Heliogabalus Imperator
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Am 16. Mai des römischen Jahres 971 (217 der christlichen Ära) wurde ein vierzehnjähriger Syrier, Varius Avitus (Antoninus), von den römischen Truppen in Phönizien als Kaiser gegrüßt. Die angebliche Vaterschaft des Caracalla (von der Mutter des Antoninus, Julia Soemia, behauptet), seine gottähnliche Erscheinung – laut Herodian war er der schönste Jüngling seiner Zeit und erinnerte an die Standbilder des Dionysus – und seine „barbarische“ Kleidung, bestehend aus weitärmligen, fußlangen „Chitons“, aus goldener und purpurner Seide und einer edelsteinbesetzten Tiara, müssen so überwältigend auf die Soldaten gewirkt haben, dass sie seinen Gegenspieler Macrinus vernichteten, ihn aber schützten und unterstützten.
In Rom angekommen, umgeben von Tänzern und Musikanten, wie man sie dort noch nie gesehen oder gehört hatte, begann Antoninus (auch Assyrius, Pseudantoninus, Sardanapalus, Tiberinus genannt) die Ausübung seiner kaiserlichen Geschäfte mit denen eines Hohepriesters des El-Gabal („der von den Bergen herabgestiegene“, der Baal von Emesa) zu identifizieren, alsbald nannte man ihn statt bei seinem kaiserlichen beim Namen seines Gottes. Bei Erwähnung der Baal-Riten, die nun begannen, sprechen die meisten der zeitgenössischen Schilderungen statt von Mysterien von Obszönität und Skandal, während anzunehmen ist und heute ersichtlich, dass es sich um nichts anderes gehandelt hat als um ein den traditionellen römischen Vorstellungen von Männlichkeit und Respektabilität entgegengesetztes Verhalten, rein um Bestandteile des ekstatischen Kultes, wie provozierend sie auch immer gewirkt haben mögen.
Antoninus ließ den Namen Baals auf der Rangliste der offiziellen Götter Roms an die Spitze setzen, ließ Münzen prägen, auf denen er sich „sacer(dos) dei solis Elagab(ali) summus sacerdos Aug(ustus)“ nannte. Angeblich prostituierte er sich, vor den christlichen Kirchen als Venus kostümiert und geschminkt, deflorierte die Vestalin Julia Aquila Severa, ließ die aus Syrien mitgebrachte Baalstatue – einen Riesenphallus aus schwarzem Stein – neben dem Standbild der Mondgöttin Urania aufstellen, verheiratete die beiden Abbilder miteinander und ließ, als sei dies eine wahre Hochzeit zwischen zwei Gottheiten, den Anlass in ganz Italien festlich begehen, der Senat hatte bei den täglichen Zeremonien, exzessiven Blutopfern und Tänzen, mit dem Kaiser als Koryphäe, zugegen zu sein, das Volk wurde durch Zirkus, Theater und gold- und getreideregen unterhalten, Kutscher, Köche, Barbiere, Eseltreiber und Schmiedefavoriten des Kaisers wurden zu Präfekten und Gouverneuren ernannt, der Jockey Hierocles zum Kaisernachfolger.
Der Baal-Kult und der damit verbundene Hedonismus unter Anleitung des „gekrönten Anarchisten“ (Artaud) verbreitete sich mit religiöser Emphase, begann das Christentum zu verdrängen, für dessen Theorien die Römer sich gerade zu interessieren begonnen hatten, als drei jähre nach seinem Regierungsantritt – im dritten Jahre des „Krieges der Prinzipien“, wie Artaud es nannte – Antoninus und seine Mutter von rebellierenden Soldaten ermordet, ihre zerstückelten Körper durch die Straßen geschleift und schließlich in die Abwässer geworfen wurden.
Meine Allegorie bezieht sich auf ihren Gegenstand wie folgt: Sie beginnt mit vollem Orchester, den Einzug des Antoninus in Rom beschreibend, es folgt ein für Streicher gesetztes Portrait, dann eine Musik nur für Perkussionsinstrumente, die das erste Auftreten des Antoninus vor dem Senat darstellen soll, die neuen Präfekten werden durch Soli der Holzblasinstrumente präsentiert, ein Ausschnitt aus einem feierlichen Baal-Mysterium ist zu hören, dann das Herannahen der Mörder, charakterisiert durch eine nüchterne Marschmusik, die in eine Gigue übergeht, den Tod des Antoninus darstellend.
(Hans Werner Henze)
Orchestral Cast
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Conductor: Sir Georg Solti · Chicago Symphony Orchestra
(world première of the first version)
June 28, 1989 · Roma (I)
Villa Massimo
Conductor: Eberhard Kloke · Orchestra Sinfonica di Roma della Radiotelevisione Italiana
World Premiere (Revision) (world première of the revised version 1986)