• Qualität seit über 250 Jahren
  • Über 350 Partnerhändler weltweit
  • Sicher einkaufen mit Trusted Shop

Tagged with 'Brüssel'

Eugène Ysaÿe: Erstveröffentlichung einer wieder entdeckten Solo-Sonate für Violine

Schott Music präsentiert die Erstveröffentlichung der „Sonate posthume“ op. 27bis des belgischen „Königs der Violine“, Eugène Ysaÿe. Sie entstand im Umfeld von Ysaÿes berühmten Zyklus aus sechs Solo-Sonaten für Violine und ist diesen künstlerisch ebenbürtig. Fast hundert Jahre musste das Violinrepertoire ohne dieses Werk auskommen, bis es kürzlich in einem Konvolut der Bibliothek des Koninklijk Conservatorium in Brüssel übergeben wurde. Dem Violinisten Philippe Graffin gelang es im Jahr 2018, Lücken in den 1923 entstandenen Kompositionsskizzen zu schließen und das Werk im Brüsseler Kulturzentrum BOZAR zur Uraufführung zu bringen. Die Notenausgabe ist soeben in der Schott-Violinbibliothek unter der Nummer VLB 226 erschienen.
„Es handelt sich hier um ein bei Ysaÿe einzigartiges, faszinierendes Experiment mit Doppelgrifftechniken auf der Violine. Und es ist schwer zu erklären, warum diese wundervolle Musik unvollendet geblieben ist und wie ein so schöner Satz wie die Canzona dem Repertoire für Violine für so lange Zeit vorenthalten blieb.“ – Philippe Graffin

Nach dem Tod des Komponisten gingen mehrere seiner Skizzenbücher in den Besitz nahestehender Wegbegleiter über. Besagtes Skizzenbuch wurde von dem englischen Violinisten Philip Newman aufbewahrt, der Ysaÿe besonders nahestand. Nach Newmans Tod im Jahr 1966 wurde ein großer Teil von dessen musikalischen Besitztümern an eine enge Freundin übergeben, der Violinistin Josette Lavergne aus Ostende. Inzwischen ist das Manuskript als „Lavergne-Manuskript“ bekannt und im Koninklijk Conservatorium in Brüssel archiviert.

[gallery link="file" size="medium" ids="73234,73235,73233"]

Das Skizzenbuch enthält Material aus der dritten, fünften und sechsten Solosonate sowie aus der Sonate op. 28 für Violoncello solo. Zudem gibt es einen gut lesbaren und klar notierten ersten Entwurf zu einem anderen Werk, bestehend aus drei aufeinander folgenden Sätzen, mit der Überschrift „6ème Sonate, à Quiroga“. Bei diesem Stück handelt es sich um einen früheren Versuch, den Zyklus aus sechs Sonaten mit einer Sonate in C-Dur/C-moll enden zu lassen. Demzufolge ist das vorliegende Werk im Umkreis der anderen Solosonaten entstanden und wurde wie diese im Sommer 1923 in Knokke-Le-Zoute geschrieben.

Werk der Woche – Luigi Dallapiccola: Il prigioniero

In seiner Kurzoper Il prigioniero von 1949 stellt Luigi Dallapiccola Fragen nach Glaube, Liebe, Hoffnung und Freiheit – Themen, die bis heute nicht an Aktualität verloren haben. Am Opernhaus Stuttgart feiert der Einakter des italienischen Komponisten nun am 26. April 2018 Premiere. Regie führt Andrea Breth, das Bühnenbild stammt von Martin Zehetgruber und es spielt das Staatsorchester Stuttgart unter der Leitung von Franck Ollu. Die Inszenierung ist in Koproduktion mit dem Theater La Monnaie/De Munt in Brüssel entstanden und war dort im Januar dieses Jahres zu sehen.

Am Hof des spanischen Königshauses zur Zeit der Inquisition im 16. Jahrhundert: Ein politischer Gefangener verbringt die letzte Nacht vor seiner Hinrichtung, als der Kerkermeister ihn mit „Fratello“ („Bruder“) anspricht und ihn auf Befreiung und Überleben hoffen lässt. Der Kerkermeister lässt sogar die Zelle des Gefangenen offen und ermöglicht ihm so die Flucht. Doch führt der Gang durch den Kerker nicht in die Freiheit, sondern in die Arme des Kerkermeisters, der in Wahrheit der Großinquisitor selbst ist. Im frühlingshaften Gefängnisgarten empfängt ihn dieser ebenso mit „Fratello“ und der Gefangene versteht, dass ihn der Scheiterhaufen erwartet und dass die Illusion von Freiheit und Hoffnung seine letzte Folter war.

Luigi Dallapiccola – Il prigioniero: Die Hoffnung als letzte Folter


Als Reaktion auf den Faschismus und den Zweiten Weltkrieg begann Dallapiccola 1944 die Arbeit an seiner zweiten Oper Il prigioniero und verwendete als Grundlage dazu drei Zwölftonreihen, die er mit den Begriffen „Gebet“, „Hoffnung“ und „Freiheit“ assoziiert. Er war der erste italienische Komponist überhaupt, der sich Arnold Schönbergs Zwölftontechnik selbstständig aneignete. Gleichzeitig ermöglichen tonale Anklänge und liedhafte Momente der Komposition eine gesangliche Expressivität. Für das Libretto griff Dallapiccola auf La torture par l’espérance („Folter durch Hoffnung“) des französischen Autors Philippe-Auguste Villiers de L’Isle Adam und La légende d’Ulenspiegel e Lamme Goedzak („Die Legende von Tyll Ulenspiegel und Lamm Goedzak“) von Charles de Coster zurück.

Mit den Mitteln der Zweiten Wiener Schule schuf Dallapiccola ein Fanal gegen Krieg, Gewalt und Totalitarismus. Il prigioniero gilt als eine der wichtigsten italienischen Opern aus der Mitte des 20. Jahrhunderts, deren zeitlose Thematik es auch heutzutage zu einem vielgespielten Werk macht.
„Hoffe, mein Bruder, hoffe voll tiefer Inbrunst;
hoffe so lange, bis du vergehst in Schmerzen;
hoffe zu jeglicher Stunde des Tages…
leben musst du für diese Hoffnung…“
- Der Kerkermeister, 2. Szene

Weitere Aufführungen des Musikdramas folgen am 29.4., 21.5., 26.5., 9.6., 16.6. und 25.6. in Stuttgart. Il prigioniero läuft außerdem ab dem 30. Juni 2018 an der Semperoper Dresden.

[embed]https://youtu.be/QAidX2qjOq0[/embed]

 

Foto: Oper Köln / Paul Leclaire

Werk der Woche - Krzysztof Penderecki: Quartetto per archi no. 4

Am 11. Dezember 2016 gelangt in der Londoner Wigmore Hall das Quartetto per archi no. 4 von Krysztof Penderecki zur Uraufführung. Das Stück wurde für das in London von der rumänischen Geigerin Corina Belcea gegründete Belcea Quartet geschrieben. Unter den Auftraggebern finden sich neben der Wigmore Hall Konzerthäuser in Brüssel, Madrid und Warschau mit Unterstützung mehrerer Stiftungen.

Das Komponieren für Streichquartett ist in Pendereckis Werdegang von eigentümlichen Unterbrechungen gekennzeichnet: Die ersten beiden – experimentell-improvisatorischen – Quartette schrieb er kurz hintereinander in den 1960er Jahren. Nummer drei und vier folgten lange Zeit später, aber ebenfalls recht nahe beieinanderliegend 2008 und 2016. So stehen die Quartette paradigmatisch für die zwei großen Schaffensphasen bei Penderecki mit einem Stilwandel, der in der Musikgeschichte seinesgleichen sucht. Wie ein Kommentar dazu erscheint das sehr kurze, nicht nummerierte Streichquartett aus der Mitte der "Quartettpause" 1988 mit dem Titel Der unterbrochene Gedanke. Jedoch lassen sich nahezu alle Werke von Penderecki als "Frühwerke" bezeichnen:
Vor dem Frühstück zu komponieren ist die beste Zeit - man ist dann frisch. Ich stehe normalerweise um 6 Uhr auf, wenn alle noch schlafen, und beginne zu schreiben. Mich auszudrücken in der Musik ist vielleicht die einzige Möglichkeit für mich, mit der Außenwelt Kontakt zu haben. Aber es macht mir vor allem auch Spaß, sonst hätte ich nicht so viel geschrieben. - Krzysztof Penderecki

Wenige Tage nach der Uraufführung folgen Erstaufführungen des Quartetto per archi no. 4 in Spanien (Madrid, 13.12.) und Belgien (Brüssel, 15.12.), ebenfalls mit dem Belcea Quartet.