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Wer möchte nicht gesegnet sein?

Die lebendige Tradition des Segens in Kirche und Musik

Kaum ein aus der Bibel entnommener Begriff ist derart unbefangen und selbstverständlich in den alltäglichen Sprachgebrauch übergegangen wie der des „Segens“: Da ist von „Geldsegen“ die Rede, wenn die finanziellen Geschäfte gerade mal besonders gut laufen; man spricht von „Kindersegen“, wenn ein Paar mit vielen Nachkommen beschenkt wird; eine Tagesordnung oder ein Protokoll wird „abgesegnet“, d.h. einvernehmlich akzeptiert; Sängerinnen und Sängern von Weltruhm attestiert man ein ums andere Mal, sie seien mit einer wunderbaren Stimme „gesegnet“. „Viel Glück und viel Segen“ – so schmettern kaum dem Kinderwagen entwachsene Jungen und Mädchen, um Freundinnen und Freunden mit diesem beliebten Kanon zum Geburtstag zu gratulieren und gute Wünsche für den weiteren Lebensweg zu übermitteln.

 

Ein menschliches Urbedürfnis

Das Wort Segen (althochdeutsch „segan“, lat. signare für „mit dem Zeichen des Kreuzes versehen“) bedeutet „mit heilvoller Kraft begaben, loben, preisen, zusprechen, Gutes sagen“. Es steht für ein Gebet oder einen Ritus, mittels dessen der Mensch Anteil an göttlicher Kraft und Gnade erhalten soll, sei es durch Gott selbst oder durch einen mithilfe der göttlichen Kraft handelnden Menschen. Segen bzw. Segnen (hebr. ba-rakh) sind zentrale Leitworte des Alten Testaments und erscheinen bereits in der Schöpfungsgeschichte: „Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von all seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hat.“ (1. Mose 2,3)  Der bis heute geläufige sogenannte „Aaronitische Segen“ findet sich erstmals in 4. Mose 6,24.26: „Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse dein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden.“ In christlichen Kirchen ist die Segenshandlung ein wichtiger Bestandteil (am Ende) des Gottesdienstes, der Komponisten in allen Zeiten zu reger und vielfältiger musikalischer Umsetzung animierte, sei es in schlichter Choralform oder in aufwändigeren Gattungen wie z.B. Choralkantaten, Kantaten, Arien, Motetten, Liedern, Gospels u.v.a.m.

 

Der direkte Draht für göttlichen Schutz

Immer beliebter werden heute die so genannten Segnungsgottesdienste, in denen sich ein jeder ein ganz individuelles, persönliches Segenswort etwa für eine bevorstehende Reise, für den Job, die Familie, das Haustier oder sogar das viel geliebte Spielzeug erbitten kann – für verschiedenste Anlässe und Situationen also, für die Alltäglichkeiten des Lebens. Nicht zuletzt deshalb wohl erfreuen sich gerade auch in unseren Tagen irische Segenswünsche, die u.a. auf keltische Ursprünge zurückzuführen sind, größter Beliebtheit: Da die Omnipräsenz des Göttlichen im Alltag bei den Kelten außer Frage stand, nahmen dementsprechend auch kleine alltägliche Dinge einen äußerst hohen Stellenwert ein, ja sie erhielten nahezu den Status eines Sakraments. So ist es nicht verwunderlich, dass über Jahrhunderte hinweg Gebete und Segenswünsche aus dem (nicht nur irischen) Boden sprossen, die jede Situation des Lebens unter den Schutz des Himmels zu stellen suchten.

 

Ungekünstelt und unmittelbar

Dabei fasziniert bis heute die einfache, dabei bildhaft-poetische Sprache der Segenslieder, ihre Warmherzigkeit und Frömmigkeit, die in einem jedem die tiefe Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Geborgenheit zu wecken scheinen. Sie bestechen durch ihre Schlichtheit und Ehrlichkeit und beziehen sich auf das Wesentliche, auf das, was wirklich zählt im Leben. Sie spenden Trost, geben Zuversicht, machen Mut und Gemeinschaft unmittelbar erlebbar, richten auf, künden vom Frieden, von Glück und Freude und entsprechen somit der tief im Inneren eines jeden Menschen verankerten Sehnsucht nach der Zusicherung des Guten.

 

Segensreiche Chorliteratur für die moderne Praxis

Die Tradition des Segensliedes ist entsprechend vielstimmig und heute womöglich lebendiger denn  je. Den Beweis treten ganz aktuell Rolf Rudins (*1961) auf dem traditionellen „Irischen Segenswunsch“ basierenden „Der Segen der Engel“ op. 82,1 für vierstimmigem gem. Chor a cappella (C 55554) und der Sammelband „Segne und behüte uns“ von Klaus Heizmann (ED 21229) an.

Darin hat der umtriebige Dirigent, Komponist, Musikproduzent und -lektor 42 ganz unterschiedliche Segenswunsch-Vertonungen zusammengetragen und gibt so eindrucksvolles Zeugnis von dem überaus breiten Spektrum der musikalischen Produktion zu dieser Thematik.
Bei den 42 Segensliedern für gem. Chor (SATB) mit unterschiedlichstem Schwierigkeitsgrad reicht die Bandbreite vom einfachen vierstimmigen A-cappella-Choralsatz über den zwei- bis achtstimmigen Kanon, das Gospel, irische Segenslied bis hin zum anspruchsvolleren klavier- bzw. orgelbegleiteten Neuen Geistlichen Lied.

Alte und neue Klassiker in deutscher, englischer und (in einem Fall) auch lateinischer Sprache u.a. von Johann Sebastian Bach (1685-1750), Johann Friedrich Franke (1717-1780), Dora Rappard (1842-1923), John Rutter (*1945) und James Edward Moore Jr. (*1951), daneben überwiegend deutschsprachige Schöpfungen und Bearbeitungen moderner Komponisten z.B. vom ehemaligen Thomaskantor Georg Christoph Biller (*1955), von Raquel Cristóbal (*1973), Thomas Gabriel (*1957), Carsten Gerlitz (*1966), Albrecht Haaf (*1953), Andreas Pieper (*1958), Jochen Rieger (*1956) und natürlich dem Herausgeber dieses Sammelwerks, Klaus Heizmann (*1944), lohnen entdeckt und aufgeführt zu werden – auf dass sich ein jeder auf seine Weise angesprochen und gesegnet fühle.