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Werk der Woche – Jörg Widmann: ARCHE

Am 13. Januar 2017 findet das erste öffentliche Konzert in der neuen Elbphilharmonie in Hamburg statt. Zu diesem besonderen Anlass wird das Oratorium ARCHE von Jörg Widmann uraufgeführt. Die abendfüllende Auftragskomposition ist für Soli, Chöre, Orgel und Orchester geschrieben. Es spielt das Philharmonische Staatsorchester Hamburg unter der Leitung von Generalmusikdirektor Kent Nagano. Solisten sind Marlis Petersen (Sopran) und Thomas E. Bauer (Bariton), dazu singen der Staatsopernchor, der Chor der AUDI Jugendchorakademie sowie die Hamburger Alsterspatzen.

ARCHE beschäftigt sich mit der zweifelnden Hinwendung der Menschen zu Gott, von dem keine Antworten mehr zu kommen scheinen. Im gesamten Werk stehen sich Gut und Böse gegenüber.  Es ist ein Weltendrama, in dem sich der Mensch ungeschützt mit seinen Wünschen, Hoffnungen, Ängsten und seiner Utopie einer möglich besseren Welt zeigt. Dazu hat Widmann Texte aus unterschiedlichen Jahrhunderten ausgewählt: Sie stammen unter anderem von Dichtern wie Matthias Claudius und Friedrich Schiller, von Philosophen wie Friedrich Nietzsche und aus der Bibel. Ebenso vielfältig sind die musikalischen Formen, die vom einfachen Klavierlied bis hin zum großen Tutti mit Chören reichen.

Jörg Widmanns ARCHE – Es werde Klang


Das Oratorium beginnt mit dem ersten Akt "Fiat Lux / Es werde Licht", in dem zwei Kinder als Sprecher vom Schöpfungsakt berichten. Gleich darauf, im zweiten Akt "Die Sintflut" ertönen gewaltige Klangmassen, die geradezu physisch die Gewalt dieses Vernichtungsaktes spürbar werden lassen. Es folgt eine Art Traum im dritten Akt "Liebe", aber noch bevor das Lob der Liebe verklingt, wird von einem Doppelmord aus Eifersucht berichtet: Sogar die Liebe weiß sich nicht vor dem Bösen zu schützen. Mit der Vertonung des "Dies Irae" in Verbindung mit Schillers "Ode an die Freude" lenkt Widmann im vierten Akt den Blick auf das Leben, den Tod und die Hoffnung auf Erlösung. Das "Dona eis requiem" wandelt sich im letzten Akt zu "Dona nobis pacem". Doch eine alleinige Ausflucht zu Gott lässt der Kinderchor nicht zu: Er fordert, dass zunächst der Mensch die Verantwortung für sein Fortbestehen selber übernehmen müsse. Dann erst wird Frieden unter den Menschen möglich – nun mit einem liebenden Gott, nicht mehr unter dem strafenden Gott der Sintflut.

Die Elbphilharmonie mit ihrer Lage am Wasser und ihrer an Schiffe und Segel erinnernden Architektur hat Widmann zu ARCHE inspiriert:
Das ist eine Kultur-Arche, wo wir Menschen mit unserem Glück, aber auch mit unseren Nöten – gerade in dieser sehr bewegten, heftigen Zeit – einen Zufluchtsort finden. Wo Kunst stattfindet, wo Musik stattfindet. Eine Arche in politisch stürmischster See. Ich find's fantastisch, dass das gebaut wurde. Es hat auch etwas Sakrales. – Jörg Widmann

Im Rahmen des dreiwöchigen Festprogrammes gelangt mit der Sonatina facile beim Klavierabend von Mitsuko Uchida am 18. Januar ein weiteres Werk von Widmann zur Uraufführung.

 

Fotos:
- Elbphilharmonie Hamburg: Maxim Schulz, 2016.
- Jörg Widmann (rechts) mit Kent Nagano: Hannes Rathjen, 2016.

Werk der Woche – Paul Hindemith: Symphonic Metamorphosis

Paul Hindemiths Symphonic Metamorphosis on Themes by Carl Maria von Weber werden in dieser Woche gleich zweimal aufgeführt: Das Suffolk Youth Orchestra spielt sie am 3. August unter der Leitung von Philip Shaw in der Snape Maltings Concert Hall und Teddy Abrams dirigiert am 6. August das Britt Festival Orchestra im Rahmen des Britt Music & Arts Festivals in Jacksonville.



1936 erhielten Hindemiths Arbeiten ein Aufführungsverbot in Deutschland, woraufhin der Komponist vier Jahre später in die USA umsiedelte. In dieser Zeit entstand das Orchesterwerk Symphonic Metamorphosis als das erste in den USA komponierte Werk Hindemiths.

Paul Hindemiths Symphonic Metamorphosis – Die Verwandlung von Ballett in Sinfonie


Für den Tänzer und Choreographen Léonide Massine hatte Hindemith bereits 1938 die Ballettmusik Nobilissima Visione geschrieben, die diesen zu einem neuen Auftrag veranlasste: Massine bat den Komponisten, Klavierstücke von Carl Maria von Weber zu instrumentieren, die dann zu einer Ballettmusik zusammengefügt werden sollten. Doch die beiden Künstler konnten sich nicht einigen. Hindemith entschied sich gegen Massines Vorschläge und komponierte nicht nur Variationen über Themen von Carl Maria von Weber sondern schrieb diese auch frei in seinem eigenen Stil um. Er habe sie „leicht gefärbt und schärfer gemacht“, schreibt Hindemith seiner Frau in einem Brief. Massine lehnte das Ergebnis als zu komplex ab, sodass das Projekt vorerst liegen blieb. Erst 1944 wurden Hindemiths Symphonic Metamorphosis vom New York Philharmonic Orchestra unter Artur Rodzinski uraufgeführt. Virtuosität, Fantasie und Humor kennzeichnen das Stück. Vor allem das Turandot-Scherzo begeistert durch sein pentatonisches Motiv und sein übermütiges Jazz-Fugato für Bläser und Schlagwerk.
Unter all denen, die am Erschaffen, Verteilen und Genießen von Musik beteiligt sind, ist es immer der singende oder spielende Ausführende, der mit der Technik, die in einem Musikstück aufgewendet ist, am engsten in Berührung kommt. Die einwandfreie technische Beschaffenheit eines Meisterwerks, das er aufführt, wird für seine eigene Technik des Reproduzierens immer die stärkste Anregung sein; er wird immer von der Vollkommenheit der Komposition auf seinem Weg geleitet werden; so erreicht er sein Ziel: dem Zuhörer größten künstlerischen Genuß zu verschaffen. – Paul Hindemith

In den vergangenen Tagen spielte das Suffolk Youth Orchestra die Symphonic Metamorphosis auch in Deutschland, unter anderem in Wittenberg, Magdeburg und Dessau. Am 6. August gibt es die ersten drei Sätze des Orchesterwerks Allegro, Turandot-Scherzo und Andantino in einer Bearbeitung für Blasorchester zu hören: Es spielt das Orchester des Interlochen Center for the Arts unter der Leitung von Steve Davis.

Außerdem findet am 28. August eine Aufführung der Kammermusik Nr. 1 im Rahmen der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern statt. Mitglieder des Philharmonischen Staatsorchesters Hamburg spielen unter der Leitung von Kent Nagano.

Werk der Woche - Toshio Hosokawa: Stilles Meer

Mit seiner neuen Oper Stilles Meer, die am 24. Januar 2016 in der Staatsoper Hamburg uraufgeführt wird, bringt der japanische Komponist die Trauer über die Opfer des Tsunamis von 2011 und der Atomkatastrophe von Fukushima zum Ausdruck. Das Stück wird von Oriza Hirata inszeniert und steht unter der musikalischen Leitung von Kent Nagano.

In Stilles Meer trauert die Hauptfigur Claudia um ihren geliebten Sohn, der beim Tsunami in Tôhoku ums Leben gekommen ist. Sie verarbeitet ihren Schmerz in Gesängen und buddhistischen Gebeten. Die japanische Zeremonie des Tôrô nagashi ist ein zentrales Element der Handlung: Papierlaternen werden als Sinnbild für die Seelen der Toten aufs Meer gesetzt und der Quelle des Lebens zurückgegeben.

Stilles Meer: Traditionelles Theater mit aktuellem Bezug


Mehrere Einflüsse haben auf das Libretto der Oper eingewirkt: Der Handlung des Stücks liegt das traditionelle japanische Theaterstück Sumidagwa zugrunde. Diesem Stoff ist Hosokawa in Benjamin Brittens Curlew River begenet, der ihn in einen christlichen Kontext stellt. In Stilles Meer liegt der Schwerpunkt nun aber auf dem ursprünglich buddhistischen Charakter der Geschichte. Weitere Inspiration für sein Werk bezieht Hosokawa aus der Erinnerungskultur seines Heimatlandes und dessen Verarbeitung der traumatischen Ereignisse vor fünf Jahren:
Das Tôhoku-Erdbeben und der Tsunami im Jahr 2011 sowie die dadurch ausgelöste Atomkatastrophe ließen mich erneut über Naturgewalten und die menschliche Arroganz nachdenken. Meine Musik entsteht in tiefem Einklang mit der Natur und soll dazu anregen, einmal mehr zu reflektieren, dass die Menschheit die elementare Kraft der Natur gleichermaßen respektiert wie fürchtet, und wie sie bei dem Versuch, die Natur zu kontrollieren und zu dominieren, diese letztendlich zerstört. - Hosokawa

Stilles Meer ist an der Staatsoper Hamburg vom 24. Januar bis zum 13. Februar 2016 insgesamt fünf Mal zu sehen. Eine enge thematische Verknüpfung besteht zu Hosokawas Komposition Klage für Sopran und Orchester. Hier trauert ebenfalls eine Mutter um ihr Kind, das beim Erdbeben in Japan ums Leben gekommen ist.  Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg spielt das Stück am 10. und 11. April 2016 in der Laeiszhalle. Die Mezzosopranistin Mihoko Fujimura, die in Stilles Meer die Rolle der Haruko übernimmt, wirkt auch in diesem Werk als Solistin mit.

Foto: Staatsoper Hamburg
(23.01.2016)