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Männer sind …

...und Frauen auch!

Loriot konnte das noch ganz selbstverständlich behaupten. Heute ist es nicht mehr so gewiss. In den meisten gemischten Chören zum Beispiel ist es eher so, dass Frauen sind … und Männer nicht. Hat die deutsche Chor-Welt ein Gender-Problem?

Das Phänomen ist im Grunde nicht neu. Blickt man in die Musikgeschichte, so entdeckt man, dass es früher sogar noch schlimmer war, nur anders herum: Männer waren, Frauen aber nicht. Ja, eigentlich waren Männer nicht nur Männer, sondern auch Frauen! Denn die berühmtberüchtigte paulinische Vorschrift: „Die Frau schweige in der Gemeinde!“, führte lange Zeit dazu, dass der Gesang in der Kirche Männersache war. Auf die hohen Stimmen sollte jedoch nicht verzichtet werden und so waren Sopran und Alt in grauer Vorzeit Männerstimmen.

Noch im 16. Jahrhundert hatte Papst Sixtus per Konzil das Verbot von Frauen in der Kirchenmusik bekräftigt. Dennoch setzte wahrscheinlich Johann Mattheson in Hamburg um 1715 zum ersten Mal Frauenstimmen in der Kirche ein. Und noch im 20. Jahrhundert wurde um die Rolle der Frau in der Kirche gerungen, auch wenn Sängerinnen vielerorts bereits Realität waren. Denn erst mit den Umbrüchen des zweiten Vatikanischen Konzils Anfang der 1960er Jahre wurden Frauen im Altarraum und somit auch im Chor offiziell zugelassen. So langsam mahlen päpstliche Mühlen …

Heute erscheint uns dies als Luxusproblem. Der „Männerschwund“ greift um sich und viele Chöre sehen sich damit konfrontiert, maximal vier Männer (wenn alle da sind) auf zwei Männerstimmen verteilen zu müssen. Die Sänger sehen sich wiederum vor der undankbaren Aufgabe, ständig solistisch singen oder die Stimme wechseln zu müssen, weil der einzige Tenor krank ist. Deshalb haben viele Chorleiter zu drastischen Maßnahmen gegriffen und Sängerinnen an die Männerstimmen ausgeliehen, ein Phänomen, dessen Produkt man häufig als „Tenösen“ bezeichnet. Heute sind also Männer Bässe. Und Frauen – nun ja … alles andere. Was aber sind Tenöre?

Der Tenor zählt, auch wenn die Bässe immer schon das Gegenteil ahnten, klassischerweise immer noch zu den Männerstimmen. Das stellt nicht nur den Chorleiter vor ungeahnte Herausforderungen: Er kann nicht mehr einfach sagen: „Männer, bitte Takt 14“. Entweder würde nur der Bass einsteigen, Sopran und Alt würden sich umdrehen und hämisch in den tuschelnden Tenor blicken, oder zwischen Tenören und „Tenoretten“ bräche gar ein Streit aus, der sich wiederum zu einer größeren chorinternen Debatte auswachsen könnte. Vermutlich müsste man Tenöre in Zukunft dann jedes Mal mit „Tenörinnen und Tenöre“ ansprechen – was zweifelsohne zum Verlust wertvoller Probenzeit führen würde. Für die Männer böten sich Bezeichnungen an wie „verhältnismäßig tiefere Stimmen“, „Sängerinnen und Sänger des dritten und vierten Systems“, „letzte Reihe“ oder Ähnliches. Kurz: Der Chor stünde vor immensen sprachlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen.

Viele Chorleiter wählen da einen anderen Weg: Das inzwischen umfangreiche Angebot an dreistimmiger Chorliteratur für zwei (oder mehr) Frauen- und eine Männerstimme bietet Chören, die an Männerschwund leiden, eine echte Alternative zum Kampf der Geschlechter: Die Frauen bleiben bei Sopran und Alt und die Männer … sind einfach „Männer“.

Chor zu dritt

Spielliteratur: