Faust et Hélène
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Die szenische Kantate von Lili Boulanger ist auf Grundlage der Dichtung von Eugène Adenis entstanden und greift in freier Gestaltung eine Episode aus Goethes Faust II auf, die das Handlungsgeschehen auf Mephisto, Faust und Helena konzentriert. Dabei geht es um den Moment, in dem Faust darum bittet, die schöne Helena von Troja zu sehen um den Preis, seine Seele Mephisto zu überlassen und damit ewig verdammt zu sein.
In Boulangers Werk befiehlt Méphistophélès einigen Geistern, über Faust zu wachen und seine Träume zu verändern. Dieser erwacht nun aus dem Traum von der Schönheit Hélènes und verlangt, dass sie durch die Zeit und durch die Jahrhunderte zu ihm gebracht wird. Méphistophélès ruft Hélène aus dem Jenseits herbei. Sie ist verwirrt und will nichts von Fausts Liebe hören, da sie sich an ihr Leben und die vielen Menschen erinnert, die in ihrem Namen gestorben sind. Faust beharrt auf seinem Verlangen und drängt Hélène einen Kuss auf. Die Leidenschaft ist heftig, aber sie ist nur von kurzer Dauer. Méphistophélès zeigt ihnen, dass zahlreiche Kämpfer aus Hellas, blutverschmierte Geistergestalten, die für Hélène ihr Leben gelassen haben, gekommen sind, um sie ins Grab zu bringen. Faust muss sie gehen lassen, sonst würde er mit ihr in die Hölle gestoßen.
Die von Lili Boulanger in der Original-Partitur (Episode lyrique) geforderte Minimalbesetzungsstärke des Orchesters von 70-80 Spielern entspricht den Gepflogenheiten jener Zeit um 1910, die Orchesterwerke und Opern extrem großbesetzt zu instrumentieren.
Zentrales Anliegen für eine Transkription von Boulangers Faust et Héléne für Bariton, Tenor und Sopran und kleines Orchester war, der musik-theatralischen Anlage des Stückes im Sinne einer konzentrierten und textverständlichen Dialogform entgegenzukommen und sie im Hinblick auf die Realisierung einer Opernszene geeigneter zu machen.
Eine zusätzliche theatralische Konzentrierung und Verdichtung könnte auch erreicht werden durch eine Aufhebung der klassischen Trennung Bühne-Zuschauer/Zuhörer, indem das kleine Orchester auf/neben/hinter der Bühne postiert werden kann – zumindest könnte zugunsten variablerer Orchesterpositionierungen auf den Orchestergraben verzichtet werden.
Die Orchesterbesetzung ist komprimiert auf die Stärke eines kleinen Orchesters. Der Schwerpunkt der Instrumentation ist auf die Blasinstrumente ausgerichtet, hinzukommen Harfe, Celesta und Klavier, differenziertes Schlagzeug und ein nur sparsam und effektvoll eingesetztes Streichquintett. Generell orientiert sich die Transkription an meinen Bearbeitungen zu Bartóks Herzog Blaubarts Burg und Schönbergs Erwartung.
Besonderheiten der Instrumentation:
Durch den variablen Einsatz mehrerer Instrumente (siehe v. a. Holzbläser) für jeweils eine(n) Spieler/In wird des Weiteren sowohl Klangerweiterung als auch Klangverdichtung erzielt. Neu sind der Einsatz von drei Instrumenten: Altflöte (notiert in der 2. Flötenstimme), Kontrabassklarinette (notiert in der 3. Klarinettenstimme), der Wechsel von Klavier und Celesta sowie die Kombination von Kontrafagott, Kontrabassklarinette und Wagnertuba für das heute nicht mehr gebräuchliche Instrument „Sarrusophon“ (= quasi Fagott aus Metall). Die Gesangsstimmen (deren Dynamik und Spielanweisungen) sind dem von Nadja Boulanger revidierten Klavierauszug entnommen. (Eberhard Kloke)