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Werk der Woche – Jörg Widmann: Schumannliebe

Er hat seine Liebe für Robert Schumann nie verheimlicht: Der Komponist Jörg Widmann betrachtet ihn als sein großes Vorbild und hat seine Musik immer wieder von Schumanns Kompositionen inspirieren lassen. Am 4. Oktober 2023 wird die Uraufführung seines neuen Stücks Schumannliebe für Gesang und Ensemble in der Casa da Música in Porto, Portugal, zu hören sein. Der Bariton Matthias Goerne wird gemeinsam mit dem Remix Ensemble unter der Leitung von Peter Rundel musizieren. 

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Werk der Woche – Andrew Norman: Die Reise zum Mond

Ein 120 Jahre alter Film als Inspiration für ein Kinderstück: Am 18. Februar 2023 gelangt Die Reise zum Mond des Amerikanischen Komponisten Andrew Norman in einer neuen deutschsprachigen Kammerversion an der Hamburgischen Staatsoper zur Uraufführung. In der Spielstätte Opera stabile steht Luiz de Godoy am Pult, die fantasievolle Inszenierung stammt von Stephan Witzlinger. 

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Werk der Woche – Xian Xinghai: Yellow River

Xian Xinghai: Yellow River

Yellow River ist ein etwas anderes Klavierkonzert: Das mit Politik aufgeladene Werk, basierend auf der Kantate mit demselben Namen von Xian Xinghai, wird von den Nürnberger Sinfonikern nach Deutschland gebracht. Unter musikalischer Leitung von Renchang Fu und Haiou Zhang am Piano kann man das Stück am 8. Oktober in Nürnberg und am 10. Oktober in Hamburg hören.

Xian Xinghai ist einer der bekanntesten Repräsentanten chinesischer Musik aus europäischer Sicht. Sein studentischer Weg führte ihn 1931 - 1935 nach Paris, wo er als erste asiatische Person am Konservatorium, unter zum Beispiel Paul Dukas, Komposition studierte. In dieser Zeit schrieb er die Kantate “Huang He (Yellow River)” als Reaktion auf den Zweiten Sino-Japanischen Krieg. Aufgrund der deutschen Invasion wurde jedoch seine Heimreise verhindert. Xian kam in Kasachstan unter, bis er 1945 aufgrund gesundheitlicher Mängel nach Moskau ging, wo er im gleichen Jahr aufgrund deren Folgen erlag. 

 

Yellow River von Xian Xinghai, ein Komponist des Volkes

Während der chinesischen Kulturrevolution sollte dieses Werk eine Renaissance erfahren. Da keine westliche Musik gespielt werden durfte, waren viele professionelle Musiker:innen arbeitslos. So wurde der kluge Schachzug getätigt, dieses historisch relevante Stück zu einem Klavierkonzert umzuschreiben und die chinesische Welt der Orchestermusik wieder aufleben zu lassen. Nach einigen Interviews mit Zeitzeugen des Krieges wurde das Konzert durch die Zusammenarbeit von Yin Chengzong, Chu Wanghua, Liu Zhuang und Sheng Lihong geschrieben. Durch die Umwandlung der Instrumentation zu einem konventionellen Sinfonieorchester, bis auf eine chinesische Flöte, entstand ein Verbund chinesischer und europäischer Ästhetik. Das Klavierkonzert Yellow River ist somit ein historisches Dokument und Vermächtnis einer komplizierten Phase chinesischer Kulturpolitik.

 

Ah, der Gelbe Fluss!

Du bist die Wiege der chinesischen Nation!

Fünftausend Jahre alte Kultur,

Stammen von dir;

Wie viele Heldengeschichten,

Spielen an deiner Seite!

 

Das Klavierkonzert Yellow River wird am 8. Oktober in Nürnberg in der Meistersingerhalle und am 10. Oktober in Hamburg in der Elbphilharmonie gespielt.

 

Info-Box:

Aufführungsmaterial

Studienpartitur

Nürnberger Sinfoniker

Elbphilharmonie

 

Foto: Zimu / Adobe

Werk der Woche – Krzysztof Penderecki: Die Teufel von Loudun

Erst vor wenigen Tagen ist der Komponist Krzysztof Penderecki verstorben. Nun zeigt die Hamburgische Staatsoper ihm zu Ehren ab dem 13. April mit Die Teufel von Loudun einen seiner größten Opernerfolge als Video on Demand. Die Produktion der Uraufführung von 1969 ist Teil einer Reihe von Videos aus der Ära des Intendanten Rolf Liebermann, die das Opernhaus während der vorstellungsfreien Zeit online zeigt. Henryk Czyz dirigiert in der Inszenierung von Konrad Swinarski mit der Ausstattung von Lidia und Jerzy Skarzynski.

Die Handlung berichtet von der französischen Stadt Loudun. Sie war in den Jahren 1633–64 Schauplatz von Vorfällen, die in ganz Europa Aufsehen erregten, in einer Mischung aus religiös eiferndem Abscheu und Voyeurismus von den Zeitgenossen verfolgt und umfänglich dokumentiert wurden. Urbain Grandier, der Ortsgeistliche von Loudun, wurde 1633 beschuldigt, die Nonnen des gerade neu gegründeten Ursulinenklosters, allen voran die Priorin Jeanne, verhext zu haben. Unter der Folter bereute er zwar seinen lockeren Lebenswandel – er hatte Verhältnisse mit zwei Frauen, von denen eine ein Kind von ihm erwartete – weigerte sich aber standhaft trotz vorgelegter “Beweise”, ein Geständnis über sein Teufelswerk abzulegen. Im Sommer 1634 wurde er auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Noch jahrelang beschäftigte die Besessenheit der Nonnen Exorzisten und Ärzte; ihr Ende fanden die Ereignisse erst, als Kardinal Richelieu die finanzielle Unterstützung des Klosters einstellte.

Krzysztof Penderecki: Die Teufel von Loudun – eine Oper über Toleranz


Der Prozess gegen Urbain Grandier wurde von François de Pitaval in seine Sammlung berühmter Kriminalfälle aufgenommen; diese Quelle sowie die autobiografischen Erzählungen der Priorin Jeanne aus dem Jahr 1644 und zwei 1634 und 1693 erschienene Berichte über den Prozess standen Aldous Huxley zur Verfügung, als er sich 1952 in The Devils of Loudun mit dem Thema auseinandersetzte. Acht Jahre später dramatisierte John Whiting Huxleys Dokumentation; diese Fassung in der deutschen Übersetzung von Erich Fried diente Penderecki als Ausgangspunkt für sein Libretto, in dem er den Akzent deutlich auf die politische Ebene verlegte. 
Für Penderecki ist die Teufel von Loudun ein Stück über Toleranz und Intoleranz. Grandier fällt einer politischen Intrige zum Opfer, aber auch Jeanne ist nicht eigentlich seine Kontrahentin, sondern ein Opfer religiös-politischer Fanatiker; ihre erotischen Wahnvorstellungen werden von Richelieus Handlangern zur benötigten Teufelsbesessenheit aufgeputscht. – Wolfram Schwinger 

Die Produktion der Uraufführung ist noch bis zum 27. April im Streaming-Angebot der Staatsoper Hamburg zu sehen. Abgesehen von Die Teufel von Loudun werden dort in diesem Zeitraum La Passione und Fidelio gezeigt.

Werk der Woche – Kurt Weill: Die sieben Todsünden

Die sieben Todsünden ist eines der bekanntesten Werke von Kurt Weill. Am 21. September ist das gemeinsam mit Bertolt Brecht verfasste "Ballet Chanté" erstmals in einer neuen Fassung mit einem kleinen, 15 Instrumente umfassenden Ensemble zu hören. Sarah Maria Sun in der Rolle der Anna steht an der Seite des Ensemble Modern unter der Leitung von HK Gruber auf der Bühne beim Beethovenfest Bonn. Gruber hat die neue Instrumentierung gemeinsam mit Christian Muthspiel in Zusammenarbeit mit der Kurt Weill Foundation und Schott Music verfasst.


Brechts Text ist nicht in seiner Zeit gefangen, sondern sehr aktuell. Heute sind "Die sieben Todsünden" als Manifest gegen den entfesselten, männerdominierten Kapitalismus zu verstehen und sie sind ein gefährliches Stück – für die Kapitalisten. Denn hier offenbart sich die Funktionsweise unserer Welt. Das Werk sagt uns heute noch viel mehr als vor 20 oder 30 Jahren. (HK Gruber)

Die sieben Todsünden: Ein ikonisches Werk in neuer Instrumentierung


Auf Anregung der Kurt Weill Foundation for Music stellt die neue Gruber/Muthspiel-Fassung bietet eine Möglichkeit für kleine Ensembles, Theater und Tanzcompagnien dar, Die sieben Todsünden auf die Bühne zu bringen. Das Stück ist nun auch für singende Schauspielerinnen in den Hauptrollen zu bewältigen. So eröffnen sich neue Möglichkeiten, diesen modernen Klassiker in kreativen Produktionen und an neuen Spielorten zu entdecken. Anna I und Anna II (eine oder zwei Sopranistinnen) der neuen Fassung werden von einem Männer-Vokalquartett und einem wie folgt besetzten Ensemble begleitet:

1 (auch Picc.) · 0 · 2 · 1 - 1 · 1 · 1 · 0 - S. (P. · Beck. · Tamt. · 3 Tomt. · gr. Tr. mit Beck.) (1 Spieler) - Klav. · Banjo (auch Git.) - Str. (1 · 1 · 1 · 1 · 1)

Spätestens seit seinem weltweit erfolgreichen Dreigroschenoper-Album mit dem Ensemble Modern vor 20 Jahren ist HK Gruber einer der prominentesten Weill-Interpreten. Die neue Fassung zeigt sein tiefes Verständnis von Weills Kompositionsweise und bleibt der Originalversion treu. Unter Beibehaltung der Tonarten bewahren die Bearbeiter die charakteristischen Klangfarben und den dramatischen Zugriff der Version mit großem Orchester.

Im Oktober gehen Ute Lemper und die Kammerakademie Potsdam mit der Originalfassung von Die sieben Todsünden auf Tournee. Unter anderem gastieren sie in der Tonhalle Düsseldorf, der Elbphilharmonie Hamburg, der Alten Oper Frankfurt, in Nikolaisaal Potsdam und in der Berliner Philharmonie.
Die vielbeachtete Stuttgarter Produktion aus der vergangenen Spielzeit (Foto) ist ab März 2020 wieder zu sehen. Sie stellte die erste Zusammenarbeit sämtlicher Sparten der Staatstheater nach über zehn Jahren dar. Darin tritt die Elektroclash-Ikone Peaches als Anna auf und ergänzt den Abend mit einer Performance ihrer größten Hits unter dem Motto "Seven Heavenly Sins".

 

Foto: Staatstheater Stuttgart / Bernhard Weis

Werk der Woche – Jörg Widmann: ARCHE

Am 13. Januar 2017 findet das erste öffentliche Konzert in der neuen Elbphilharmonie in Hamburg statt. Zu diesem besonderen Anlass wird das Oratorium ARCHE von Jörg Widmann uraufgeführt. Die abendfüllende Auftragskomposition ist für Soli, Chöre, Orgel und Orchester geschrieben. Es spielt das Philharmonische Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Generalmusikdirektor Kent Nagano. Solisten sind Marlis Petersen (Sopran) und Thomas E. Bauer (Bariton), dazu singen der Staatsopernchor, der Chor der AUDI Jugendchorakademie sowie die Hamburger Alsterspatzen.

ARCHE beschäftigt sich mit der zweifelnden Hinwendung der Menschen zu Gott, von dem keine Antworten mehr zu kommen scheinen. Im gesamten Werk stehen sich Gut und Böse gegenüber.  Es ist ein Weltendrama, in dem sich der Mensch ungeschützt mit seinen Wünschen, Hoffnungen, Ängsten und seiner Utopie einer möglich besseren Welt zeigt. Dazu hat Widmann Texte aus unterschiedlichen Jahrhunderten ausgewählt: Sie stammen unter anderem von Dichtern wie Matthias Claudius und Friedrich Schiller, von Philosophen wie Friedrich Nietzsche und aus der Bibel. Ebenso vielfältig sind die musikalischen Formen, die vom einfachen Klavierlied bis hin zum großen Tutti mit Chören reichen.

Jörg Widmanns ARCHE – Es werde Klang


Das Oratorium beginnt mit dem ersten Akt "Fiat Lux / Es werde Licht", in dem zwei Kinder als Sprecher vom Schöpfungsakt berichten. Gleich darauf, im zweiten Akt "Die Sintflut" ertönen gewaltige Klangmassen, die geradezu physisch die Gewalt dieses Vernichtungsaktes spürbar werden lassen. Es folgt eine Art Traum im dritten Akt "Liebe", aber noch bevor das Lob der Liebe verklingt, wird von einem Doppelmord aus Eifersucht berichtet: Sogar die Liebe weiß sich nicht vor dem Bösen zu schützen. Mit der Vertonung des "Dies Irae" in Verbindung mit Schillers "Ode an die Freude" lenkt Widmann im vierten Akt den Blick auf das Leben, den Tod und die Hoffnung auf Erlösung. Das "Dona eis requiem" wandelt sich im letzten Akt zu "Dona nobis pacem". Doch eine alleinige Ausflucht zu Gott lässt der Kinderchor nicht zu: Er fordert, dass zunächst der Mensch die Verantwortung für sein Fortbestehen selber übernehmen müsse. Dann erst wird Frieden unter den Menschen möglich – nun mit einem liebenden Gott, nicht mehr unter dem strafenden Gott der Sintflut.

Die Elbphilharmonie mit ihrer Lage am Wasser und ihrer an Schiffe und Segel erinnernden Architektur hat Widmann zu ARCHE inspiriert:
Das ist eine Kultur-Arche, wo wir Menschen mit unserem Glück, aber auch mit unseren Nöten – gerade in dieser sehr bewegten, heftigen Zeit – einen Zufluchtsort finden. Wo Kunst stattfindet, wo Musik stattfindet. Eine Arche in politisch stürmischster See. Ich find's fantastisch, dass das gebaut wurde. Es hat auch etwas Sakrales. – Jörg Widmann

Im Rahmen des dreiwöchigen Festprogrammes gelangt mit der Sonatina facile beim Klavierabend von Mitsuko Uchida am 18. Januar ein weiteres Werk von Widmann zur Uraufführung.

 

Fotos:
- Elbphilharmonie Hamburg: Maxim Schulz, 2016.
- Jörg Widmann (rechts) mit Kent Nagano: Hannes Rathjen, 2016.

Werk der Woche – George Gershwin: Girl Crazy

Rund um den Globus finden in dieser Woche eine Vielzahl von Aufführungen der Werke von George Gershwin statt: Darunter findet sich auch das Musical Girl Crazy. Am 16. Juli werden im Rahmen des Napa Valley Festival del Sole zwei der bekanntesten Nummern aus dem Werk im Lincoln Theater im kalifornischen Yountville aufgeführt. Das Festival Orchestra NAPA spielt unter der Leitung von Joel Revzen Embraceable You und I Got Rhythm mit Kathleen Battle als Sopranistin.



Girl Crazy, ein Musical mit einem Libretto von Guy Bolton und John McGowan, erzählt von einem New Yorker Entertainer namens Danny Churchill. Dieser wird von seinem Vater auf eine Ranch nach Arizona geschickt und begegnet dort der Frau seiner Träume, der Postbotin Molly Gray. Aus Sehnsucht nach sündigem Leben wandelt Danny die Ranch in einen Nachtclub und Spielsalon um – das Geschäft boomt. Intrigen, Raubüberfälle und Verfolgungsjagden überstanden, finden Molly und Danny am Ende trotz aller Turbulenzen zueinander.

George Gershwins Girl Crazy – Ein Musical mit Jazzstandards


Das Lied Embraceable You wurde bereits 1928 von Gershwin geschrieben, jedoch war es ursprünglich für die unveröffentlicht gebliebene Operette East is West bestimmt. Zwei Jahre später fand der Song seinen Platz als Liebeslied in Girl Crazy. Auch I Got Rhythm entstand bereits vor dem Musical. Die Melodie des Songs entwickelte sich aus einem langsamen Instrumentalstück aus Gershwins Musical Treasure Girl von 1928. Beide Songs zählen bis heute zu den meistgespielten Jazzstandards aller Zeiten. Sängerinnen wie Ginger Rogers und Ethel Merman (eigentlich Ethel Zimmermann) wurden durch Girl Crazy über Nacht zu Stars. Merman spielte in Gershwins Musical die Rolle von Kate Fothergill, die in Dannys Nachtclub für die Spieler singt.
It was the first time I’d met George Gershwin, and if I may say so without seeming sacrilegious, to me it was like meeting God. Imagine the great Gershwin sitting down and playing his songs for Ethel Agnes Zimmermann, of Astoria, Long Island. No wonder I was tongue-tied. When he played ‘I Got Rhythm’ he told me: ‘If there’s anything about this you don’t like, I’ll be happy to change it.’ There was nothing about that song I didn’t like. But that’s the kind of guy he was. I’ll never forget it. – Ethel Merman über Gershwin

Neben den Darbietungen von Embraceable You und I Got Rhythm  in Kalifornien bringt das Shreveport Symphony Orchestra I Got Rhythm am 16. Juli in Louisiana auf die Bühne. In Hamburg findet darüber hinaus am 17. Juli eine Aufführung der von William C. Schoenfeld arrangierten I Got Rhythm Variations für Klavier und Orchester mit dem Hamburg Ballett und einer Choreografie von John Neumeier.

Für Gershwin-Fans hält diese Woche aber noch mehr bereit: Die berühmte Rhapsody in Blue für Klavier und Orchester wird am 11. Juli in Orange in Frankreich vom Orchestre Philharmonique de Marseille unter der Leitung von Faycaol Karoui gespielt, ebenfalls am 16. Juli beim Napa Valley Festival del Sole und auch am  12., 13. und 15. Juli in Schleswig, Flensburg und Rendsburg in Deutschland. Dirigiert von Peter Sommerer nimmt das Schleswig-Holsteinische Sinfonieorchester zusätzlich die Cuban Ouverture mit ins Programm. Dieses Werk findet am 16. Juli auch in Freiburg, gespielt vom SWR Sinfonieorchester, dirigiert von Francois-Xavier Roth und in Evian mit dem Orchester der Académie Musicale d’Evian unter der Leitung von Bruno Peterschmitt seinen Platz.

Werk der Woche - Toshio Hosokawa: Hanjo

Die Oper Hanjo von Toshio Hosokawa ist das zweite musikdramatische Werk des Komponisten. Es entstand als Auftragswerk für das Festival d’Aix-en-Provence im Jahr 2004.  Seitdem wurde das Stück, teils mehrfach, in Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Italien und Japan inszeniert. Am 22. Mai 2016 findet nun die schweizerische Erstaufführung statt, wenn der Einakter im Kubus des Konzert Theaters Bern in einer Inszenierung von Florentine Klepper zu sehen sein wird.

Die Oper erzählt die Liebesgeschichte zwischen Hanako, einer Geisha und dem jungen Mann  Yoshio. Als sie gezwungen werden, sich zu trennen, tauschen sie ihre Fächer als Versprechen ihres Wiedersehens aus. Seitdem wartet die junge Frau jeden Tag vergeblich mit ihrem Fächer am Bahnhof, um ihren Geliebten irgendwann in Empfang nehmen zu können. Die Zeit des Wartens und Hoffens setzen der Frau mehr und mehr zu und sie entfremdet sich von der Welt. Dann tritt Jitsuko, eine verbitterte, alte Frau, die in ihrem Leben nie die Liebe gespürt hat, auf und kauft Hanako. Die beiden Frauen leben so zusammen bis ein Zeitungsartikel über die „verrückte“ Hanako erscheint, den Yoshio liest und daraufhin die beiden Frauen aufsucht. Es entsteht ein Machtkampf zwischen Yoshio und Jitsuko um Hanako, der von der jungen Frau überraschend aufgelöst wird.

Toshio Hosokawa’s Hanjo: Zwischen Traum und Realität


Hosokawa bezeichnet seine Oper Hanjo als ein Werk zwischen Traum und Realität. Ein Blick in das Libretto verstärkt diesen Eindruck: Es gibt wenig konkrete Angaben zu Raum und Zeit, Türen führen ins Nichts, Fragen bleiben unbeantwortet. Hosokawa wählt diese dramatischen Mittel bewusst. Er versteht sein Stück als Weiterentwicklung des traditionellen japanischen Nô-Theaters, bei dem oft Figuren aus der Phantasie und der Realität aufeinandertreffen.

Seine Motivation dieses Theatergenre zu einer musikdramatischen Gattung weiterzuentwickeln, beschreibt Hosokawa so:
Ich wollte mit der Musik ein Drama illustrieren, das wieder und wieder die Grenze zwischen Traum und Realität überschreitet, zwischen Wahnsinn und Verstand. Es ist möglich, dass eine Sichtweise, die es nur im Universum der Träume gibt, in der Musik intensiver verstanden werden kann als im Theater. Ich wollte die Sichtweise von jemandem zeigen, der zwischen Traum und Realität schwankt: Im Hintergrund wechselt das Orchester langsam die Stimmung, wie ein Bild auf Seide, das man ausrollt. Das Schweigen wird langsam, aber sicher ins Muster dieser Seidenrolle gewoben, wie ein weißer Punkt in der Mitte des Bildes. – Hosokawa

Die Oper Hanjo wird in Bern noch fünf weitere Male im Mai und Juni aufgeführt. Aber es gibt auch noch andere Möglichkeiten Hosokawas Musik zu entdecken: Am 14. Juni wird Voyage VII für Solotrompete und Streichensemble, und die Uraufführung des Blockflötenkonzerts Sorrow River in einem Konzert mit  Jeroen Berwaerts (Trompete),  Jeremias Schwarzer (Blockflöte) und dem Ensemble Resonanz unter der Leitung des Komponisten in der Laeiszhalle Hamburg zu hören sein.

Werk der Woche - Peter Eötvös: Senza sangue

In seiner Oper Senza sangue behandelt Peter Eötvös die Themen Mord, Rache, Vergebung und Sehnsucht. Eine Mischung, die viele psychologische Fragen aufwirft. Wie diese Elemente in der Oper verknüpft werden und ob Antworten gegeben werden, können die Zuschauer am 15. Mai 2016 bei der szenischen Uraufführung selbst erleben. Das Werk wird an der Opéra Grand Avignon aufgeführt und Eötvös wird bei der Inszenierung von Róbert Alföldi die musikalische Leitung übernehmen. Im vergangenen Jahr wurde Senza sangue konzertant uraufgeführt und war bereits in Köln, New York, Göteborg und Bergen zu hören.

Die Oper basiert auf der gleichnamigen Novelle des italienischen Autors Alessandro Baricco, die 2002 veröffentlicht wurde. Zur Handlung gibt es eine Vorgeschichte: Während des Spanischen Bürgerkriegs tötet ein junger Mann mit seinen Kameraden die Familie eines kleinen Mädchens. Die Blicke des Mannes und des Mädchens treffen sich und er entschließt sich, sie zu verschonen. Der Zuschauer erlebt nun, wie sich die inzwischen erwachsene Frau und der Mann erneut begegnen. Anders als erwartet ist die Frau nicht gekommen, um Rache zu nehmen, wie sie es bei seinen Kameraden getan hatte, sondern in der Hoffnung auf seelische Erlösung. Der Blick, der vor langer Zeit ihr Leben verändert hatte, solle sie nun retten.

Peter Eötvös' Weg zu seiner Oper Senza sangue


Eötvös ließ sich bei seiner Oper nicht nur von Bariccos Novelle inspirieren, sondern auch durch Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg. Mit der Absicht, ein Kopplungswerk für einen Doppelabend mit Bartóks Einakter zu schaffen, übernahm Eötvös dessen Instrumentierung mit Ausnahme der Orgel. Es bleibt aber nicht bei dieser Gemeinsamkeit: Auch die Personenkonstellation und die Dramaturgie in Form der allmählichen Enthüllung seelischer Abgründe orientiert sich an Herzog Blaubarts Burg.

Eötvös beschreibt seinen Kompositionsprozess so:
Senza Sangue ist meine zehnte Oper. Ich habe mich auf sie vorbereitet wie ein Filmregisseur, der seinen nächsten Film in Schwarzweiß drehen will. In meinen früheren Opern habe ich mich um farbige Klangpaletten bemüht; hier suche ich dagegen scharfe Kontraste und Schattierungen in Schwarz, Grau und Weiß. In der Orchesterpartitur habe ich den Akzent auf Klangballung statt auf Eigenständigkeit der Stimmen gelegt: Viele Instrumente spielen gleiche Melodieverläufe und erzeugen so einen kräftigen Klang, ähnlich wie in der japanischen Kalligrafie mit einem Strich eines dicken Pinsels eine einzige schwarze Linie gezogen wird. – Peter Eötvös

Die Oper Senza sangue wird in diesem Jahr szenisch noch beim Armel Opera Festival in Budapest (Regie: Robert Alföldi) und an der Hamburgischen Staatsoper (Regie: Dmitri Tcherniakov) zu sehen sein. 2017 folgt konzertant die britische Erstaufführung mit Simone Young und dem BBC Symphony Orchestra in der Londoner Barbican Hall.

Foto: Klaus Rudolph

Werk der Woche - Toshio Hosokawa: Stilles Meer

Mit seiner neuen Oper Stilles Meer, die am 24. Januar 2016 in der Staatsoper Hamburg uraufgeführt wird, bringt der japanische Komponist die Trauer über die Opfer des Tsunamis von 2011 und der Atomkatastrophe von Fukushima zum Ausdruck. Das Stück wird von Oriza Hirata inszeniert und steht unter der musikalischen Leitung von Kent Nagano.

In Stilles Meer trauert die Hauptfigur Claudia um ihren geliebten Sohn, der beim Tsunami in Tôhoku ums Leben gekommen ist. Sie verarbeitet ihren Schmerz in Gesängen und buddhistischen Gebeten. Die japanische Zeremonie des Tôrô nagashi ist ein zentrales Element der Handlung: Papierlaternen werden als Sinnbild für die Seelen der Toten aufs Meer gesetzt und der Quelle des Lebens zurückgegeben.

Stilles Meer: Traditionelles Theater mit aktuellem Bezug


Mehrere Einflüsse haben auf das Libretto der Oper eingewirkt: Der Handlung des Stücks liegt das traditionelle japanische Theaterstück Sumidagwa zugrunde. Diesem Stoff ist Hosokawa in Benjamin Brittens Curlew River begenet, der ihn in einen christlichen Kontext stellt. In Stilles Meer liegt der Schwerpunkt nun aber auf dem ursprünglich buddhistischen Charakter der Geschichte. Weitere Inspiration für sein Werk bezieht Hosokawa aus der Erinnerungskultur seines Heimatlandes und dessen Verarbeitung der traumatischen Ereignisse vor fünf Jahren:
Das Tôhoku-Erdbeben und der Tsunami im Jahr 2011 sowie die dadurch ausgelöste Atomkatastrophe ließen mich erneut über Naturgewalten und die menschliche Arroganz nachdenken. Meine Musik entsteht in tiefem Einklang mit der Natur und soll dazu anregen, einmal mehr zu reflektieren, dass die Menschheit die elementare Kraft der Natur gleichermaßen respektiert wie fürchtet, und wie sie bei dem Versuch, die Natur zu kontrollieren und zu dominieren, diese letztendlich zerstört. - Hosokawa

Stilles Meer ist an der Staatsoper Hamburg vom 24. Januar bis zum 13. Februar 2016 insgesamt fünf Mal zu sehen. Eine enge thematische Verknüpfung besteht zu Hosokawas Komposition Klage für Sopran und Orchester. Hier trauert ebenfalls eine Mutter um ihr Kind, das beim Erdbeben in Japan ums Leben gekommen ist.  Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg spielt das Stück am 10. und 11. April 2016 in der Laeiszhalle. Die Mezzosopranistin Mihoko Fujimura, die in Stilles Meer die Rolle der Haruko übernimmt, wirkt auch in diesem Werk als Solistin mit.

Foto: Staatsoper Hamburg
(23.01.2016)