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Musikeditionspreis "Best Edition" für drei Schott Music Publikationen

Einmal im Jahr würdigt der Deutsche Musikverlegerverband (DMV) herausragende Musikpublikationen mit dem Musikeditionspreis "Best Edition". Nach drei Jahren ohne öffentliche Verleihung fand am 27.04.2023, im Rahmen der Leipziger Buchmesse, erstmals wieder die Prämierung  vor Publikum statt. Mit Auszeichnungen für das Faksimile des Partiturautographs von Luigi Nonos "Il canto sospeso", der Neuauflage des Deutsch-Jüdischen Liederbuchs sowie Oliver Rathkolbs Monographie über "Carl Orff und der Nationalsozialismus" gingen gleich drei Auszeichnungen an Schott Music. 

Die Best Edition Auszeichnung des Deutschen Musikverlegerverbands ist eine besondere Anerkennung für die außergewöhnliche Arbeit der Herausgeber:innen, Autor:innen, Lektor:innen und Grafiker:innen, die an diesen Publikationen mitgewirkt haben. Gleichzeitig ist sie ein Indikator für die hohe Qualität und Relevanz der jeweils prämierten Werke.

 

Die Best Edition Gewinner von Schott Music

Musikeditionspreis 2023

 

Luigi Nono - Il canto sospenso

 

 

Luigi Nono

Il canto sospenso

Begründung der Jurg

Die Frage, ob technische Reproduktionen jemals die Aura eines Originals erreichen können, stellt sich nicht nur bei Kunstwerken, sondern auch bei Noten-Faksimiles. Wer etwa vor 1989 bei Besuchen in Ostberlin den „Zwangsumtausch“ in Reproduktionen von Bach-Autographen investierte, der bekam wohl einen Eindruck von historischer Notation und Bachs handschriftlichem Temperament, aber kaum von Quellendetails, Farbvaleurs oder gar Papierqualität. Im Vergleich zu diesen liebevoll, aber technisch unzulänglich gedruckten Ausgaben erscheint jetzt die Faksimile-Ausgabe von Luigi Nonos Canto sospeso wie ein Ferrari neben einem Wartburg.

Allein das Format von 52 x 37,5 cm im taubenblauen Leinendeckel macht Nonos bahnbrechende Kantate 66 Jahre nach der Kölner Uraufführung (mit den Kräften des WDR unter Hermann Scherchen) zu einer bibliophilen, nahezu zeitenthobenen Kostbarkeit, an der man sich auch im Inneren nicht sattsehen kann. Christoph Flamm erläutert im Vorwort noch einmal die historische Bedeutung des Werks und den musikalisch höchst individuellen Umgang Nonos mit der seriellen Methode ‒ aber auch sein Beharren auf einer klaren antifaschistischen Haltung, die sich in der Vertonung von Briefen verurteilter Widerstandskämpfer:innen äußert.

Vor allem aber blickt man staunend auf Nonos unbeirrbar präzise und kraftvolle Notenhandschrift, auf die in verschiedenen Farben angebrachten Gesangstexte, Anweisungen, Korrekturen (es handelt sich um die Druckvorlage) und Ausstreichungen von zuweilen Beethovenscher Wildheit. Dies alles wirkt ‒ bis hin zu den winzigen Eintragungen des Notensetzers ‒ so plastisch und die originale Chamoistönung des Notenpapiers so authentisch, dass man meint, die Noten gerade vom Komponisten ausgehändigt bekommen zu haben (inklusive der nachgereichten finalen Version des dritten Satzes im Anhang).

Nonos Autograph befand sich bis zum Jahr 2014 im historischen Archiv des Schott-Verlags in Mainz, bevor es zusammen mit etwa 400 weiteren Musik­hand­­schriften an die Staatsbiblio­thek zu Berlin verkauft wurde, die es mittlerweile auch digital zugänglich gemacht hat. Aber im Gegensatz zum Bildschirm gibt die luxuriöse Papierausgabe zumindest eine Ahnung von der Aura eines Werks, das Geschichte machte und für den Komponisten Luigi Nono einen so zentralen Stellenwert hat.

Größe, Papier, Gesamtausstattung sind sehr gut gewählt. Die Faksimiles sind in der Qualität und Farbigkeit zusammen mit der exakten Handschrift und gleichzeitig sehr lebendigen Notation von Luigi Nono ein Genuss.

 

 

Carl Orff und der Nationalsozialismus - Oliver Rathkolb

 

 

Oliver Rathkolb

Carl Orff und der Nationalsozialismus

Begründung der Jury

Zusammen mit Generationsgenossen wie Werner Egk, Johann Nepomuk David, Otmar Gerster oder Ernst Pepping gehörte Carl Orff zu den deutschen Komponisten, die nicht der NSDAP angehörten, aber während des NS-Zeit in Deutschland blieben, sich mehr oder weniger an den Unrechtsstaat anpassten und gegen Kriegsende dank der von Goebbels abgezeichneten „Gottbegnadeten-Liste“ vom Fronteinsatz verschont blieben. Das hat zu Mutmaßungen darüber geführt, welche Rolle Carl Orff im Nationalsozialismus gespielt hat ‒ zumal Werke wie die 1937 uraufgeführten Carmina burana oder die Opern Der Mond (1939) und Die Kluge (1943) an führenden Häusern des „Dritten Reichs“ inszeniert wurden.

Auftrieb erhielt die Diskussion um Orffs politische Haltung zum Hitler-Regime Mitte in den 1990er Jahren durch Veröffentlichungen des deutsch-kanadischen Historikers Michael Kater ‒ wobei vor allem die angebliche Behauptung Orffs 1946 vor dem „Screening Center“ in Bad Homburg, er sei Mitglied der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gewesen, von Kater als „Widerstandslüge“ eingestuft wurde und für erheblichen Aufruhr in der Presse sorgte. Um die Debatte auf eine solide wissenschaftliche Grundlage zu stellen, beauftragte das Orff-Zentrum in München den renommierten Zeithistoriker Oliver Rathkolb vom Institut für Zeitgeschichte an der Universität Wien 2012 mit einer Sichtung und Aufarbeitung der Quellen ‒ eine Arbeit, die sich fast ein Jahrzehnt lang hinzog, aber nun mit ihren differenzierten Ergebnissen und Einschätzungen zweifellos ein Standardwerk zum Thema hervorbrachte.

Aufgrund der erst 1999 aufgefundenen Verhörprotokolle des „Screening Center“ aus amerikanischem Privatbesitz kann Rathkolb nachweisen, dass Orff zwar Kurt Huber, den intellektuellen Kopf der „Weißen Rose“, gekannt hat und dies auch zu Protokoll gab, aber keine eigene Mitgliedschaft in der Gruppe behauptete. Der zuständige Militärpsychologe stufte Orff deshalb als „passive antinazi“ ein ‒ eine Bewertung, der sich Rathkolb anschließt. Er weist nach, dass sich Orff mit Ergebenheitsadressen an das Regime stets zurückhielt (im Gegensatz etwa zum Kollegen Werner Egk), aber dennoch nicht auf eine Karriere im NS-Staat verzichten wollte. An einer Berücksichtigung des Orff-Günther-Schulwerks in der Musikpädagogik war ihm ebenso gelegen wie an einer Mitwirkung der Günther-Tanzgruppe bei den Olympischen Sommerfestspielen 1936. Auch für die Verbreitung seiner (bei Nazi-Ideologen durchaus umstrittenen) Carmina burana setzte er sich zusammen mit dem Schott-Verlag ein. Als stärkste Anbiederung an die rassistische NS-Kulturpolitik sieht auch Rathkolb Orffs Bühnenmusik zu Shake­speares Sommernachtstraum von 1939 an, die dem Regime als Ersatz für Mendelssohns Musik diente.

Die Frage, ob „bei allen Musikaufführungen der NS-Zeit die Gefahr der unbewussten Funktionalisierung durch das NS-Regime ‒ als Teil der Systemstabilisierung ‒ bestand“, stellt sich auch Rathkolb im Fall von Orff, ohne sich auf einen „Schuldspruch“ oder eine „Reinwaschung“ einzulassen. Die moralische Bewertung bleibt dem Lesepublikum überlassen ‒ das Buch Carl Orff und der Nationalsozialismus argumentiert ausschließlich durch (vielfach unbekannte) Quellen, die in reichem Umfang und zum großen Teil als Faksimile abgedruckt und ausgewertet werden. Ein bemerkenswerter Beitrag zur problematischen Rolle eines Künstlers unter totalitärer Herrschaft, der überdies gut zu lesen ist.

 

 

Deutsch Jüdisches Liederbuch

 

 

Projekt 2025 – Arche Musica. Verein zur Gründung der Kulturstiftung Schloß Wernsdorf e.V.

Deutsch-Jüdisches Liederbuch

Begründung der Jury

2019 wurde ein Schatz im Musikarchiv der Israelischen Nationalbibliothek in der Stadt Jerusalem wieder entdeckt: Das „Deutsch-Jüdisches Liederbuch“, herausgeben vom jüdischen Kantor Abraham Zwi Idelsohn (1882–1938). Das Liederbuch ist ein einzigartiges Werk mit einer Sammlung von 149 Titel, der damals beliebtesten hebräischen und deutschen Liedern.

Die innovative Idee Idelsohns war, das Liederbuch zweisprachig anzulegen und im hebräischen Teil der Sammlung die Notenschrift analog der hebräischen von rechts nach links zu notieren. Einen großen Anteil an der 2022 neu erschienen Ausgabe des Deutsch-Jüdisches Liederbuch hat Frau Gila Flame, die Direktorin des Musikarchivs der Israelischen Nationalbibliothek. Sie war maßgeblich an der Transliteration der Texte und die Übertragung der Noten beteiligt. Herausgegeben ist das Buch von dem Projekt 2025-Arche Musica mit ihrem Projektleiter Thomas Spindler.

Das Liederbuch ist in der Konzeption und der Art weltweit einzigartig und es ist wichtig, dass diese außergewöhnliche Sammlung von Liedern wieder den Einzug bei Chören und Schulklassen hält.

 

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