Trauer-Ode

Im Jahre 2021 schrieb ich ein Cantabile für Orgel. Eine Chorsängerin, die das Stück hörte, trat an mich mit der Bitte heran, ob ich das Werk nicht für Chor arrangieren könnte. An sich eine schier unmögliche Bitte. Allerdings fiel mir beim Spielen des Werkes am Klavier der altkirchliche Text „Zum Paradies“ der katholischen Begräbnisliturgie ein. Es fügte sich, dass Text und Melodie zufälligerweise nahezu ideal zusammenpassten: Die Idee zu In Paradisum war geboren. Auf der Suche nach einem weiteren passenden Text fiel mir der bildhafte und gewaltige Satz Arthur Schopenhauers ein, der in der Trauerhalle des Frankfurter Hauptfriedhofes zu finden ist und mich schon seit vielen Jahren fasziniert.
So entstanden Ende des Jahres 2022 die beiden Werke Trauer-Ode und In Paradisum. Die Uraufführung fand am 25. März 2023 in der Marktkirche Wiesbaden statt. Gewidmet ist das Werk In Paradisum „meinem“ Marktkirchenchor, dem ich viele wunderbare Musikerlebnisse verdanke. Die Trauer-Ode komponierte ich im Gedenken an meinen 2012 verstorbenen Vater, der mir meine musikalische Ausbildung erst ermöglichte.

Trauer-Ode / Mozart-Requiem / In Paradisum
In welchem Rahmen wird das Mozart-Requiem aufgeführt? Aufgrund der speziellen Anforderungen an die Orchesterbesetzung ist die Auswahl komplementärer Stücke begrenzt. Somit war es erforderlich, selbst zum Stift zu greifen. Das „Programm“ hinter dieser Trilogie ist, dass mit der Trauer-Ode der Tod eines geliebten Menschen betrauert wird. Mit dem folgenden Requiem (Mozart) wird der kirchliche Trauerfeier-Ritus vollzogen und mit In Paradisum wird der geliebte Mensch in das Himmelreich geleitet.
Bei der Suche nach einem passenden Text für die Trauer-Ode stieß ich auf den Dichter August Zarnack, einen Zeitgenossen Mozarts, der seinen Text in Liedform verfasste. Der Rosmarin taucht dort als Symbol des Todes auf. Ein ruhiger Anfang geht nahtlos in einen „Trauerzug“ über, der rhythmisch von der Kleinen Trommel begleitet wird, während der Höhepunkt mit den düsteren Fortissimo-b-Moll-Klängen erreicht wird, die in der Frage „Ach Liebster, bist du tot?“ gipfeln. Dies wird wiederholt – fast wie eine Vision des Nicht-wahrhaben-Wollens des Todes unseres Geliebten. Dann kehren wir zur Realität zurück und folgen dem dreifachen Ruf „Kyrie eleison“, „Christe eleison“, „Kyrie eleison“, gefolgt vom rezitierten Text der Begräbnisliturgie „Requiem aeternam“. Das Werk endet eindringlich und düster mit einem Kontra-B auf dem Wort „tot“ sowie der düsteren Leere der großen Trommel.  Diesen Klängen kann sich das Mozart-Requiem unmittelbar anschließen.
Oftmals stand das Werk Mozarts in meinen Konzerten am Ende des Programms.
Wenn es einen Kritikpunkt an so einem fantastischen Werk geben darf, wäre es aus meiner Sicht, dass ihm das „helle Licht“ mit einem positiven und tröstenden Schluss fehlt, was natürlich auch der Nichtvollendung des Werks geschuldet ist. Dies war die Grundidee zu In Paradisum. Die mozartsche Orchesterbesetzung wird durch die Hinzufügung von Instrumenten wie der großen Trommel, Becken und Glocken verstärkt. Die Komposition beginnt schlicht mit einer melodischen Linie, die sich später zu hymnischer Größe entwickelt. Es folgen mehrere imposante Steigerungen, bevor plötzlich eine düstere Stimmung Einzug hält. Nach der beklemmenden Atmosphäre des Todes gewinnt das Stück erneut an hymnischer Intensität, um schließlich mit einer beeindruckenden göttlichen Verherrlichung und einem zuversichtlichen „Amen“ grandios und strotzend vor Glaubenskraft zu enden.
- Thomas Jörg Frank