floß ohne Vorräte ihrem Schicksal überlassen. Henze erinnert mit seinem Werk Das Floß der Medusa an das Schiffsunglück und richtet den Blick auf den Zeitpunkt an dem Moral, Gesetze  und gesellschaftliche Unterschiede wegbrechen. Henzes und Schnabels kapitalismuskritisches Werk ist im Angesicht der Flüchtlingskrise unserer Gegenwart und der vielen auf hoher See ums Leben gekommenen Menschen  von verstörender Aktualität.

Die Handlungsebene ist aufgeteilt in zwei Seiten: Leben und Tod. La Mort, also der Tod, wird durch eine Sopranistin dargestellt, die mit ihrem Sirenengesang versucht die Überlebenden auf ihre Seite zu ziehen.  Das Leben hingegen wird durch den Seejungen Jean- Charles verkörpert, der bis zum Ende ums Überleben kämpft, während nach und nach die anderen Menschen auf die Seite des Todes wechseln. Zwischen Leben und Tod vermittelt der Erzähler Charon, angelehnt an den Fährmann der Unterwelt aus der griechischen Mythologie.  Inspirationsquelle für Das Floß der Medusa bildet für Henze das Gemälde Le Radeau de la Méduse aus dem Jahr 1819 des französischen Malers Théodore Géricault, dessen Stimmungen und Figuren er auf die Musik überträgt. So ordnet er den lebenden Figuren Blasinstrumente zu und er setzt deren Atem und Schreie musikalisch um, wohingegen die Toten bei ihrem Übertritt ins Totenreich von Streichinstrumenten begleitet werden.
Le Radeau de la Meduse, das große im Louvre zu bewundernde Gemälde von Théodore Géricault, hatte ich deutlich vor Augen, als ich anfing, mir Gedanken über die Musik zu machen. Die Menschenpyramide auf dem Gemälde, an deren Spitze unser Held, der Mulatte Jean-Charles, erkennbar ist, wie er den roten Fetzen einem in großer Entfernung dahersegelnden Boot zuschwenkt, das poetisch die Hoffnung bedeutet und in der Tat vielleicht sogar die Rettung -  die ist gleich zu Anfang unseres Stücks präsent. – Hans Werner Henze

Im Rahmen des Programms "Elbphilharmonie+" lädt am 16. November ein Streichquartett aus dem SWR Symphonieorchester begleitend zu Das Floß der Medusa zu einem Gesprächskonzert, in welchem neben Musik von Béla Bartók und Emin František Burian Texte von Geflüchteten gelesen werden. Ein Mitschnitt der Aufführung in der Elphilharmonie ist am 26. November auf SWR 2 zu hören. Eine szenische Umsetzung des Oratoriums folgt ab dem 13. März 2018 an der Nationale Opera Amsterdam.

Werk der Woche - Hans Werner Henze: Elegy for Young Lovers

Er war einer der bedeutendsten deutschen Komponisten des 20. Jahrhunderts: Am 1. Juli 2016 wäre Hans Werner Henze 90 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass präsentieren die Liszt Academy und die Armel Opera Competition seine Oper Elegy for Young Lovers in einer Inszenierung von András Almási-Tóth. Bei der Premiere am 2. Juli im Thalia Theater in Budapest ist der südkoreanische Bariton Kim Boran in der Hauptrolle zu sehen, für die er von dem Wettbewerb ausgewählt wurde. Es spielt das Pannon Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Gergely Vajda.



Der Schauplatz von Elegy for Young Lovers ist ein Berghotel in den österreichischen Alpen, in das der Dichter Gregor Mittenhofer alljährlich reist. Dort will er sich von den Visionen und Wahnvorstellungen einer Dame namens Hilda Mack inspirieren lassen. Diese wartet nun schon seit 40 Jahren vergeblich auf die Rückkehr ihres in den Bergen verschollenen Gatten. In dem Hotel eingetroffen, verliebt sich Mittenhofers Muse Elisabeth Zimmer in Toni Reischmann, den Sohn von Mittenhofers Arzt. Eifersüchtig und gekränkt verzichtet Mittenhofer auf Elisabeth, erbittet jedoch einen letzten Liebesdienst: Als Stütze seiner Vision möge ihm das junge Paar ein Edelweiß vom Hammerhorn holen. Doch im Schneesturm sterben die jungen Liebenden – engumschlungen. Bei einer Lesung trägt der Dichter dann sein neuestes Werk "Elegie für junge Liebende" vor: "Auf dass der Tod sie nicht scheide."

Hans Werner Henzes Elegy for Young Lovers – Eine Oper mit “modernen Menschen, mit Schwächen und Stärken”


An dem Libretto für Elegy for Young Lovers arbeitete Henze gemeinsam mit den amerikanischen Schriftstellern Wystan Hugh Auden und Chester Kallman. Henze begann nach Fertigstellung des Librettos direkt mit der Komposition und erfüllte sich mit der Zusammenarbeit mit Auden, den er seit Jahren bewunderte, einen großen Wunsch:
Ich sage, ich hätte gern ein kleines Sängerensemble und ein kleines Instrumentalensemble von nicht mehr als zwanzig Leuten. Diese Instrumente würden womöglich in der Dramaturgie des Stücks eine gewisse personengebundene Rolle spielen können. Ich sage, ich möchte gern ein Psychodrama, ein Kammerdrama, das ganz allgemein mit Schuld und Sühne, das heißt also mit subtilen und komplexen Dingen zu tun haben muss. Ich war glücklich mit diesem Entwurf, hörte beim Lesen sogleich die künstliche Luft des Hammerhorns in den Ohren sirren, hörte schon erste Noten für die Musik der Liebenden: zarte Blumen, Herbstzeitlosen, Violen und das wotanesk-groteske Schnauben und Donnern Mittenhofers, des kaltherzigen Dichters, der seiner Muse Menschenopfer bringt. Es handelte sich um Menschen, moderne Menschen, mit Schwächen und Stärken, um Sterbliche, nicht um Götter oder Helden oder sonstige übernatürliche Wesen. – Hans Werner Henze

Henze schuf eine der beliebtesten Opern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Nach der Premiere in Budapest finden in der Spielzeit 2016/17 im Theater an der Wien fünf weitere Aufführungen der Elegy for Young Lovers mit den Wienern Symphonikern, dirigiert von Marc Albrecht, statt. Auch in Henzes Geburtsstadt und seiner Wahlheimat Italien wird sein 90. Geburtstag gefeiert: In Gütersloh veranstaltet das städtische Theater am 1. Juli ein Festkonzert mit Liedern und Kammermusik und in Montepulciano werden am 23. Juli die Ballett-Pantomime L'usignolo dell'imperatore – Des Kaisers Nachtigall und die Seconda sonata per archi aufgeführt.

Werk der Woche - Hans Werner Henze: Suite "Die Zikaden"

Am 1. Juni 2016 wäre Hans Werner Henze 90 Jahre alt geworden. Zu diesem Anlass wird nun die Suite „Die Zikaden“ aus Orchesterstücken zu einem Hörspiel von Ingeborg Bachmann posthum uraufgeführt. Das Stück wird am 1. Juni im Stadtcasino Basel unter der musikalischen Leitung von Dennis Russel Davies mit dem Symphonieorchester Basel zu hören sein. Eine Wiederholung des Konzerts findet am 2. Juni, ebenfalls im Stadtcasino, und am 3. Juni mit derselben Besetzung im Temple du Bas in Neuchâtel statt.

Dass diese Suite 2014 in Henzes Nachlass gefunden wurde, ist eine kleine Sensation: Denn es hatte kaum Gelegenheiten gegeben, die Musik aufzuführen, da die Partitur nie veröffentlicht wurde. Sie wurde nur ein einziges Mal für die Produktion der Ursendung gespielt und so waren die einzigen Gelegenheiten sie zu hören, wenn Rundfunkanstalten die Aufzeichnung sendeten. Wenige Jahre vor seinem Tod beschäftigte sich Henze jedoch noch einmal mit der Komposition zum Hörspiel und stellte aus dem Material eine Konzertsuite zusammen.

Realitätsflucht und Utopie: Die Zikaden als Suite


Die Künstlerfreundschaft zwischen Henze und Bachmann kann zu den wichtigsten des 20. Jahrhunderts gezählt werden. Beide hatten sich im Herbst 1952 bei einer Tagung der Gruppe 47 kennengelernt. Durch ihre fruchtbare und innige Beziehung entstanden inden folgenden Jahren mehrere gemeinsame Werke. Das zentrale Thema des Hörspiels „Die Zikaden“ ist die Realitätsflucht. Auf einer nicht genauer benannten Insel im Süden versuchen die Figuren, ihr altes Leben mit all seinen Mühen, Ängsten, Entbehrungen und Schmerzen hinter sich zu lassen. Jedoch müssen sie schnell erkennen, dass diese Utopie trügt und das Leben auf der Insel dasselbe ist, wie überall. Der Gesang der Zikaden steht emblematisch für diese Illusion. Als menschliche Wesen nutzten diese ihren Gesang zur Weltflucht, jedoch um den Preis ihres Menschseins.

In einem Brief an Bachmann aus der Zeit der Entstehung beschreibt Henze seine Musik sowie den Umgang mit dem Hörspiel so:
Das Manuskript von "Die Zikaden" enthält einige Seiten schmerzlichen Wohllauts und zarter Klage, zitternder Ironie unter halbgeschlossenem Augenlid, ungezügelter Ausbruch und nur halb gelungene, wie unter Zwang herbeigeführte, wider Willen bejahte – und doch nicht bejahte – Mäßigung. Kurz: es ist getan, mein devoter Versuch, einen Klang dem Klang beizugeben, mich in die Welt deines Worts einzuleben und einen Widerhall dieser Welt zu tönenden Akten zu binden. – Henze an Ingeborg Bachmann, Brief vom 13.1.1955

In den Wochen um den 90. Geburtstag finden zahlreiche weitere Aufführungen von Henzes Kompositionen statt: So inszeniert inszeniert Dieter Kaegi am 31. Mai die Kinderoper Pollicino im Teatro Regio in Turin und vom 3. bis 5. Juni werden im Rahmen der Tage für neue Gitarrenmusik 2016 verschiedene Stücke des Komponisten an der Staatlichen Hochschule für Musik in Trossingen zu hören sein. Das große Ballett Undine feiert am 24. Juni im Bolshoi Theater in Moskau Premiere und vom 29. Juni bis zum 1. Juli stehen in den Konzerten der Münchner Philharmoniker die Nachtstücke und Arien nach Gedichten von Ingeborg Bachmann mit der Sopranistin Claudia Barainsky auf dem Programm.