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Werk der Woche - Ludger Vollmer: The Circle

Dave Eggers‘ Roman The Circle aus dem Jahr 2013, der von einem übermächtigen Internetkonzern handelt, avancierte schnell zu einem Weltbestseller. Ludger Vollmer hat den Roman nun als Oper vertont: The Circle wird am 4. Mai 2019 am Deutschen Nationaltheater in Weimar uraufgeführt. Regie bei der Produktion des dystopischen Musiktheaterwerks führt Andrea Moses, Kirill Karabits hat die musikalische Leitung.

In Vollmers Schaffen nimmt die Gattung der Oper eine zentrale Rolle ein, da sie für ihn alle Bereiche des Lebens anspricht und berührt. Folglich befassen sich seine Opern immer wieder mit dringenden gesellschaftlichen Themen unserer Zeit und suchen gezielt ihre Vorlagen: Gegen die Wand und die Lola rennt basieren auf Filmen von Fatih Akin und Tom Tykwer, Border dagegen adaptiert eine antike Tragödie von Euripides und Schillers Räuber orientiert sich an dem bekannten Drama von Friedrich Schiller, Tschick an dem gleichnamigen Roadmovie-Roman von Wolfgang Herrndorf. Stets sucht Vollmer darin Bezüge zu unserer Lebenswirklichkeit und will mit den Themen aufrütteln. The Circle soll in dieser Weise auf die Gefahren aufmerksam machen, denen unsere freiheitliche Demokratie durch den Verlust der Privatsphäre im Internet gegenübersteht.
Meine große Oper The Circle soll mit ihrer Fähigkeit, durch die Musik eine mächtige Dimension der Emotionalität aufzuspannen, den Plot von Eggers neu beleuchten und somit eine hoch brisante gesellschaftliche Entwicklung reflektieren. Nimmt die Vitalität einer Demokratie proportional zur Fähigkeit ihrer Bürger, äußeren Normativen Widerstand zu leisten (oder leisten zu wollen) ab? – Ludger Vollmer

Die Geschichte der Oper The Circle ist nah an das dystopische Szenario der Romanvorlage angelehnt. Im Zentrum steht der namensgebende gigantische Internetkonzern „The Circle“, der sich zum Ziel gesetzt hat, immer tiefer in das Leben aller Menschen einzudringen und ihnen jegliche Privatsphäre zu nehmen. Die Protagonistin Mae beginnt als einfache Mitarbeiterin bei dem Konzern und steigt schnell in der Hierarchie auf, da sie sich dem freiheitsraubenden System vollkommen unterwirft und ihr ganzes Leben sowie das ihres Umfelds preisgibt.

Ludger Vollmer – The Circle: Weltbestseller auf der Opernbühne


In musikalischer Hinsicht bezieht Vollmer Inspiration unter anderem aus außereuropäischer und Alter Musik. Er kennzeichnet verschiedene Figuren und Situationen mit unterschiedlichen Modi und überlagert diese. Auch Einflüsse der Populären Musik fließen in die Oper ein und zeigen sich in Spielanweisungen wie Spiritual oder Soul und daran angelehnte Rhythmen und Satztechniken.

Nach der Premiere finden in Weimar in diesem Jahr noch neun weitere Aufführungen von The Circle statt. Sayaka Shigeshima singt die Rolle der Protagonistin Mae. In weiteren Rollen sind unter anderem Heike Porstein, Oleksandr Pushniak, Jörn Eichler und Ray Chenez zu sehen. Ab 8. Juni 2019 kommt am Pfalztheater Kaiserslautern Vollmers Oper Border in einer neuen Inszenierung heraus.

 

 

Foto: Deutsches Nationaltheater Weimar / Candy Welz

Werk der Woche - Franz Liszt: Sardanapalo

Franz Liszt ist berühmt für seine virtuosen Klavierwerke und seine Sinfonischen Dichtungen. Weniger bekannt ist hingegen sein musikdramatisches Schaffen. Viele Aufzeichnungen zeugen von Liszts Beschäftigung mit der Gattung der Oper, die aber meist nicht über Fragmente hinausging. Am weitesten ausgearbeitet sind die Skizzen zur Oper Sardanapalo. Diese wurden in den vergangenen Jahren von dem Musikwissenschaftler David Trippett rekonstruiert. Am 9. April 2019 wird das Opernfragment im serbischen Novi Sad konzertant aufgeführt.

Anfang der 1840er Jahre wollte Liszt seine schöpferische Bandbreite erweitern, indem er sich der Oper zuwandte. Dafür schwebten ihm unter anderem Stoffe von Goethe, Dumas und Dante vor. Besonders die Werke des englischen Dichters Lord Byron interessierten ihn und er blieb schließlich an dessen Tragödie Sardanapalus von 1821 hängen. Das Libretto zur Oper schrieb ein italienischer Dichter, der für Liszt und die Nachwelt anonym bleiben sollte und mit dem Liszt über eine gemeinsame Freundin korrespondierte. 1850 begann Liszt mit der Komposition des ersten Akts. Die Textfassung für die weiteren Akte blieb jedoch problematisch und unvollendet, was ein möglicher Grund dafür war, dass die Arbeit an der Oper nicht fortgesetzt wurde.

Der namensgebende König Sardanapalo war der letzte König von Assyrien. Wichtiger als Politik, Krieg und Macht waren dem Hedonisten die Freuden des Lebens, besonders die Liebe zu seiner Kurtisane Mirra. Der Staatsmann Beleso kann Sardanapalo schließlich überzeugen, doch in den Krieg zu ziehen – der erste Akt endet mit der Vorahnung der kommenden Schlachten. Doch der Krieg geht verloren, und im Angesicht der Niederlage lässt sich Sardanapalo zusammen mit Mirra inmitten von Düften und Gewürzen verbrennen. Diesen Suizid im Exzess wollte Liszt wohl zum furiosen Finale seiner Oper machen.

Franz Liszt: Sardanapalo – eindrucksvolles, rekonstruiertes Opernfragment


Über 150 Jahre nachdem Liszt den ersten Akt zu Sardanapalo komponierte, übernahm der Musikwissenschaftler Trippett in seiner Rekonstruktion nun die Arbeit, die Liszt einst seinem Assistenten Joachim Raff zugedacht hatte, wie dessen Notizen belegen. Liszts Aufzeichnungen zum ersten Akt enthalten bis auf wenige fehlende Passagen die auskomponierten Singstimmen und ein Particell. Die darin enthaltenen Angaben zur Orchestrierung übernahm Trippett und rekonstruierte zudem fehlende Stellen.
Diese Lücken und die vielfältigen Kurzschriften sind nicht so überraschend, wenn man bedenkt, dass Liszt dieses Manuskript nur für sich selbst geschrieben hat und dass er jeweils genau wusste, was er meinte. Seine musikalische Erinnerungsfähigkeit war phänomenal, er musste nur notieren, was für ihn nicht offensichtlich war. Diesen Kompositionsprozess aufzudröseln und die kreative Entscheidungsfindung nachzuvollziehen, war, wenn man so will, absolut faszinierend. –  David Trippett

Bei der Aufführung in Serbien spielt das Orchester des Serbischen Nationaltheaters unter der Leitung von Gianluca Marcianò. Kürzlich erschien zudem die Ersteinspielung der rekonstruierten Oper beim Label audite. Die Aufnahme entstand bei der konzertanten Uraufführung von Sardanapalo im August 2018 in Weimar. Die Staatskapelle Weimar, die Liszt zu Lebzeiten selbst für einige Jahre geleitet hatte, führte das Opernfragment unter der Leitung von Kirill Karabits auf, in den Gesangsrollen brillierten Joyce El-Khoury, Airam Hernández und Oleksandr Pushniak. Die Entstehungsgeschichte des Opernfragments ist damit aber immer noch nicht vollendet, denn eine szenische Uraufführung steht noch aus…

 

 

Bild: Eugène Delacroix - Der Tod des Sardanapal (1827/1828)

Werk der Woche - Christian Jost: Angst

Die menschliche Psyche und insbesondere das Gefühl der Angst stehen immer wieder im Mittelpunkt von künstlerischen Produktionen. Sowohl in den darstellenden Künsten, im Film, in der Literatur als auch in musikalischen Kompositionen werden die menschlichen Emotionen dargestellt und verarbeitet. Trotzdem handelt es sich bei der Oper Angst – Fünf Pforten einer Reise in das Innere der Angst von Christian Jost um ein Ausnahmestück. Warum es von so besonderer Bedeutung ist, können die Zuschauer ab dem 21. April 2016  im Staatstheater Darmstadt erleben. Sie dürfen sich auf eine spektakuläre Inszenierung freuen, die von einer Produktion des Nationaltheaters Weimar übernommen wird.

Schon die Besetzung der Oper ist eine Besonderheit: Anders als gewohnt handelt es sich um ein Musiktheaterstück nur für Chor und Orchester. Jost verwirft die klassischen Hierarchien von Opern und erhebt den Chor zum Träger der musikalisch-dramatischen Handlung. Der Komponist verarbeitet in seinem Werk die bereits verfilmten Erlebnisse des Extrembergsteigers Joe Simpson, der im Jahre 1985 in den peruanischen Anden verunglückte und in eine Gletscherspalte stürzte. Sein Partner kappte daraufhin das sie verbindende Seil, um nicht selbst in die Spalte heruntergezogen zu werden und ließ seinen Kameraden zurück. Trotz eines gebrochenen Beines und ohne Wasservorräte schaffte Simpson es, die Gletscherspalte zu durchqueren und ins Basislager zurückzukehren. Die Gedanken, Emotionen und Fragen dieser Bergsteiger inspirierten Jost dazu, ihre Gefühlszustände in einer Oper darzustellen.

Angst ist am Staatstheater Darmstadt in insgesamt sechs Vorstellungen zu sehen. Diese Produktion ist aber nicht die einzige Möglichkeit, die Musik von Christian Jost kennen zu lernen: Seine erste Oper Death Knocks nach Woody Allen läuft derzeit noch am Stadttheater Gießen.

Foto: Maik Schuck - Szenenfoto der Inszenierung am Deutschen Nationaltheater Weimar mit dem Opernchor des DNT und der Staatskapelle Weimar, Premiere: 24.09.2015 im E-Werk (Musikalische Leitung: Stefan Solyom, Regie: Karsten Wiegand, Bühne: Bärbl Hohmann, Kostüme: Andrea Fisser, Choreinstudierung: Markus Oppeneiger/Andreas Klippert)