Klavierquintette

In seiner ersten Veröffentlichungsserie überhaupt widmete sich eda records seit den 1990er Jahren in insgesamt sechs Einspielungen der Gattung des Klavierquintetts, etliche der Produktionen waren Weltersteinspielungen. Das finnisch-deutsche PIHITPUDAS KVINTETTI (Pihtipudas Piano Quintet), künstlerischer Partner von eda records bei diesem Projekt, ist bis heute das einzige professionelle Kammerensemble, das ausschließlich in dieser Besetzung arbeitet; es feierte im Jahr 2013 sein fünfundzwanzigjähriges Bestehen. Seither hat sich die renommierte Formation keineswegs nur mit den Kernwerken des Repertoires beschäftigt, sondern vielmehr zahlreiche unbekannte und vergessene Werke aufgefunden und wiedererweckt und das Spezialgenre des Klavierquintetts durch seine Entdeckungen und Einspielungen in besonderer Weise gepflegt.

Dass Anton Rubinstein Russe war, steht rein genealogisch außer Frage, ihn als russischen Komponisten in dem Sinn zu bezeichnen, der für heutige Musikhörer das „russische Idiom“ repräsentiert, gelingt jedoch nicht. Seiner (schlesischen) Mutter verdankten Anton und sein Bruder, dass ihr musikalisches Talent erkannt und ihnen eine Karriere als Geschäftsleute erspart blieb. Anton studierte zunächst Klavier beim berühmten Villoing in Moskau und wurde bald als Klaviergenie herumgereicht, Paris und London waren unter den Stationen seiner Triumphe als Interpret, ehe er schließlich in Berlin landete und die Musik der deutschen Romantik kennen und (zeitlebens) lieben lernte. Folglich war ihm der Weg in die russischen Komponistenschulen versperrt, was seinem Ruhm keinen Abbruch tat; doch wuchs dieser als Pianist weitaus beträchtlicher denn als Komponist, obwohl sein Oeuvre groß und tief ist. Mit der Gründung der Konservatorien in St. Petersburg und Moskau schließlich legte Rubinstein den Grundstein für die bis heute erstklassige Instrumentalausbildung in Russland. Sein Klavierquintett entstand 1876; naturgemäß wurde es ein rechtes Virtuosenstück – fürs Klavier. Doch auch die Streicher finden gut zu tun; heraus kam ein melodiensattes, reifes Werk von großer Gedankenfülle. Schostakowitsch nun darf getrost als russischer Komponist gelten, dazu als musikalisch-politischer Chronist und Kommentator der Zeitläufte des 20. Jahrhunderts. Sein Herauskehren emotionaler Befindlichkeit in insgesamt 15 Streichquartetten ist Legende; dass es wenigstens ein einziges Klavierquintett gibt, verdankt sich seiner Freundschaft zum Beethoven Quartett, einer jungen Formation des Moskauer Konservatoriums, die nach der Uraufführung einiger seiner Quartette endlich einmal mit Schostakowitsch gemeinsam auftreten wollte. 1940 war es so weit; der Überlieferung nach war die Uraufführung ein ungewöhnlich großer Erfolg – zwei Sätze mussten sogar wiederholt werden. Schostakowitsch erschrieb sich damit den Stalin-Preis, der mit nicht weniger als 100.000 Rubeln dotiert war, eine für damalige Verhältnisse gigantisch hohe Summe für ein Musikwerk. Ganz anders als bei Rubinstein bindet Schostakowitsch den Klavierpart als nicht dominierende Stimme in seine Partitur ein und schafft damit eines der ersten Werke für diese Gattung, die nicht einem Klaviervirtuosen, sondern einem Kammermusiker auf den Leib geschrieben war – in diesem Fall sogar auf seinen eigenen.