La piccola Cubana
Produktdetails
Beschreibung
Die Handlung von La Cubana verzahnt zwei Zeitebenen und zwei Theaterformen: Eine gesprochene Rahmenhandlung aus einem Prolog, einem Epilog und vier Intermezzi wird interpoliert von fünf gesungenen Tableaus. Die Rahmenhandlung spielt am 1. Januar 1959, dem Tag der Machtübernahme Fidel Castros in Kuba. In ihr erinnert sich die alte Vaudeville-Künstlerin Rachel im Gespräch mit ihrer Dienerin Ofelia an Stationen ihres Lebens. Die fünf musikalischen Tableaus illustrieren diese Erinnerungen und führen Personen ein, die Rachel auf diesen Stationen begleitet haben und ihr Verhalten als Zeugen kommentieren. Jede dieser Stationen ist verknüpft mit Liebesbeziehungen zu wechselnden Partnern und zugleich verbunden mit konkreten politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen und radikalen Veränderungen in Kuba. Das 1. Tableau, in dem Rachels Liebesromanze mit Eusebio, dem Sohn einer Fabrikantenfamilie, im Selbstmord von Eusebio gipfelt, spielt im Jahr 1906 – dem Jahr der 2. USA-Intervention in Kuba, die bis 1909 dauerte, die sozialen Unruhen verschärfte und zur Gründung der ersten proletarischen Massenpartei Kubas, der Unabhängigen Partei der Farbigen (Partido Independiente de Color), führte. Das 2. Tableau schildert Rachels Beziehung zum kubanischen Zuhälter Yarini und dessen Ermordung im Zuge der bewaffneten Rivalitätskämpfe zwischen kubanischen und französischen Zuhälterbanden, die 1910 Habana erschütterten. Das 3. Tableau führt ins Jahr 1912 – Enzensberger datiert diese Episode zwei Jahre später – und verbindet Rachels Erlebnisse in einem drittklassigen Wanderzirkus mit den Kämpfen der bewaffneten Volksbewegung der Farbigen, die unter der Führung des „Cimarrón“ gegen Unterdrückung und Willkürherrschaft der US-Besatzungsmacht kämpften und deren Niederlage mit der 3. Intervention der USA besiegelt wurde. Das 4. Tableau zeigt Rachel 1927 als Star im Teatro Alhambra in Habana und ihre Beziehung zu dem linken Studenten Federico, dessen Verhaftung sie nicht verhindert. Hintergrund ist der Beginn der revolutionären Bewegung und des Widerstandes der 1925 gegründeten Kommunistischen Partei Kubas gegen den von den USA als Präsident eingesetzten Gerardo Machado. Die 1934 vollzogene Schließung des Teatro Alhambra und das Ende von Rachels Bühnenlaufbahn, mit dem das 5. Tableau den Schlusspunkt des Künstlerlebens von Rachel setzt, steht in engem Zusammenhang mit den Ereignissen um den Aufstieg Fulgencio Batistas als neuem Präsidenten Kubas und der Installation einer Militärdiktatur unter seinem Regime, die dann 1959 durch Fidel Castro gestürzt wird. Von all diesen politischen und sozialen Umbrüchen und Veränderungen ist Rachel unberührt; sie nimmt sie nicht zur Kenntnis, auch wenn ihr privates Leben ständig mit diesen Ereignissen verbunden ist. Gegen die „Drecksbrühe Politik“ setzt sie die paradiesische Utopie von Liebe, Musik und Kunst. Gegen die Repression der Amerikaner und die ausbrechende Revolution setzt sie die Talmiwelt von Glitzertrikots, Scheinwerferlicht und Varietéunterhaltung.
"Im Grunde ging es darum, eine neue Form von Musiktheater zu erfinden, sich auszudenken. Aber es stellte sich recht bald heraus, dass das Material – die Memoiren von Amalia Vorg, dieser alten kubanischen Vaudeville-Queen, die Miguel Barnet, ein kubanischer Ethnologe aufgeschrieben, mitgeschnitten auf Tonband, zwei Jahre dann in ein Buch verwandelt hat – dass also dieses Material enorme Möglichkeiten enthielt, weit über ein unterhaltendes Vaudeville hinausgehend. Es erzählt nicht nur etwas über die letzten vierzig oder fünfzig Jahre der Geschichte Kubas vor der Befreiung durch Fidel Castro, sondern auch gleichzeitig etwas über die Geschichte der Unterentwicklung eines Landes. Und noch etwas anderes: im Spiegel oder durch den Filter der Mentalität eines Vaudeville-Stars – einer Kabarett-Künstlerin, die glaubt, eine große Künstlerin zu sein – offenbart sich das Verhältnis von Kunst und Wirkung. Darin haben wir einen Diskurs über das, was Kunst überhaupt bedeutet. Wir stellen die Fragen: Was ist Kunst, welchen Wert hat sie in der Gesellschaft, welchen Stellenwert hat sie da? Was sind Künstler? Wie ist ihr moralischer Habitus, wie ist ihre gesellschaftliche Verantwortlichkeit? In welchem Maße hat die bürgerliche Ideologie der letzten Jahrhunderte die Künstler aufgefordert, sich gesellschaftsfremd oder gesellschaftlich abgesondert zu verhalten? – Alle diese Dinge werden in einer lustigen und ziemlich bunten und vielfältigen Theaterform zur Diskussion gestellt." (Hans Werner Henze)
Orchesterbesetzung
Personenbesetzung
Weitere Informationen
Staatsoper Unter den Linden, Alter Orchesterprobensaal
Victoria Randem, Rachel; Ema Nikolovska, Lucile; Andrés Moreno García, Eusebio / Paco; Benjamin Chamandy, Fernrohrvermieter / Don Alfonso / Senator; Isabel Karajan, Theaterdirektorin · Musikalische Leitung: Adrian Heger
Inszenierung: Pauline Beaulieu · Kostüme: Veronika Bleffert · Bühnenbild: Benjamin Schönecker
(szenisch)