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Werk der Woche – Chaya Czernowin: Guardian

In der intensiven Beschäftigung mit den Eigenschaften von Zeit fand Chaya Czernowin die Inspiration für ihr neues Werk Guardian. Am 22. Oktober 2017 wird es vom SWR-Sinfonieorchester im Abschlusskonzert der Donaueschinger Musiktage in der BAAR Sporthalle Donaueschingen uraufgeführt. Pablo Rus Broseta dirigiert das Konzert für Cello und Orchester, mit der Solistin Séverine Ballon, der Czernowin das Werk gewidmet hat.



Im Traum durchlebt der Mensch einen Zeitraum von mehreren Stunden oder Tagen innerhalb weniger Minuten. Das Gehirn erschafft dabei eine grenzenlose andere Welt, in der die Zeit dehnbar und komprimierbar ist. Dabei verarbeiten wir Erlebnisse oder erträumen uns eine zweite Wirklichkeit. Auf diese Weise arbeitet auch Czernowins ich ihrer Komposition Guardian, sodass sie damit eine düstere Traumwelt erschafft, in der die Zeit formbar wirkt. In der Musik entsteht ein Gegenentwurf zur realen Welt.

Chaya Czernowin – Guardian:  Frage nach Zeit und Identität


Czernowin bedient sich den klassischen Elementen des Solokonzerts, mit einer geläufigen Aufteilung von Solo- und Tutti-Passagen und einer Kadenz des Cellos kurz vor Schluss. Die Rollenverteilung unter der Oberfläche ist jedoch eine andere: Immer wieder fusionieren die beiden Klangkörper und lösen sich wieder voneinander. Das Cello entwickelt sich aus dem Orchester heraus, um mit wachsendem Klang dieses wieder in sich aufzunehmen. Umgekehrt lässt Czernowin das Orchester agieren, als sei es ein Cello, indem beispielsweise in den Bläsern mehr Luft als Töne zu hören sind, was an das Spielen auf dem Steg erinnert, oder wenn alle Instrumente clusterartig im dreifachen Pianissimo zu einem Klang verschmelzen.

In einem Moment singt das Cello auf zerbrechliche Weise, im anderen tönt es gewaltig wie ein wildes Tier. Für die extreme dynamische Bandbreite wird das Cello von zwei Lautsprechern unterstützt, damit auch die leisesten Partien noch im ganzen Saal zu hören sind. Czernowin nutzt jede denkbare Möglichkeit der Instrumente, nicht nur Klänge, sondern auch Geräusche zu erzeugen, um Nuancen und Farben zu kreieren, mit denen sie den Hörer in eine andere Welt versetzt.

Guardian ist ein fließendes Wechselspiel aus dem ständigen Verschmelzen und sich voneinander Lösen zweier Klangkörper. Orchester und Soloinstrument agieren als gleichwertige, sich gegenseitig unterstützende Partner.
Die offene Form in der […] visuellen Computerarbeit ermöglicht die multidimensionale Entwicklung von Objekten […], da jederzeit der eine oder andere Parameter der Gestalt in den Vordergrund tritt und die Gesamtform beeinflusst. Auf diese Weise denkt das Konzert. – Chaya Czernowin

Am 17. November folgt die luxemburgische Erstaufführung im Rahmen des Festival rainy days der Philharmonie Luxembourg. Séverine Ballon tritt mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter der Leitung von Roland Kluttig auf.