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Werk der Woche: Aribert Reimann – Die schönen Augen der Frühlingsnacht

In die jetzige Winterzeit zaubert der neue Liederzyklus von Aribert Reimann blumige Frühlingsgefühle. Die schönen Augen der Frühlingsnacht wird am 14. Dezember 2017 im Muziekgebouw aan’t IJ in Amsterdam uraufgeführt.

Die schönen Augen der Frühlingsnacht  ist ein Kompositionsauftrag des Muziekgebouw Amsterdam und von Musik 21 Niedersachsen. Es ist speziell für die Sopranistin Mojca Erdmann und das Kuss Quartett geschrieben. Der Zyklus fußt auf Liedern des romantischen Komponisten Theodor Kirchner nach sechs Gedichten von Heinrich Heine. In ihnen dienen Bilder von keimenden und treibenden Pflanzen im Frühling als idealer lyrischer Ausdruck von Liebesgefühlen. Einen Gegensatz zu den sonnigen Gedanken bilden zwei Gedichte, die an einsame winterliche und kalte Momente in der Schneelandschaft erinnern.

Aribert Reimann – Die schönen Augen der Frühlingsnacht: Verbindung von Romantik und Gegenwart


Die Lieder von Theodor Kirchner wurden nie verlegt und sind deswegen so gut wie unbekannt. Reimann verbindet seine Bearbeitung für Singstimme und Streichquartett mit sieben instrumentalen Zwischen-, Vor- und Nachspielen. Dieses Vorgehen ist für Reimann kein Novum: Bei dem Zyklus „…oder soll es Tod bedeuten“ hatte er zuvor Lieder von Felix Mendelssohn Bartholdy für Stimme und Streichquartett bearbeitet und mit sechs eigenen Intermezzi verbunden. Auch dieser Zyklus wird von Mojca Erdmann und dem Kuss Quartett bei dem Konzert der Uraufführung aufgeführt. Zukünftig werden die instrumentalen Teile aus Die schönen Augen der Frühlingsnacht unter dem Titel 7 Bagatellen auch einen eigenständigen Quartettzyklus bilden.
Beim Komponieren habe ich eine Klangvorstellung im Kopf, die ich in Worten nicht ausdrücken kann, einfach weil es keine Worte dafür gibt. Ich kann natürlich einen Klang beschreiben, aber das ist nicht dasselbe. Für mich ist es das Komplizierteste und Allerwichtigste, diesen Klang, den ich in mir höre, dann zu sortieren und zu organisieren.- Aribert Reimann

Im Rahmen der Konzertreihe Musik 21 im NDR  erlebt der Zyklus Die schönen Augen der Frühlingsnacht am 16. Dezember in Hannover seine deutsche Erstaufführung. Weitere Konzerte mit Mojca Erdmann und dem Kuss Quartett folgen am 18. Dezember in Berlin und am 13. Mai 2018 in Zürich.

 

 

Werk der Woche - Peter Eötvös: The Sirens Cycle

Homer, James Joyce und Franz Kafka - Texte dieser so unterschiedlichen Autoren vertont Peter Eötvös in seinem neuen Werk The Sirens Cycle. Am 1. Oktober 2016 ist das Streichquartett mit Koloratursopran zum ersten Mal zu hören. Piia Komsi und das Calder Quartet bringen es in der Wigmore Hall London zur Uraufführung.



Als Arnold Schönberg in seinem 2. Streichquartett erstmals eine Sopranstimme notierte, entstand eine folgenreiche Besetzungsvariante des modernen Streichquartetts. Alban Bergs Lyrische Suite und Egon Welesz' Sonnets for Elizabeth Barrett Browining trugen zur ihrer Etablierung bei, jüngere Beiträge stammen unter anderem von Brett Dean (String Quartet No. 2) und Jörg Widmann (Versuch über die Fuge).

The Sirens Cycle: Das Schweigen der Sirenen


Eötvös wählt drei literarische Versionen des mythologischen Odysseus und dessen Begegnung mit den Sirenen. Jede lässt er in der originalen Sprache von der Sopranistin in einem eigenen Abschnitt singen. Der erste Teil, "Joyce", nimmt mit seinen sieben Sätzen den größten Raum ein. Aus dem ohnehin lose zusammenhängenden Stream-of-consciousness-Roman Ulisses wählt Eötvös einzelne Gedanken, Phrasen, Worte. Aus Homers Odýsseia folgt hingegen ein zusammenhängender Abschnitt, ebenso aus Kafkas Das Schweigen der Sirenen. Musikalisch verleiht Eötvös dem Joyce-Teil einen arios-expressiven Charakter, während er bei Homer zu einem liedhaften und bei Kafka zu einem rezitativischen Gestus greift.

The Sirens Cycle existiert auch in einer Fassung mit Zwischenspielen aus elektronischen Klängen. Dabei wurden vom Pariser IRCAM/Centre Pompidou, Mitauftraggeber des Stücks, die Texte mit Spektralanalysen in Tonhöhen, -dauern und -farben übersetzt.
Die Negation des Gesanges in Franz Kafkas Das Schweigen der Sirenen inspirierte mich, ein Stück zu schreiben, das über das Singen an sich reflektiert. Ich sah mich in der Musikliteratur nach Beispielen für die Verbindung von Sopran und Streichquartett um und fand, dass sowohl Arnold Schönberg als auch Jörg Widmann überzeugende Lösungen gefunden haben. Peter Eötvös

Nach der Uraufführung in London begibt sich das Calder Quartet mit der Sopranistin Audrey Luna auf Tour mit The Sirens Cycle. Es folgen Erstaufführung in der Schweiz (2. Oktober, Zürich), Spanien (3. Oktober, Madrid) und Deutschland (5. Oktober, Frankfurt am Main). Die Fassung mit Elektronik ist erstmals am 12. Oktober in Paris zu hören und ist am 15. Oktober Teil des Programms der Donaueschinger Musiktagen.

Werk der Woche – Toru Takemitsu: Nostalghia

Im Konzert „Auf Dunkelheit folgt Licht“ mit dem Geiger Ilya Gringolts wird am 13. und 14. September Toru Takemitsus Nostalghia zu hören sein: Unter der Leitung von Gevorg Gharabekyan spielt das Kammerorchester I Tempi gemeinsam mit Gringolts das Stück für Violine und Streichorchester in der Martinskirche in Basel und in der Kirche St. Peter in Zürich.



In Nostalghia, das 1987 als Auftragswerk für Yehudi Menuhin entstand, bezieht sich Takemitsu auf den gleichnamigen, vier Jahre zuvor gedrehten Film von Andrei Tarkowskij. Der Titel greift vor allem das Heimweh-Gefühl, das in der Handlung des sowjetisch-italienischen Films eine zentrale Rolle spielt, auf. Im Gegensatz zu der Bedeutung des deutschen Worts „Nostalgie“ lehnen das russische und auch das italienische Wort nicht an das Verlangen nach einer vergangenen Zeit sondern nach einem Ort oder einer Person an.

Toru Takemitsus Nostalghia – „In Memory of Andrei Tarkowskij”


Tarkowskijs autobiographischer Film zog Takemitsu wegen seiner ruhigen Kameraführung, den langen ungeschnittenen Szenen und dem sehr sparsamen Gebrauch von Musik an. 1987 schrieb er dem sowjetischen Filmemacher, der ein Jahr zuvor in Paris verstarb, eine posthume Filmmusik. Nach einer kurzen Einleitung beherrscht eine einfache, pathetische Melodie der Solovioline die ganze Komposition. Ein unterteiltes Streichorchester lässt stellenweise ein Gefühl von Wasser und Nebel aufkommen – beständige Merkmale sowohl im Werk Takemitsus als auch in Tarkowskijs Filmen. Gefühle von Todessehnsucht und Heimweh transportiert Tarkowskij mit seinem Film „Nostalghia“ und auch das Hauptmotiv in Takemitsus Komposition kreist um das Verlorene und die Erinnerung. Am Ende kehrt das Stück zurück zu seinem Anfang, während sich die Orchestergruppen nochmals zur Vielstimmigkeit aufteilen und die Solo-Violine in höchsten Höhen verharrt.
Ich würde mich am liebsten gleichzeitig zu zwei Richtungen hin entwickeln: zur japanischen Tradition und zu westlicher Erneuerung. Tief im Innern wünschte ich, zwei musikalische Stile aufrechterhalten zu können, da beide das Recht auf eine eigene Form besitzen. Sich dieser beiden, im Grunde unvereinbaren Elemente als Kern vieler kompositorischer Arbeitsvorgänge zu bedienen, ist meiner Meinung nach nur der erste Schritt. Ich will den fruchtbaren Widerspruch nicht lösen - im Gegenteil: Ich will, dass die beiden Blöcke sich bekämpfen. So vermeide ich es, mich von der Tradition zu entfernen, während ich mit jedem neuen Werk auf die Zukunft zugehe. Ich möchte einen Klang erreichen, der so intensiv ist wie die Stille. – Toru Takemitsu

Im gleichen Konzert wird auch Karl Amadeus Hartmanns Concerto funebre für Solo-Violine und Streichorchester zu hören sein. Am 14. und 15. September geht es in der Suntory Hall in Tokyo mit Takemitsus A Way Lone II in einer Fassung für Streichquartett und How Slow the Wind für Orchester  weiter. Es spielt das NHK Symphony Orchestra, dirigiert von Paavo Järvi. In der Supporo Concert Hall Kitara in Hokkaido wird am 15. September Rain Coming für Kammerorchester von der Tokyo Sinfonietta unter der Leitung von Yasuaki Itakura aufgeführt. Auch in Deutschland darf man sich diese Woche auf Musik von Takemitsu freuen: Am 16. September spielt Pirmin Grehl Itinerant für Flöte bei der Schumann Festwoche in Leipzig. Einen Tag später führt das Philharmonische Staatsorchester Mainz im Rahmen des Theaterfests Mainz Night Signal unter der Leitung von Hermann Bäumer auf.

Werk der Woche - Jörg Widmann: Messe

Jörg Widmann zählt zu den wichtigsten deutschen Komponisten unserer Zeit. Für die Spielzeit 2015/16 nahm er an der Tonhalle Zürich seinen Platz auf dem "Creative Chair" ein und führt ab dem Mittwoch dieser Woche seine Abschlusskonzerte auf: Unter eigener Leitung präsentiert Widmann die schweizerische Erstaufführung seines Orchesterwerks Messe, gespielt vom Tonhalle-Orchester Zürich. Als Nachfolger für Widmann tritt dann der ungarische Komponist und Dirigent Peter Eötvös ein.



Der Creative Chair wurde von der Tonhalle-Gesellschaft Zürich in der Saison 2014/15 erstmals vergeben. Sie schuf damit eine Position für bedeutende Komponisten unserer Zeit, die darüber hinaus auch als Dirigenten oder auch solistisch tätig sein können. Widmann selbst ist nicht nur Komponist und Dirigent, sondern auch Klarinettist: So kombiniert er in diesem Rahmen die Aufführungen von Messe mit Mozarts Klarinettenkonzert A-Dur KV 622.

Jörg Widmanns Messe für großes Orchester – dem „instrumentalen Singen“ gewidmet


Vor knapp zehn Jahren vollendete Widmann mit Messe eine Trilogie von Orchesterwerken, die er mit Lied (2003) und Chor (2004) begonnen hatte. Sein Interesse für geistliche Themen war zunächst vor allem literarischer und musikalischer Natur. Die Arbeit an seinem 5. Streichquartett mit Sopran Versuch über die Fuge forderte ihn zu strengen musikalischen Formen heraus. Techniken, denen er zuvor oft aus dem Weg gegangen war, bestimmten nun das gesamte Satzbild. Analog dazu verlief auch die Entwicklung seiner Orchestermusik in dieser Zeit und so konzipierte Widmann ein Werk, das vokale Musik auf instrumentale  Besetzungen projiziert.
Das instrumentale Singen ist das Thema meiner zwei vorangegangenen Orchesterstücke ‚Lied‘ und ‚Chor‘. Kein Sänger und kein Chor treten dort auf; das Orchester selbst singt, rezitiert und deklamiert. So auch in der Messe. Die Musiker selbst sind die Protagonisten: Soli, Chor und Orchester in einem. In der ‚Monodia‘ des ‚Kyrie‘ gibt es beispielsweise einen Wechselgesang zwischen Chor und Orgel, ohne dass eine Orgel oder ein Chor beteiligt wären. An zentralen liturgischen Stellen, etwa zu Beginn des ‚Kyrie‘ und des ‚Gloria‘, erscheint das Notenbild wie eine riesenhafte Chorpartitur; jeder Musiker „singt“ auf seinem Instrument den jeweiligen Messetext. – Jörg Widmann

Vom 6. bis zum 8. Juli führt Widmann jeden Abend seine Messe in der Tonhalle Zürich auf. Zudem findet am 10. Juli in Saarbrücken eine Aufführung von Versuch über die Fuge in einer Fassung für Sopran, Oboe und Kammerorchester statt. Es spielt das Saarländische Staatsorchester unter der Leitung von Christopher Ward. Widmanns Konzertouvertüre Con brio wird im August bei einer Tournee des West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung von Daniel Barenboim aufgeführt, unter anderem in Buenos Aires (4. und 5. August), Salzburg (11. August), Luzern (15. August) und London (17. August).

Werk der Woche - Paul Hindemith: Mathis der Maler

Am 1. Mai 2016 findet in Dresden an der Semperoper die Premiere der Oper Mathis der Maler von Paul Hindemith statt. Das Künstlerdrama rund um Mathias Grünewald ist in einer Inszenierung von Jochen Biganzoli zu sehen. Am Pult steht Simone Young, die Titelpartie singt Markus Marquardt.

Der Maler Mathis steht im Dienst von Kardinal Albrecht von Brandenburg und trifft auf den Bauernführer Schwalb und dessen Tochter Regina. Er verhilft den Beiden zur Flucht vor dem Bundesheer und bittet Albrecht seinen Dienst beenden zu dürfen, um selbst gegen die verordnete Armut kämpfen zu können. Mathis erkennt jedoch schnell, dass sein Einsatz vergebens ist. Nach dem Tod von Schwalb kümmert er sich um Regina, beide sind auf der Flucht. Bei einer Rast im Odenwald erscheint Mathis der Kardinal Albrecht in Gestalt des heiligen Petrus. Er befiehlt dem Maler, wieder zur Kunst zurückzukehren. Daraufhin vollendet er sein wichtigstes Werk, den Isenheimer Altar. Der Kardinal will Mathis nun wieder in den Dienst stellen, doch dieser lehnt ab und zieht sich resigniert in die Einsamkeit zurück.

Mathis dem Maler und Paul Hindemith: Ein Zeit- und Ideendrama


Stoffwahl und Entstehungsgeschichte von Mathis der Maler, zu dem Hindemith das Libretto selbst verfasste, sind eng mit seiner eigenen Situation seit 1933 verbunden. Die Gedanken und Gefühle des Komponisten mögen denen von Mathis geähnelt haben. Der Maler ist Sinnbild des leiderfüllten schöpferischen Künstlers, der sich zu Zeiten von Reformation und Kriegen fragt, ob seine Kunst noch eine Daseinsberechtigung besitzt. Er schwankt zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Nach dem einhelligen Erfolg der vorausgehenden Symphonie "Mathis der Maler" folgte massive Propaganda von NS-Kulturpolitikern gegen Hindemith. Nach Furtwänglers gescheitertem Versuch, den Komponisten in Schutz zu nehmen, zog sich Hindemith schrittweise aus Deutschland zurück und emigrierte 1938 in die Schweiz, wo die Oper in Zürich uraufgeführt wurde. Die Gefühlswelt des Künstlers beschreibt Hindemith so:
Von allen Höllenqualen einer zweifelnden, suchenden Seele geplagt, erlebt Mathis den Einbruch einer neuen Zeit mit ihrem unvermeidlichen Umsturz der bisher geltenden Anschauungen. Er geriet in die damals gewaltig arbeitende Maschinerie des Staates und der Kirche, hielt mit seiner Kraft dem Druck dieser Mächte wohl stand, in seinen Bildern berichtet er jedoch deutlich genug, wie die wildbewegten Zeitläufe mit all ihrem Elend, ihren Krankheiten und Kriegen ihn erschüttert haben. – Hindemith

An der Semperoper ist Mathis der Maler bis zum 20. Mai zu sehen. In der kommenden Spielzeit bringt das Staatstheater Mainz das Stück auf die Bühne.

Foto: Frank Höhler