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Werk der Woche – Bernd Alois Zimmermann: Trompetenkonzert "Nobody knows de trouble I see"

Am 20. März jährt sich der Geburtstag von Bernd Alois Zimmermann zum 100. Mal. Zu diesem Anlass werden in diesem Jahr weltweit viele Konzerte mit seinen Kompositionen aufgeführt. So auch eines seiner bekanntesten Werke, das Konzert "Nobody knows de trouble I see" für Trompete in C und Orchester, das diese Woche das Helsinki Philharmonic Orchestra unter Leitung von Fabien Gabel und dem Solisten Håkan Hardenberger am 23. März und am nächsten Tag Paul Hübner zusammen mit dem WDR Sinfonieorchester dirigiert von Brad Lubman im Funkhaus Köln spielt.

Ursprünglich erteilte der NDR Zimmermann den Auftrag ein Klavierkonzert zu komponieren. Mit Verweis auf die große Anzahl an Klavierkonzerten konnte Zimmermann den NDR davon überzeugen, das vernachlässigte Soloinstrument Trompete zu fördern. Damit sei auch eine mögliche Wiederaufführung des Werkes wahrscheinlicher. Skizzen eines Trompetenkonzertes hatte er schon 3 Jahre zuvor angefertigt und führte sie nach Erteilung des Auftrags aus. Die Uraufführung folgte am 11. Oktober 1955 im Studio X in Hamburg mit dem Sinfonieorchester des Norddeutschen Rundfunks mit dem Trompeter Adolf Scherbaum unter dem Dirigat von Ernest Bour. Bei der Uraufführung hieß das Werk noch "Darkey’s darkness" – ein Wortspiel, das Zimmermann als Titel bevorzugte. Einige Jahre später wurde Zimmermann darauf hingewiesen, dass er unwissentlich mit der Bezeichnung "Darkey" eine poetisch überhöhte Form für einen Schwarzen gewählt hatte und so betitelte er sein Werk fortan "Nobody knows de trouble I see", angelehnt an das Spiritual, das in der Komposition als cantus firmus verwendet wird.

Bernd Alois Zimmermann – Trompetenkonzert: Mit Crossover zur Versöhnung


Das Spiritual ist das Zentrum des Konzerts, das vom Aufbau an ein Choralvorspiel angelehnt ist. Neben dieser modernen Art des cantus firmus werden Elemente des Jazz und eine Zwölftonreihe, die vage an eine c-Moll-Tonleiter erinnert, als Kompositionsgrundlagen verwendet. Diese spezielle Reihe zieht sich wie ein roter Faden durch das Gesamtwerk von Zimmermann: Sie findet unter anderem Verwendung in seinem Konzert für Oboe, seiner Filmmusik zu "Methamorphose" und in seinem Ballett Alagoana. Mit der Verschmelzung dieser drei heterogenen Gestaltungsprinzipien wollte Zimmermann nach eigener Aussage einen Weg der brüderlichen Verbindung aufzeigen. Dies lässt sich auf die politischen Gegebenheiten seiner Zeit zurückführen: Als Soldat erlebte er das menschenverachtende NS-Regime und während der Komposition des Werkes den Kampf der unterdrückten schwarzen Bevölkerung in den USA. Dies spiegelt sich auch in der veränderten Benennung des Spirituals. Statt "the" greift er im Titel "Nobody knows de trouble I see" zu der typischen "schwarzen" Schreibweise "de".
„Ich habe übrigens vor kurzem ein Trompetenkonzert mit dem Titel „Darkey´s darkness“ beendet. Dem Werk liegt der Negrospiritual „Nobody knows de trouble I see“ zugrunde, und es ist in seiner ganzen Faktur durch den Charakter dieses Negrospirituals mit der ganzen dumpfen und hoffnungslosen Trauer der schwarzen Rasse.“ – Bernd Alois Zimmermann 1954

Nach den Konzerten in dieser Woche ist das Trompetenkonzert auch in der kommenden Zeit regelmäßig zu hören. Am 6. April führt es das ORF Radio-Symphonieorchester Wien mit Håkan Hardenberger als Solist unter der Leitung von John Storgårds auf. Im Rahmen der Konzertreihe „Zeitinsel Bernd Alois Zimmermann“ (27.-29. April) stellt das SWR Sinfonieorchester unter der Leitung von Ingo Metzmacher die Werke Zimmermanns in den Fokus. Dort wird am 28. April das Trompetenkonzert erklingen. Solist ist bei dieser Aufführung ist auch Håkan Hardenberger.

Die aktuelle Ausgabe des Schott Journals ist dem 100. Geburtstag von Bernd Alois Zimmermanns gewidmet. Darin finden Sie viele aktuelle Veranstaltungen rund um das Jubiläum und einen Einblick in seine wichtigsten Werke.

Werk der Woche – Chaya Czernowin: Guardian

In der intensiven Beschäftigung mit den Eigenschaften von Zeit fand Chaya Czernowin die Inspiration für ihr neues Werk Guardian. Am 22. Oktober 2017 wird es vom SWR-Sinfonieorchester im Abschlusskonzert der Donaueschinger Musiktage in der BAAR Sporthalle Donaueschingen uraufgeführt. Pablo Rus Broseta dirigiert das Konzert für Cello und Orchester, mit der Solistin Séverine Ballon, der Czernowin das Werk gewidmet hat.



Im Traum durchlebt der Mensch einen Zeitraum von mehreren Stunden oder Tagen innerhalb weniger Minuten. Das Gehirn erschafft dabei eine grenzenlose andere Welt, in der die Zeit dehnbar und komprimierbar ist. Dabei verarbeiten wir Erlebnisse oder erträumen uns eine zweite Wirklichkeit. Auf diese Weise arbeitet auch Czernowins ich ihrer Komposition Guardian, sodass sie damit eine düstere Traumwelt erschafft, in der die Zeit formbar wirkt. In der Musik entsteht ein Gegenentwurf zur realen Welt.

Chaya Czernowin – Guardian:  Frage nach Zeit und Identität


Czernowin bedient sich den klassischen Elementen des Solokonzerts, mit einer geläufigen Aufteilung von Solo- und Tutti-Passagen und einer Kadenz des Cellos kurz vor Schluss. Die Rollenverteilung unter der Oberfläche ist jedoch eine andere: Immer wieder fusionieren die beiden Klangkörper und lösen sich wieder voneinander. Das Cello entwickelt sich aus dem Orchester heraus, um mit wachsendem Klang dieses wieder in sich aufzunehmen. Umgekehrt lässt Czernowin das Orchester agieren, als sei es ein Cello, indem beispielsweise in den Bläsern mehr Luft als Töne zu hören sind, was an das Spielen auf dem Steg erinnert, oder wenn alle Instrumente clusterartig im dreifachen Pianissimo zu einem Klang verschmelzen.

In einem Moment singt das Cello auf zerbrechliche Weise, im anderen tönt es gewaltig wie ein wildes Tier. Für die extreme dynamische Bandbreite wird das Cello von zwei Lautsprechern unterstützt, damit auch die leisesten Partien noch im ganzen Saal zu hören sind. Czernowin nutzt jede denkbare Möglichkeit der Instrumente, nicht nur Klänge, sondern auch Geräusche zu erzeugen, um Nuancen und Farben zu kreieren, mit denen sie den Hörer in eine andere Welt versetzt.

Guardian ist ein fließendes Wechselspiel aus dem ständigen Verschmelzen und sich voneinander Lösen zweier Klangkörper. Orchester und Soloinstrument agieren als gleichwertige, sich gegenseitig unterstützende Partner.
Die offene Form in der […] visuellen Computerarbeit ermöglicht die multidimensionale Entwicklung von Objekten […], da jederzeit der eine oder andere Parameter der Gestalt in den Vordergrund tritt und die Gesamtform beeinflusst. Auf diese Weise denkt das Konzert. – Chaya Czernowin

Am 17. November folgt die luxemburgische Erstaufführung im Rahmen des Festival rainy days der Philharmonie Luxembourg. Séverine Ballon tritt mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der Leitung von Roland Kluttig auf.

Werk der Woche - Fazil Say: Istanbul-Sinfonie

Meeresrauschen eröffnet und schließt die großformatige Istanbul-Sinfonie von Fazil Say. Dazwischen begegnet dem Hörer das Portrait einer Stadt, die so vielfältig ist wie die sieben Sätze, die der Komponist ihr widmet. Am 29. März spielt das SWR Symphonieorchester Says erste Sinfonie in Stuttgart unter der Leitung von Gregor Mayrhofer.



Die Istanbul-Sinfonie  ist in sieben Sätze gegliedert, angelehnt an die sieben Hügel auf denen die Stadt erbaut wurde. Jeder Satz repräsentiert hierbei einen Aspekt des Lebens in Istanbul. Nostalgie, der erste Satz beschreibt das historische Istanbul und weckt Assoziationen an die Eroberung 1453 durch die Osmanen. Die beiden folgenden Sätze Der Orden und Blaue Moschee zeigen die verschiedenen Seiten von Religion: Während der zweite Satz die negativen Aspekte, den Fanatismus, die Radikalisierung und die Sektenbildung anprangert, zeigt der dritte Satz die lichte Seite, verkörpert durch ein Wahrzeichen der Stadt.

Says Istanbul-Sinfonie: Ein vielschichtiges Portrait einer vielschichtigen Stadt


Neben dem klassischen Sinfonieorchester verwendet Say Instrumente der traditionellen türkischen Musik, darunter Nay, Kanun, Kudüm, Bendir und Darbuk. Gemessen an ihrer programmatischen Bildsprache könnte man die  Istanbul-Sinfonie durchaus auch als Sinfonische Dichtung bezeichnen. So durchbricht etwa die Tuba mehrmals den vierten Satz Hübsch gekleidete junge Mädchen auf dem Schiff zu den Prinzeninseln, um als Schiffshorn auf sich aufmerksam zu machen. Vor dem sechsten Satz Orientalische Nacht wiederum steht eine Improvisation. Hier kehrt Ruhe ein, bevor der eigentliche Satz mit seinen Tänzen wieder Fahrt aufnimmt. Er wirft einen Blick hinaus über die Grenzen der Stadt und eröffnet den Zugang zum Orient. Im Finale schließlich begegnet uns das moderne Istanbul, eine hektische Metropole mit 15 Millionen Einwohnern. Ganz am Ende steht allerdings wieder die Rückbesinnung auf das alte Istanbul des Eröffnungssatzes, bevor das Meeresrauschen das Werk beschließt.
Istanbul kann man nicht erzählen mit Clustern, Atonalität oder Zwölftontechnik. Istanbul muss man zum Teil romantisch oder nostalgisch erzählen. Es kommt nichts Avantgardistisches vor, aber dennoch Neues, denke ich, um diesem Brückenbau von Westen nach Osten gerecht zu werden. – Fazil Say

Im Rahmen des Kinderkonzertes „Musik, Kultur, Sprache“ spielt das SWR Symphonieorchester die Istanbul-Sinfonie auch am 30. März im Konzerthaus Karlsruhe und am 31. März im Mannheimer Rosengarten. Weitere Möglichkeiten die Sinfonie live zu erleben, bietet kurz darauf das Philharmonische Orchester Bremerhaven, das sie 3., 4. und 5. April aufführt.

 

Foto: Ben Morlok (CC by-sa 2.0)

Werk der Woche – George Gershwin: Girl Crazy

Rund um den Globus finden in dieser Woche eine Vielzahl von Aufführungen der Werke von George Gershwin statt: Darunter findet sich auch das Musical Girl Crazy. Am 16. Juli werden im Rahmen des Napa Valley Festival del Sole zwei der bekanntesten Nummern aus dem Werk im Lincoln Theater im kalifornischen Yountville aufgeführt. Das Festival Orchestra NAPA spielt unter der Leitung von Joel Revzen Embraceable You und I Got Rhythm mit Kathleen Battle als Sopranistin.



Girl Crazy, ein Musical mit einem Libretto von Guy Bolton und John McGowan, erzählt von einem New Yorker Entertainer namens Danny Churchill. Dieser wird von seinem Vater auf eine Ranch nach Arizona geschickt und begegnet dort der Frau seiner Träume, der Postbotin Molly Gray. Aus Sehnsucht nach sündigem Leben wandelt Danny die Ranch in einen Nachtclub und Spielsalon um – das Geschäft boomt. Intrigen, Raubüberfälle und Verfolgungsjagden überstanden, finden Molly und Danny am Ende trotz aller Turbulenzen zueinander.

George Gershwins Girl Crazy – Ein Musical mit Jazzstandards


Das Lied Embraceable You wurde bereits 1928 von Gershwin geschrieben, jedoch war es ursprünglich für die unveröffentlicht gebliebene Operette East is West bestimmt. Zwei Jahre später fand der Song seinen Platz als Liebeslied in Girl Crazy. Auch I Got Rhythm entstand bereits vor dem Musical. Die Melodie des Songs entwickelte sich aus einem langsamen Instrumentalstück aus Gershwins Musical Treasure Girl von 1928. Beide Songs zählen bis heute zu den meistgespielten Jazzstandards aller Zeiten. Sängerinnen wie Ginger Rogers und Ethel Merman (eigentlich Ethel Zimmermann) wurden durch Girl Crazy über Nacht zu Stars. Merman spielte in Gershwins Musical die Rolle von Kate Fothergill, die in Dannys Nachtclub für die Spieler singt.
It was the first time I’d met George Gershwin, and if I may say so without seeming sacrilegious, to me it was like meeting God. Imagine the great Gershwin sitting down and playing his songs for Ethel Agnes Zimmermann, of Astoria, Long Island. No wonder I was tongue-tied. When he played ‘I Got Rhythm’ he told me: ‘If there’s anything about this you don’t like, I’ll be happy to change it.’ There was nothing about that song I didn’t like. But that’s the kind of guy he was. I’ll never forget it. – Ethel Merman über Gershwin

Neben den Darbietungen von Embraceable You und I Got Rhythm  in Kalifornien bringt das Shreveport Symphony Orchestra I Got Rhythm am 16. Juli in Louisiana auf die Bühne. In Hamburg findet darüber hinaus am 17. Juli eine Aufführung der von William C. Schoenfeld arrangierten I Got Rhythm Variations für Klavier und Orchester mit dem Hamburg Ballett und einer Choreografie von John Neumeier.

Für Gershwin-Fans hält diese Woche aber noch mehr bereit: Die berühmte Rhapsody in Blue für Klavier und Orchester wird am 11. Juli in Orange in Frankreich vom Orchestre Philharmonique de Marseille unter der Leitung von Faycaol Karoui gespielt, ebenfalls am 16. Juli beim Napa Valley Festival del Sole und auch am  12., 13. und 15. Juli in Schleswig, Flensburg und Rendsburg in Deutschland. Dirigiert von Peter Sommerer nimmt das Schleswig-Holsteinische Sinfonieorchester zusätzlich die Cuban Ouverture mit ins Programm. Dieses Werk findet am 16. Juli auch in Freiburg, gespielt vom SWR Sinfonieorchester, dirigiert von Francois-Xavier Roth und in Evian mit dem Orchester der Académie Musicale d’Evian unter der Leitung von Bruno Peterschmitt seinen Platz.