Winter Music

John Cages Bedeutung für eine umfassende ästhetische Neuorientierung der Neuen Musik nach dem Zweiten Weltkrieg kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Dabei fand die Selbstfindung und kompositorische Artikulation besonders auf dem Gebiet der Klaviermusik statt: im Künste-verschmelzenden Experimentallabor New York um den Tänzer Cunningham, den Maler Rauschenberg und den kongenialen Interpreten und Pianisten Tudor.

Es ist ein Glücksfall, dass sich Sabine Liebner, die bei WERGO bereits mehrere international hochgelobte, preisgekrönte Alben veröffentlicht hat, in die komplexen pianistischen und künstlerischen Anforderungen der Darstellung eines weiteren Cage’schen Großwerks gestürzt hat. Entstanden ist die Ersteinspielung der vollständigen „Winter Music“ für eine(n) Pianist:in: Von jeder der insgesamt 20 nicht nummerierten Seiten werden alle notierten Ereignisse (Aggregate) konsekutiv gespielt. Durch die zusätzliche, faszinierende Erweiterung des Klangraums durch „harmonics“ – Obertonschwingungen – entsteht eine sehr differenziert klingende, kaleidoskopartige Musik von überraschend eigenwilliger Schönheit. Die den Künstlern Robert Rauschenberg und Jasper Johns gewidmete „Winter Music“ fordert eine neue Art zu hören ein: das Hören des Klangs in kristalliner Klarheit und permanenter Veränderung im Inneren und Äußeren des Klangs.

Diese sich gegen den Strom eines stark event-getriebenen Kulturlebens stemmende integrale Einspielung stellt einen Meilenstein und Bezugspunkt für die weitere Wirkung der „Winter Music“ dar!

“At once raw, immediate and beautifully refined, Liebner’s touch is extraordinarily controlled and subtle, turning a set of isolated, apparently random events into a sonic adventure which transcends abstract concepts” — BBC Music Magazine, February 2025, 5 out of 5 stars