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Werk der Woche – Hans Werner Henze: Requiem

Die Basel Sinfonietta spielt und streamt am Sonntag, 16. Mai, um 19 Uhr ihr 5. Abo-Konzert unter dem programmatischen Titel "Tod, Trauer, Musik". Unter Leitung des Dirigenten Roland Kluttig präsentiert das auf zeitgenössische Musik spezialisierte Sinfonieorchester im Alten Kraftwerk Basel Hans Werner Henzes Requiem mit Marco Blaauw (Trompete) und Ludovic Van Hellemont (Klavier). Dieses Konzert findet aufgrund der aktuellen Situation noch ohne Publikum vor Ort statt und wird per Live-Stream kostenlos auf der Website des Orchesters übertragen.

Henzes Requiem  überführt tiefe Trauer über den Tod in grandiose Musik: neun geistliche Konzerte für Klavier solo, konzertierende Trompete und großes Kammerorchester. Das gesamte Werk des wohl vielfältigsten und einflussreichsten Komponisten der jüngeren Zeit, ist durchzogen von der Auseinandersetzung mit Tod und Sterben, Verlust und Trauer. Dabei meint Auseinandersetzung hier etwas sowohl Öffentliches wie Persönliches. Henzes Vorstellung der gesellschaftlich und kulturell singulären Rolle, die der Musik zukommen sollte, geht einher mit der besonderen aufklärerischen und sensibilisierenden Funktion, die er ihr zumisst: Musik hat das besondere Vermögen, das öffentlich zu verhandeln, was gemeinhin als das innerste Fühlen und Erleben des Einzelnen gilt.

Die neun Instrumentalstücke des Requiem sprechen von den Ängsten und Nöten der Menschen, von Krankheit und Tod, von der Liebe und von der Einsamkeit und besonders von Henzes 1989 an AIDS verstorbenem Freund Michael Vyner, dem langjährigen Leiter der London Sinfonietta, von dessen Leben und dessen Sterben, und von Henzes Trauer über seinen Verlust, der auch für den Verlust von vielen anderen steht, die ebenfalls tragisch und leidvoll aus der Welt gegangen sind.

Henzes Annährung an das traditionelle Requiem verzichtet vollständig auf die liturgischen Worte und den Gesang. Höchst konkrete Erlebnisse vereinen sich mit der Bilderwelt der lateinischen Totenmesse zu einem persönlichen Abschied, aber auch der beginnende Golfkrieg und Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg finden ihren Niederschlag. Ein Abend im alten Kraftwerk mit Musik, die stark von den Schrecknissen und Passionen der Wirklichkeit, von ihren Schönheiten und ihrer Dynamik beeinflusst ist.

Werk der Woche - Gavin Bryars: Requiem

Am 9. Februar 2019 wird in Amsterdam das neue Requiem von Gavin Bryars uraufgeführt – als Ballett. Choreograph David Dawson verarbeitet das aus zehn Sätzen bestehende und auf liturgischen Texten beruhende Werk als Teil seiner aktuellen Produktion mit den Tänzerinnen und Tänzern des Niederländischen Nationalballetts. Es musizieren Orchester, Chor und Vokalsolisten der Nationale Opera & Ballet unter der Leitung von Matthew Rowe.

Der Auftrag zu dem neuen Stück ist das Ergebnis einer langjährigen und erfolgreichen kreativen Beschäftigung des Choreographen Dawson mit der Musik von Bryars. Dawson nutzte Bryars' String Quartet No. 3 für sein Ballett Reverence, und gemeinsam erarbeiteten beide eine Produktion für das Ballet Vlaanderen in Antwerpen, an deren Ende die Komposition The Third Light für Streichorchester stand.

Gavin Bryars: „Mein persönlichstes Requiem“


Die Gattung Requiem, die christliche Totenmesse, ist für Bryars nicht neu. Er hat bereits mehrere Werke geschrieben, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Thematik befassen. Seine erste Requiem-Komposition, das Cadman Requiem (1989), schrieb er in Erinnerung an seinen Freund Bill Cadman. Es wurde vom Hilliard Ensemble uraufgeführt. Ein Jahr später komponierte er After the Requiem, das Material aus seinem vorherigen Werk verarbeitet. Zusammen erschließen diese beiden Kompositionen eine Periode der Trauer, des Verlusts und des Akzeptierens, wobei das zweite Werk geschrieben wurde, in „diesem Gemütszustand, der bleibt, wenn das Trauern (theoretisch) vorbei ist.“, wie es Bryars selbst ausdrückt. Dennoch sieht er sein neues Requiem als eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit der Gattung:
„Das ist auf jeden Fall mein persönlichstes Requiem. Davids Idee, dass die Tänzer Engel darstellen, als Wesen zwischen Himmel und Erde, erscheint mir sehr stark. Es ist ein schönes Bild, das einen speziellen Trost anbietet: Musiker und Sänger, die die Tänzer durch Raum und Zeit schweben lassen.“
Gavin Bryars

Bryars und Dawson wollen mit dem Requiem das Vergehen der Zeit und die Essenz des Glaubens erkunden. Dawson beschrieb das Stück darüber hinaus als eine Methode, die Vergangenheit anzunehmen und sich an sie zu erinnern, um nicht alte Fehler zu wiederholen. Bis zum 1. März 2019 wird die Ballettproduktion noch sechs weitere Male in Amsterdam aufgeführt.

 

Foto: Het Nationale Ballet / Alain Honorez

Werk der Woche - Paul Hindemith: When lilacs last in the door-yard bloom‘d

2019 feiert die Welt den 200. Geburtstag des großen amerikanische Dichters Walt Whitman. Von ihm stammen die Worte für Paul Hindemiths Requiem When lilacmay s last in the door-yard bloom‘d. Das Werk  ist am 18. und 19. Januar 2018 in der Elbphilharmonie Hamburg mit Gerhild Romberger und Matthias Goerne als Soli sowie dem RIAS Kammerchor, dem NDR Chor und dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter der Leitung  von Christoph Eschenbach zu hören.

Hindemith komponierte das Werk  für Mezzosopran, Bariton, gemischten Chor und Orchester im amerikanischen Exil kurz nach seiner Einbürgerung. Er verneigt sich damit vor dem Land, das ihn so bereitwillig aufnahm. Grundlage bildet Whitmans gleichnamiges Gedicht. Hindemiths Bewunderung für diese Dichtung drückte sich jedoch schon in früheren Kompositionen aus:  Bereits 1919 vertonte er die neunte Strophe in seinen 3 Hymnen von Walt Withman und in einem Lied der 9 English Songs in den frühen 1940er Jahren. Letzteres verwendete er auch in seinem 1946 vollendeten  Requiem, das im gleichen Jahr noch in New York uraufgeführt wurde. Die selbst angefertigte deutsche Fassung  kam erstmals 1948 in Perugia zur Aufführung.

Paul Hindemith: A Requiem ‚for those we love‘ – Gedenken an die Opfer des Krieges


Das Requiem war eine Auftragskomposition zum Tod des Amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt, wodurch eine geschichtliche Parallele zu Whitmans Gedicht entsteht: In diesem drückt der Dichter seine Betroffenheit angesichts des Todes Abraham Lincolns aus. Durch Hindemiths zusätzliche Bezeichnung „for those we love“ erlangt das Requiem jedoch über diesen Kontext hinaus größere Bedeutung. So bezieht er den in Whitmans Text thematisierten Frieden und die Verbrüderung der Feinde auf den ausgehenden Krieg und drückt seine Verzweiflung und Anteilnahme über das Schicksal der Juden während der NS-Zeit aus. Hierbei verarbeitet er musikalisch die poetisch-symbolischen Bildmotive Flieder, Vogel und Stern, die für Liebe, Gesang und Persönlichkeit stehen.
In jungen Jahren mag Landschaft, Stimmung, Erziehung und persönliche Verbundenheit zu Dingen und Ereignissen ein wichtiger Stimulus für die künstlerische Arbeit sein. Ich finde aber nun, dass die Geschichte von Personen, Ereignissen und Erlebnissen sowie ihre Interpretation und Gestaltung durch künstlerische Mittel gar nicht so sehr mit diesen Äußerlichkeiten verbunden ist. Es kommt darauf an, wie einer seine Erfahrungen verarbeitet und nicht darauf, immer wieder neue an Ort und Stelle zu sammeln… - Paul Hindemith

Besonders in der Aufnahme mit Cornelia Kallisch, Krister St. Hill, dem Rundfunkchor Berlin und dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter der Leitung von Lothar Zagrosek kommt Hindemiths Werk zur Geltung. Zu den bevorstehenden 200. Geburtstagen der Dichter Walt Whitman und Herman Melville im Jahr 2019 haben wir in der neuen Ausgabe von Schott Journal Repertoire zum Thema "American Romantics" zusammengestellt. Unten können Sie das Heft als PDF-Datei herunterladen und diese besondere Farbe der Weltliteratur in musikalischer Form entdecken.

 

Werk der Woche - Karl Amadeus Hartmann: 1. Symphonie: Versuch eines Requiems

Karl Amadeus Hartmann komponierte seine 1. Symphonie für Alt-Stimme und Orchester im Jahre 1935. Durch seine offen regimekritische Haltung wurde seine Musik als entartet eingestuft und somit musste der Komponist über 10 Jahre warten bis das Werk 1948 endlich zur Uraufführung kam. Inzwischen gehört die Komposition zum Standardrepertoire im Bereich Neue Musik und wird am 27. Mai 2016 in Rotterdam zu hören sein. Arie van Beek dirigiert das Rotterdams Philharmonisch Orkest und den Part der Alt-Solistin übernimmt Kismara Pessatti.

Das Stück trägt den Untertitel "Der Versuch eines Requiems" und war ursprünglich als Kantate Lamento gedacht. Erst nach weiteren Zwischenstufen reifte das Werk 1955 zur 1. Symphonie heran. Als Textgrundlage wählte der Münchner Komponist Gedichte des amerikanischen Freiheitspoeten Walt Whitman, von dem auch Paul Hindemith Texte für sein Requiem "for those we love" vertonte.

Karl Amadeus Hartmanns Versuch eines Requiems: Musik gegen den Krieg


Die Symphonie folgt nicht der klassischen viersätzigen Form, sondern besteht aus fünf Sätzen (Introduktion: Elend, Frühling, Thema in vier Variationen, Tränen sowie Epilog: Bitte), die konzentrisch angelegt sind. Den Mittelpunkt der Komposition bildet ein reiner Instrumentalsatz, ein "Lied ohne Worte", in dem Hartmann ein Thema aus seiner Anti-Kriegsoper Simplicius Simplicissimus in Form eines Variationssatzes verarbeitet. Die 1. Symphonie schrieb Hartmann wie viele seiner Werke unter den Eindrücken des Nazi-Regimes. Seine Motivation und Gefühlslage zum Zeitpunkt der Komposition beschreibt Hartmann so:
Dann kam das Jahr 1933, mit seinem Elend und seiner Hoffnungslosigkeit, mit ihm dasjenige, was sich folgerichtig aus der Idee der Gewaltherrschaft entwickeln musste, das furchtbarste aller Verbrechen – der Krieg. In diesem Jahr erkannte ich, dass es notwendig sei, ein Bekenntnis abzulegen, nicht aus Verzweiflung und Angst vor jener Macht, sondern als Gegenaktion. Ich sagte mir, dass die Freiheit siegt, auch dann, wenn wir vernichtet werden – das glaubte ich jedenfalls damals. Ich schrieb in dieser Zeit mein 1. Streichquartett, das Poème symphonique "Miserae" und meine 1. Symphonie mit den Worten von Walt Whitman: "Ich sitze und schaue aus auf alle Plagen der Welt und auf alle Bedrängnis und Schmach…" – Hartmann

Ein anderes bekenntnishaftes Werk, Hartmanns düsteres Concerto funebre für Solo-Violine und Orchester, ist am 4. Juni bei den Wiener Festwochen mit Patricia Kopatchinskaja als Solistin zu hören;  Bas Wiegers leitet das Klangforum Wien. Am 4. und 5. Juli wird das Konzertwerk vom Studio-Orchester München unter Christoph Adt in der Reaktorhalle München gespielt.