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Werk der Woche – Akiko Yamane: Arcade

Im Rahmen des Suntory Summer Festival 2020 gelangt am 26. August Arcade von Akiko Yamane in der Suntory Hall in Tokio zur Uraufführung. Das 20-minütige Orchesterwerk wurde von der Suntory Foundation of Arts in Auftrag gegeben. Es spielt das Yomiuri Nippon Symphony Orchestra unter der Leitung von Yoichi Sugiyama. 

Die Komponistin beschreibt Arcade als Klangflächenstück im Stil der “Drone Music”. Darunter ist eine Richtung der Ambient-Musik zu verstehen, deren Theorie von dem amerikanischen Komponisten La Monte Young geprägt wurde. Auch Yamanes Werk besteht über weite Strecken aus ruhigen Klängen, die sich im Zeitlupentempo entwickeln. Dies verbindet das Stück mit der traditionellen japanischen Gagaku-Musik, die ebenfalls im Konzert der Uraufführung zu hören sein wird. 

Akiko Yamane – Arcade: Schwebezustand einer fragilen Gesellschaft


Gleichzeitig gibt es in Arcade auch ein musikalisches Programm, das eine Szene einer Konsumgesellschaft in Form eines Klangzustands beschreibt. Darin scheinen die Stimmungen und Wünsche der Menschen zwar unter Kontrolle zu sein, zeigen aber Widersprüche und innere Konflikte. Zu ihrem neuen Werk erklärt Yamane:
Ich schildere diese Szene aus der Sicht eines bestimmten Klangs, den eine Person auf der Haut spürt. Die Klangqualität schwankt dabei durch subtile Veränderungen der Position des Zuhörers, des Orts- oder Raumstatus usw. In Arcade halte ich inne, lenke meine Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Ebenen des Klangs und konzentriere mich auf ihre Essenz und ihre Qualitäten. (Akiko Yamane)

Die 1982 in Osaka geborene Yamane ist seit kurzer Zeit Schott-Komponistin. Nach ersten klein besetzten Werken (darunter Illuminated Baby für Klavier und das Kammermusik-Triptychon kawaii ;)) ist Arcade das erste größer besetzte Werk dieser Zusammenarbeit. 

Fotos: Adobe Stock / topntp, Coco

Werk der Woche – Toshio Hosokawa: Meditation to the victims of Tsunami (3.11)

+++ Nachdem der folgende Text veröffentlicht wurde, erfuhren wir, dass auch der Live-Stream des Konzerts abgesagt werden musste. +++

Das NHK Symphony Orchestra spielt am 11. April in seinem live-Stream Toshio Hosokawas Meditation to the victims of Tsunami (3.11). Eigentlich hätte dieses ein öffentliches Konzert mit einer Wiederholung am Folgetag werden sollen. Durch die Einschränkungen der COVID-19-Krise wird Dirigent Leonard Slatkin nicht nach Tokio reisen können und durch Masaru Kumakura vertreten. Außerdem wird das Konzert nur einmal vor leerem Auditorium gespielt.  

Hosokawas Werke sind immer auch Gebete eines nach dem Zweiten Weltkrieg in Hiroshima Geborenen. Seine Geburtsstadt ist oft Thema seiner Musik, in der sich sein spiritueller Schmerz spiegelt: teils expressiv, teils voll Schweigen und Stille, wie in Memory of the Sea und Voiceless Voice in Hiroshima. Jedoch ist sie nie nur Ausdruck des Trostes, der hilft, Leid zu teilen: Hosokawa glaubt an die Kraft, mit der sich Menschen aus den Abgründen tiefsten Schmerzes befreien können, und wünscht sehnlich, dass die Menschheit wieder Hoffnung findet. Nach dem Tohoku-Erdbeben vom 11. März 2011, das im japanischen Gedächtnis noch sehr frisch ist, begann Hosokawa, neu über das Leben nachzudenken.

In seinen jüngsten Werken Meditation to the victims of Tsunami (3.11), der Trauer um die Opfer des Tsunamis, Klage, in dem eine Mutter ihren Schmerz durch den Gesang überwindet, und Nach dem Sturm, der Beschreibung einer Blume, die nach einem Unwetter das Licht wiederfindet, drückt er unterschiedliche Empfindungen aus: die Angst vor der Urkraft und dem Schrecken der Natur, die Wut über die selbst verursachte Gefährdung durch die Atomkraft, aber letztlich auch den Blick auf Menschen, welche die Kraft finden, in schwierigsten Zeiten stark und mutig zu leben.
Mein musikalisches Konzept ist die Suche nach Harmonie zwischen Natur und Mensch. Deshalb war der Tsunami von 2011 ein großer Schock für mich. Die Natur ist eben nicht nur schön und nett, sondern manchmal auch sehr grausam. Wir Japaner haben wohl die Ehrfurcht vor der Natur verloren. - Toshio Hosokawa

Werk der Woche – Toru Takemitsu: Nostalghia

Im Konzert „Auf Dunkelheit folgt Licht“ mit dem Geiger Ilya Gringolts wird am 13. und 14. September Toru Takemitsus Nostalghia zu hören sein: Unter der Leitung von Gevorg Gharabekyan spielt das Kammerorchester I Tempi gemeinsam mit Gringolts das Stück für Violine und Streichorchester in der Martinskirche in Basel und in der Kirche St. Peter in Zürich.



In Nostalghia, das 1987 als Auftragswerk für Yehudi Menuhin entstand, bezieht sich Takemitsu auf den gleichnamigen, vier Jahre zuvor gedrehten Film von Andrei Tarkowskij. Der Titel greift vor allem das Heimweh-Gefühl, das in der Handlung des sowjetisch-italienischen Films eine zentrale Rolle spielt, auf. Im Gegensatz zu der Bedeutung des deutschen Worts „Nostalgie“ lehnen das russische und auch das italienische Wort nicht an das Verlangen nach einer vergangenen Zeit sondern nach einem Ort oder einer Person an.

Toru Takemitsus Nostalghia – „In Memory of Andrei Tarkowskij”


Tarkowskijs autobiographischer Film zog Takemitsu wegen seiner ruhigen Kameraführung, den langen ungeschnittenen Szenen und dem sehr sparsamen Gebrauch von Musik an. 1987 schrieb er dem sowjetischen Filmemacher, der ein Jahr zuvor in Paris verstarb, eine posthume Filmmusik. Nach einer kurzen Einleitung beherrscht eine einfache, pathetische Melodie der Solovioline die ganze Komposition. Ein unterteiltes Streichorchester lässt stellenweise ein Gefühl von Wasser und Nebel aufkommen – beständige Merkmale sowohl im Werk Takemitsus als auch in Tarkowskijs Filmen. Gefühle von Todessehnsucht und Heimweh transportiert Tarkowskij mit seinem Film „Nostalghia“ und auch das Hauptmotiv in Takemitsus Komposition kreist um das Verlorene und die Erinnerung. Am Ende kehrt das Stück zurück zu seinem Anfang, während sich die Orchestergruppen nochmals zur Vielstimmigkeit aufteilen und die Solo-Violine in höchsten Höhen verharrt.
Ich würde mich am liebsten gleichzeitig zu zwei Richtungen hin entwickeln: zur japanischen Tradition und zu westlicher Erneuerung. Tief im Innern wünschte ich, zwei musikalische Stile aufrechterhalten zu können, da beide das Recht auf eine eigene Form besitzen. Sich dieser beiden, im Grunde unvereinbaren Elemente als Kern vieler kompositorischer Arbeitsvorgänge zu bedienen, ist meiner Meinung nach nur der erste Schritt. Ich will den fruchtbaren Widerspruch nicht lösen - im Gegenteil: Ich will, dass die beiden Blöcke sich bekämpfen. So vermeide ich es, mich von der Tradition zu entfernen, während ich mit jedem neuen Werk auf die Zukunft zugehe. Ich möchte einen Klang erreichen, der so intensiv ist wie die Stille. – Toru Takemitsu

Im gleichen Konzert wird auch Karl Amadeus Hartmanns Concerto funebre für Solo-Violine und Streichorchester zu hören sein. Am 14. und 15. September geht es in der Suntory Hall in Tokyo mit Takemitsus A Way Lone II in einer Fassung für Streichquartett und How Slow the Wind für Orchester  weiter. Es spielt das NHK Symphony Orchestra, dirigiert von Paavo Järvi. In der Supporo Concert Hall Kitara in Hokkaido wird am 15. September Rain Coming für Kammerorchester von der Tokyo Sinfonietta unter der Leitung von Yasuaki Itakura aufgeführt. Auch in Deutschland darf man sich diese Woche auf Musik von Takemitsu freuen: Am 16. September spielt Pirmin Grehl Itinerant für Flöte bei der Schumann Festwoche in Leipzig. Einen Tag später führt das Philharmonische Staatsorchester Mainz im Rahmen des Theaterfests Mainz Night Signal unter der Leitung von Hermann Bäumer auf.

Werk der Woche - Fazıl Say: Ballad

Zu Beginn dieser Woche, am 18. Juli, findet die Uraufführung Fazıl Says Ballad für Altsaxophon und Orchester statt. In der Suntory Hall in Tokyo dirigiert Miguel Harth-Bedoya das Tokyo Metropolitan Symphony Orchestra. Nobuya Sugawa, der japanische Saxophonist, für den Say das Stück in diesem Jahr komponierte, übernimmt die Rolle des Solisten.



Say wurde 1970 in Ankara geboren. Bereits im Alter von vier Jahren begann er Klavier zu spielen und nahm mit elf Jahren ein Klavierstudium auf. Heute ist für Says musikalische Arbeit die Doppelrolle als Komponist und international gefragter Pianist charakteristisch. Sein großes Interesse an Jazz und Improvisation prägt sein Musikverständnis als Komponist. So lässt er diese Elemente immer wieder in seine Werke einfließen.

Fazıl Says Ballad – Über das Klangspektrum des Saxophons


Damit sich in seinem Stück das Altsaxophon als Instrument voll entfalten konnte, komponierte Say Ballad in einem liedhaften Stil. Das Stück beginnt mit einer langen Meditation, einer Suche nach Glück und Frieden und wird untermalt mit Meeresgeräuschen, die durch mit der Hand gestrichene Trommeln erzeugt werden. Say orientierte sich bei der Arbeit an dem Stück an seinen früheren Kompositionen, wie Patara (2005) oder seiner Sinfonie Universe (2012). In der Auseinandersetzung damit kreierte der türkische Komponist eine Saxophonstimme, in der das Instrument das komplette Spektrum seiner klanglichen Möglichkeiten ausloten lässt.
Alle meine Kompositionen, genau wie mein Leben, verlaufen zwischen diesen beiden musikalischen Linien: Türkische Musik ist stärker rhythmisch geprägt, deutsche Musik hat eine große Geschichte. Beide Kulturen beeinflussen sich gegenseitig. Wenn ich Beethoven oder Mozart interpretiere, bin ich einfach ich. Wenn ich komponiere, finden sich viele türkische Rhythmen in der Musik. Ich bringe oft türkische Instrumente in ein westliches Orchester ein. Wenn Ost und West zusammen erklingen, soll es auf freundschaftlicher Ebene geschehen. - Fazıl Say

Erst vor wenigen Tagen wurde in Shanghai am 15. Juli auch ein anderes neues Werk von Say - die China Rhapsody für Klavier und Orchester - uraufgeführt. Hier spielte Say als Solist am Klavier mit dem Shanghai Symphony Orchestra unter der Leitung von Long Yu. Nach der Uraufführung der Ballad in Tokyo findet in Hong Kong am 23. Juli eine Aufführung von Says 2. Klavierkonzert Silk Road statt. Es spielt das Hong Kong Sinfonietta Orchestra unter der Leitung von Yip Wing-sie. Am 14. August  führt  Say vier seiner Klavierwerke im Rahmen des Mosel-Musikfestivals im Kloster Machern in Bernkastel-Kues auf: Bodrum, Paganini Jazz, Alla Turca Jazz und Summertime Variations.