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Werk der Woche – Bernd Alois Zimmermann: Sinfonie in einem Satz

Zwei Orte, zwei Konzerte, zwei Fassungen. Die Spielzeit 2017/2018 ist bei vielen Orchestern dem 100. Geburtstag von Bernd Alois Zimmermann im März 2018 gewidmet. Zu diesem Anlass ist  am 29. Oktober 2017 seine Sinfonie in einem Satz gleich zweimal in Deutschland zu hören: In Saarbrücken spielt die Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern unter der Leitung von Peter Hirsch die erste und in Köln das Gürzenich-Orchester Köln mit Hartmut Haenchen die zweite Fassung. Peter Hirsch war es auch, der nach langer Zeit die erste Fassung wieder zur Aufführung gebracht hatte, so dass heutzutage beide auf den Spielplänen zu finden sind.



Ähnlich wie viele andere Komponisten vor ihm, zögerte auch Zimmermann sich an die mächtige Gattung Sinfonie heranzuwagen. Nach langem Überlegen schrieb er im Auftrag des NWDR Köln die erste Fassung seiner Sinfonie in einem Satz. Anders als der Werktitel vermuten lässt, vereint Zimmermann fünf Sätze in einem durchgehenden Teil, reduziert diesen jedoch auf nur 18 Minuten Länge. Zimmermann verlangt in seiner ersten Fassung einen großen Orchesterapparat, den er um zusätzliche Bläser, Schlagwerk, Harfe, Klavier, Orgel und einem chorischen Streichseptett erweitert.

Die erste Fassung der Sinfonie wurde am 1952 in Köln von dem Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester unter der Leitung von Hans Rosbaud uraufgeführt. Das Stück traf nicht den Geschmack der Zeit und wurde nicht zu einem Erfolg, insbesondere die Verwendung einer Orgel fand keinen Anklang. Zimmermann nahm die öffentliche Kritik und auf Anmerkungen Rosbauds auf und überarbeitete sein Werk gründlich, er strich unter anderem die Orgel und vereinfachte die langen und komplexen Takte. Schon rund ein Jahr später war in Belgien die zweite Fassung des Werkes zu hören, die sich bis zur Wiederbelebung in jüngster Vergangenheit im Konzertbetrieb durchgesetzt hatte.

Bernd Alois Zimmermann -  Sinfonie in einem Satz: Gattung neu gedacht?


Zimmermanns Innovation seiner Sinfonie besteht jedoch nicht allein in der Reduktion der Anzahl der Sätze, sondern darin, aus einer Grundgestalt das Werk erwachsen zu lassen. Es entsteht eine Art musikalischer Sog, der das Publikum ab den ersten Sekunden einnimmt. Die Sinfonie in einem Satz ist durchsetzt von einer unruhigen Anspannung mit unerwarteten Akzenten, die einen überraschenden Ausgang findet.
[D]as sogenannte thematische Material[…] entwickelt sich erst in dem Zusammenwirken verschiedenster Kräfte aus dem amorphen Zustande der musikalischen Keimzelle zum organischen Gefüge des Ganzen, in großen Bögen von apokalyptischer Bedrohung zu meditativer Versenkung schwingend und im Hindurchgang durch alle Stadien des musikalischen Entwicklungsprozesses heftigen dynamischen Evolutionen unterworfen. - Bernd Alois Zimmermann

Die Aufführung der zweiten Fassung wird am 30. und 31. Oktober 2017 vom Gürzenich-Orchester wiederholt. Eine preisgekrönte Aufnahme der ersten Fassung erschien 2016 des Jahres unter der Leitung von Peter Hirsch beim Label WERGO. Die erste Fassung der Sinfonie in einem Satz wird noch am 2. März 2018 im Staatstheater Mainz und am 5. Mai 2018 in der Philharmonie Köln gespielt.

Werk der Woche - Paul Hindemith: Symphonie "Mathis der Maler"

Die Symphonie "Mathis der Maler" entstand im Zuge von Paul Hindemiths Arbeit an seiner gleichnamigen Oper. Als Sujet wählte der Komponist den Isenheimer Altar des Malers Matthias Grünewald, ein Meisterwerk der deutschen Renaissance. Die Filharmonica della Scala spielt das Stück am 10. April unter der Leitung von Daniele Gatti. Daneben spielt die Philharmonie des Nordharzer Städtebundtheaters die Symphonie in ihrem Osterkonzert am 14. und 15. April in Halberstadt und Quedlinburg unter der Leitung von Johannes Rieger. Am 15. April kann man das Stück darüber hinaus bei der Colorado Springs Philharmony unter der Leitung von Thomas Wilson hören.



Jeder Satz der Symphonie beschreibt ein Gemälde des Isenheimer Altars: Der erste Satz Engelkonzert wird in doppelter Funktion auch als Vorspiel für die Oper verwendet. Musikalisch bezieht sich der Komponist auf drei Engel, die für Maria und das Jesuskind musizieren. Der kurze zweite Satz Grablegung basiert auf dem Altarflügel, der die Beisetzung Jesu zeigt. Die Musik setzt mit ihrer sanften, würdevollen Trauer einen Gegenpunkt zu der Gewalt der Kreuzigung. Das Finale Versuchung des Heiligen Antonius orientiert sich in der musikalischen Gestaltung an der wilden und bizarren Natur des Gezeigten: Der Heilige wird von Dämonen und grotesken Figuren im Schlaf geplagt und in Versuchung geführt. Die langsame Eröffnung des Satzes wird hierbei von einer plötzlich einbrechenden Schlagzeug-Attacke unterbrochen und durch ein schnelles Ostinato abgelöst. Eine mittelalterliche Gesangsmelodie verbildlicht den Sieg von Antonius über die Versucher und führt zum Engelkonzert zurück, welches den Satz beschließt.

 

Hindemiths Symphonie "Mathis der Maler“: Ein tönendes Triptychon


 

Die Symphonie "Mathis der Maler“ markiert den Beginn von Hindemiths Stilwandel. Neu ist das Zielen auf außergewöhnliche Klangfarben; so hört man in diesem Werk verstärkt Bläser. Elemente seiner früheren Tonsprache wie die polyphone Grundhaltung und die rhapsodische Melodik sind aber durchaus noch vorhanden. Für das Material seiner Symphonie griff Hindemith auf musikalische Formvorbilder wie das Volkslied Es sungen drei Engel ein'n süßen Gesang zurück. Dieses Lied prägt die Sinfonie, da es sich wie ein Cantus firmus durch das Stück zieht und von Stimme zu Stimme wandert. So orientiert sich Hindemith an alten Formen, die er durch eigene Kompositionen mit neuem Leben füllt:
Was das Orchester spielt, ist nicht durchweg freie Erfindung. Alte Volkslieder, Streitgesänge aus der Reformationszeit und der gregorianische Choral bilden den nährenden Boden für die Mathis-Musik. – Paul Hindemith

Die Badische Philharmonie Pforzheim spielt die Symphonie "Mathis der Maler" darüber hinaus am 30. April unter der Leitung von Markus Huber. Am 12. und 14. Mai wird sie vom Philharmonischen Orchester Cottbus unter der Leitung von Ivo Hentschel gegeben. Parallel hierzu ist die Oper Mathis der Maler noch bis zum 7. Mai am Staatstheater Mainz zu hören.

 

Foto: Jörgens.mi (CC BY-SA 3.0)

Werk der Woche - Paul Hindemith: Mathis der Maler

Am 1. Mai 2016 findet in Dresden an der Semperoper die Premiere der Oper Mathis der Maler von Paul Hindemith statt. Das Künstlerdrama rund um Mathias Grünewald ist in einer Inszenierung von Jochen Biganzoli zu sehen. Am Pult steht Simone Young, die Titelpartie singt Markus Marquardt.

Der Maler Mathis steht im Dienst von Kardinal Albrecht von Brandenburg und trifft auf den Bauernführer Schwalb und dessen Tochter Regina. Er verhilft den Beiden zur Flucht vor dem Bundesheer und bittet Albrecht seinen Dienst beenden zu dürfen, um selbst gegen die verordnete Armut kämpfen zu können. Mathis erkennt jedoch schnell, dass sein Einsatz vergebens ist. Nach dem Tod von Schwalb kümmert er sich um Regina, beide sind auf der Flucht. Bei einer Rast im Odenwald erscheint Mathis der Kardinal Albrecht in Gestalt des heiligen Petrus. Er befiehlt dem Maler, wieder zur Kunst zurückzukehren. Daraufhin vollendet er sein wichtigstes Werk, den Isenheimer Altar. Der Kardinal will Mathis nun wieder in den Dienst stellen, doch dieser lehnt ab und zieht sich resigniert in die Einsamkeit zurück.

Mathis dem Maler und Paul Hindemith: Ein Zeit- und Ideendrama


Stoffwahl und Entstehungsgeschichte von Mathis der Maler, zu dem Hindemith das Libretto selbst verfasste, sind eng mit seiner eigenen Situation seit 1933 verbunden. Die Gedanken und Gefühle des Komponisten mögen denen von Mathis geähnelt haben. Der Maler ist Sinnbild des leiderfüllten schöpferischen Künstlers, der sich zu Zeiten von Reformation und Kriegen fragt, ob seine Kunst noch eine Daseinsberechtigung besitzt. Er schwankt zwischen Hoffnung und Verzweiflung. Nach dem einhelligen Erfolg der vorausgehenden Symphonie "Mathis der Maler" folgte massive Propaganda von NS-Kulturpolitikern gegen Hindemith. Nach Furtwänglers gescheitertem Versuch, den Komponisten in Schutz zu nehmen, zog sich Hindemith schrittweise aus Deutschland zurück und emigrierte 1938 in die Schweiz, wo die Oper in Zürich uraufgeführt wurde. Die Gefühlswelt des Künstlers beschreibt Hindemith so:
Von allen Höllenqualen einer zweifelnden, suchenden Seele geplagt, erlebt Mathis den Einbruch einer neuen Zeit mit ihrem unvermeidlichen Umsturz der bisher geltenden Anschauungen. Er geriet in die damals gewaltig arbeitende Maschinerie des Staates und der Kirche, hielt mit seiner Kraft dem Druck dieser Mächte wohl stand, in seinen Bildern berichtet er jedoch deutlich genug, wie die wildbewegten Zeitläufe mit all ihrem Elend, ihren Krankheiten und Kriegen ihn erschüttert haben. – Hindemith

An der Semperoper ist Mathis der Maler bis zum 20. Mai zu sehen. In der kommenden Spielzeit bringt das Staatstheater Mainz das Stück auf die Bühne.

Foto: Frank Höhler