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Werk der Woche - Karl Amadeus Hartmann: 1. Symphonie: Versuch eines Requiems

Karl Amadeus Hartmann komponierte seine 1. Symphonie für Alt-Stimme und Orchester im Jahre 1935. Durch seine offen regimekritische Haltung wurde seine Musik als entartet eingestuft und somit musste der Komponist über 10 Jahre warten bis das Werk 1948 endlich zur Uraufführung kam. Inzwischen gehört die Komposition zum Standardrepertoire im Bereich Neue Musik und wird am 27. Mai 2016 in Rotterdam zu hören sein. Arie van Beek dirigiert das Rotterdams Philharmonisch Orkest und den Part der Alt-Solistin übernimmt Kismara Pessatti.

Das Stück trägt den Untertitel "Der Versuch eines Requiems" und war ursprünglich als Kantate Lamento gedacht. Erst nach weiteren Zwischenstufen reifte das Werk 1955 zur 1. Symphonie heran. Als Textgrundlage wählte der Münchner Komponist Gedichte des amerikanischen Freiheitspoeten Walt Whitman, von dem auch Paul Hindemith Texte für sein Requiem "for those we love" vertonte.

Karl Amadeus Hartmanns Versuch eines Requiems: Musik gegen den Krieg


Die Symphonie folgt nicht der klassischen viersätzigen Form, sondern besteht aus fünf Sätzen (Introduktion: Elend, Frühling, Thema in vier Variationen, Tränen sowie Epilog: Bitte), die konzentrisch angelegt sind. Den Mittelpunkt der Komposition bildet ein reiner Instrumentalsatz, ein "Lied ohne Worte", in dem Hartmann ein Thema aus seiner Anti-Kriegsoper Simplicius Simplicissimus in Form eines Variationssatzes verarbeitet. Die 1. Symphonie schrieb Hartmann wie viele seiner Werke unter den Eindrücken des Nazi-Regimes. Seine Motivation und Gefühlslage zum Zeitpunkt der Komposition beschreibt Hartmann so:
Dann kam das Jahr 1933, mit seinem Elend und seiner Hoffnungslosigkeit, mit ihm dasjenige, was sich folgerichtig aus der Idee der Gewaltherrschaft entwickeln musste, das furchtbarste aller Verbrechen – der Krieg. In diesem Jahr erkannte ich, dass es notwendig sei, ein Bekenntnis abzulegen, nicht aus Verzweiflung und Angst vor jener Macht, sondern als Gegenaktion. Ich sagte mir, dass die Freiheit siegt, auch dann, wenn wir vernichtet werden – das glaubte ich jedenfalls damals. Ich schrieb in dieser Zeit mein 1. Streichquartett, das Poème symphonique "Miserae" und meine 1. Symphonie mit den Worten von Walt Whitman: "Ich sitze und schaue aus auf alle Plagen der Welt und auf alle Bedrängnis und Schmach…" – Hartmann

Ein anderes bekenntnishaftes Werk, Hartmanns düsteres Concerto funebre für Solo-Violine und Orchester, ist am 4. Juni bei den Wiener Festwochen mit Patricia Kopatchinskaja als Solistin zu hören;  Bas Wiegers leitet das Klangforum Wien. Am 4. und 5. Juli wird das Konzertwerk vom Studio-Orchester München unter Christoph Adt in der Reaktorhalle München gespielt.

Werk der Woche - Peter Eötvös: Senza sangue

In seiner Oper Senza sangue behandelt Peter Eötvös die Themen Mord, Rache, Vergebung und Sehnsucht. Eine Mischung, die viele psychologische Fragen aufwirft. Wie diese Elemente in der Oper verknüpft werden und ob Antworten gegeben werden, können die Zuschauer am 15. Mai 2016 bei der szenischen Uraufführung selbst erleben. Das Werk wird an der Opéra Grand Avignon aufgeführt und Eötvös wird bei der Inszenierung von Róbert Alföldi die musikalische Leitung übernehmen. Im vergangenen Jahr wurde Senza sangue konzertant uraufgeführt und war bereits in Köln, New York, Göteborg und Bergen zu hören.

Die Oper basiert auf der gleichnamigen Novelle des italienischen Autors Alessandro Baricco, die 2002 veröffentlicht wurde. Zur Handlung gibt es eine Vorgeschichte: Während des Spanischen Bürgerkriegs tötet ein junger Mann mit seinen Kameraden die Familie eines kleinen Mädchens. Die Blicke des Mannes und des Mädchens treffen sich und er entschließt sich, sie zu verschonen. Der Zuschauer erlebt nun, wie sich die inzwischen erwachsene Frau und der Mann erneut begegnen. Anders als erwartet ist die Frau nicht gekommen, um Rache zu nehmen, wie sie es bei seinen Kameraden getan hatte, sondern in der Hoffnung auf seelische Erlösung. Der Blick, der vor langer Zeit ihr Leben verändert hatte, solle sie nun retten.

Peter Eötvös' Weg zu seiner Oper Senza sangue


Eötvös ließ sich bei seiner Oper nicht nur von Bariccos Novelle inspirieren, sondern auch durch Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg. Mit der Absicht, ein Kopplungswerk für einen Doppelabend mit Bartóks Einakter zu schaffen, übernahm Eötvös dessen Instrumentierung mit Ausnahme der Orgel. Es bleibt aber nicht bei dieser Gemeinsamkeit: Auch die Personenkonstellation und die Dramaturgie in Form der allmählichen Enthüllung seelischer Abgründe orientiert sich an Herzog Blaubarts Burg.

Eötvös beschreibt seinen Kompositionsprozess so:
Senza Sangue ist meine zehnte Oper. Ich habe mich auf sie vorbereitet wie ein Filmregisseur, der seinen nächsten Film in Schwarzweiß drehen will. In meinen früheren Opern habe ich mich um farbige Klangpaletten bemüht; hier suche ich dagegen scharfe Kontraste und Schattierungen in Schwarz, Grau und Weiß. In der Orchesterpartitur habe ich den Akzent auf Klangballung statt auf Eigenständigkeit der Stimmen gelegt: Viele Instrumente spielen gleiche Melodieverläufe und erzeugen so einen kräftigen Klang, ähnlich wie in der japanischen Kalligrafie mit einem Strich eines dicken Pinsels eine einzige schwarze Linie gezogen wird. – Peter Eötvös

Die Oper Senza sangue wird in diesem Jahr szenisch noch beim Armel Opera Festival in Budapest (Regie: Robert Alföldi) und an der Hamburgischen Staatsoper (Regie: Dmitri Tcherniakov) zu sehen sein. 2017 folgt konzertant die britische Erstaufführung mit Simone Young und dem BBC Symphony Orchestra in der Londoner Barbican Hall.

Foto: Klaus Rudolph

Werk der Woche - Pēteris Vasks: Da pacem, Domine

Anlässlich seines 70. Geburtstags wird am 16. April 2016 erstmals das neuste Werk von Pēteris Vasks Da pacem, Domine im Dom zu Riga aufgeführt. Wie so oft geht es dem Komponisten auch in diesem Stück um den Wunsch nach Frieden. Aber auch andere Themen unserer Zeit fließen immer wieder in Vasks' Kompositionen ein. So thematisiert er sowohl die Schönheit der Natur, die ökologische Zerstörung der Welt als auch seine Erfahrungen mit Krieg und Terror.

Als Sohn eines baptistischen Pfarrers wurde Vasks 1946 in Lettland geboren. Nicht nur auf Grund seiner Religiosität, sondern auch wegen seiner künstlerischen Überzeugungen war der Komponist in seinem Heimatland Repressalien ausgesetzt. Die Okkupation durch die Sowjetunion prägte das Aufwachsen des lettischen Musikers stark, wodurch sein Glaube und seine moralischen Werte gefestigt wurden. Vasks studierte zunächst Geige in Riga, daraufhin folgten ein Kontrabass-Studium an der Litauischen Musikakademie und schließlich das Studium der Komposition an der Lettischen Musikhochschule.

Musik, Erziehung und Moral von Pēteris Vasks


Vasks selbst beschreibt sein Vorgehen und seine moralischen Grundsätze beim Komponieren so:
Das kommt alles von meinem Vater. Wie expressiv seine Sprache, seine Bewegung war, wenn er predigte! Er arbeitete hart und sehr viel an der Vorbereitung, und wenn er dann die Predigt hielt, so war das wie aus dem Moment entstanden unmittelbar für die Menschen, mit dem ganzen Ausdruck. Es geht um Ideale, um Glauben und um Liebe. Das sind die Botschaften meiner Musik, die ich den Menschen mitteilen muss. Und wie ich das mache, so bin ich – das ist mein Charakter. –Vasks

Anders als zu erwarten wäre, verwendet Vasks seine Musik nicht, um Menschen missionieren zu wollen. Es geht ihm vielmehr um das Erreichen eines menschlichen Urimpulses unabhängig von jedweder Religion. Somit sind seine Kompositionen allgemeingültige Werke, die in jedem Menschen etwas bewegen sollen. Im Rahmen dieses Geburtstagskonzertes werden noch weitere Stücke des lettischen Komponisten aufgeführt. Unter der musikalischen Leitung von Sigvards Kļava und Normunds Šnē zusammen mit dem lettischen Rundfunkchor und der Sinfonietta Riga wird das Pater noster, die Musica appassionata, der Einsame Engel, The Fruit of silence sowie die Musica serena zu hören sein.

Foto: Mélanie Gomez

Werk der Woche - Viktor Ullmann: Der Kaiser von Atlantis

Viktor Ullmanns einaktige Kammeroper Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung feiert am 19. Februar 2016 in Dresden Premiere. Die Regisseurin Christiane Lutz inszeniert das Stück an der Semper Zwei, der zweiten Spielstätte der Semperoper, die musikalische Leitung übernimmt Johannes Wulff-Woesten.

Ein grausamer Herrscher kündigt den Krieg aller gegen alle an. Doch der Tod setzt dem Massenmorden ein Ende, indem er seinen Dienst verweigert: Nun leben alle Menschen ewig. So ist der Kaiser zwar entmachtet, aber die Menschen sehnen sich nach Erlösung vom Schmerz des Lebens. Nur der freiwillige Tod des Kaisers kann dem Tod seine eigentliche Bestimmung zurückgeben.

Ullmann verarbeitet die Grauen des Zweiten Weltkrieges


Ullmann komponierte diese Oper 1943 während seiner Internierung im KZ Theresienstadt. Das Kammerensemble des Lagers sollte das Werk spielen, die Uraufführung wurde jedoch nach der Generalprobe verboten. Ein Jahr später übergab der Komponist sein Autograph und das Textbuch einem Freund, bevor er nach Auschwitz deportiert und ermordet wurde. So konnte Ullmanns Musik gerettet werden.
Ich habe in Theresienstadt ziemlich viel neue Musik geschrieben, meist um den Bedürfnissen und Wünschen von Dirigenten, Regisseuren, Pianisten, Sängern und damit den Bedürfnissen der Freizeitgestaltung des Ghettos zu genügen [...]. Zu betonen ist nur, dass ich in meiner musikalischen Arbeit durch Theresienstadt gefördert und nicht etwa gehemmt worden bin, dass wir keineswegs bloß klagend an Babylons Flüssen saßen und dass unser Kulturwille unserem Lebenswillen adäquat war; und ich bin überzeugt davon, dass alle, die bestrebt waren, in Leben und Kunst die Form dem widerstrebenden Stoffe abzuringen, mir Recht geben werden. – Viktor Ullmann

In Dresden wird Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung vom 19. Februar bis zum 6. März 2016 insgesamt neun Mal aufgeführt. Von dieser Kammeroper sind mehrere Fassungen und Manuskripte erhalten, die das Werk in unterschiedlichen Stadien vor und nach der Zensur dokumentieren. Bei Schott ist nun erstmals eine Studienpartitur der Edition Eulenburg (ETP 8067) erschienen, in der alle überlieferten Varianten des Werkes enthalten und einander gegenübergestellt sind.

Foto: Sächsische Staatsoper

Werk der Woche - Giuseppe Verdi: Don Carlo

Am 16. Januar 2016 feiert Giuseppe Verdis Don Carlo an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul in der Inszenierung von Michael Heinicke Premiere. Die musikalische Leitung hat Jan Michael Horstmann inne. Das Theater verwendet das Aufführungsmaterial der revidierten Neuausgabe der Verlagsgruppe Hermann, das in der Reihe "Edition Meisterwerke" erschienen und bei Schott erhältlich ist. Die Ausgabe zeichnet sich durch einen neuen Notensatz, vereinheitlichte Partituren, Stimmen und Klavierauszüge und umfangreiche Korrekturen gegenüber den Erstausgaben aus.

Die Oper Don Carlo zeigt, wie Liebe und Eifersucht die Politik beeinflussen können. Um das Jahr 1560 stehen Spanien und Frankreich kurz vor einem Friedensschluss, der mit der Hochzeit des spanischen Königs Philipp und der französischen Prinzessin Elisabeth besiegelt werden soll. Diese jedoch ist in den Sohn des Königs, Infant Carlos, verliebt. Pflichtbewusst entscheidet sie sich gegen die Liebe und für die Politik – sie heiratet König Philipp. Dies ist der Ausgangspunkt für die Oper. Im Folgenden prägen Eifersucht und Liebeskummer die Beziehungen der Figuren und ihr Handeln.

Verdis Kompositionsstil in Don Carlo


Verdi hinterließ mehrere Fassungen von Don Carlo. Erstmals vertonte er den Stoff 1867 in fünf Akten für die Opéra in Paris. An unterschiedlichen Aufführungsorten wurden einige Änderungen vorgenommen, bis am 10. Januar 1884 eine kürzere Fassung am Teatro alla Scala in Mailand aufgeführt wurde. Die Landesbühnen Sachsen führen nun die spätere, vieraktige Fassung auf. In Don Carlo verabschiedet sich Verdi vom traditionellen Arien-Typus des Belcanto. Stattdessen komponiert er dramatische Soloszenen, wofür unter anderem König Philipps Monolog "Ella giammai m’amo" ("Sie hat mich nie geliebt") ein Beispiel ist. Die dramatische Stimmung einzelner Szenen wird zudem noch durch eine größere Selbstständigkeit des Orchesters verstärkt.
Nun bin ich also ein perfekter Wagnerianer! Hätten die Kritiker nur ein wenig aufgepasst, so hätten sie gemerkt, dass die gleichen Dinge bereits im Terzett des "Ernani", in der Nachtwandel-Szene des "Macbeth"und in manchem anderen meiner früheren Stücke stehen. Die Frage ist auch nicht, ob Don Carlo in einem bestimmten Stil komponiert ist oder nicht, sondern nur, ob die Musik gut oder schlecht ist. (Verdi in einem Brief vom 1. April 1867 an Léon Escudier)

Nach der Premiere am 16. Januar folgen bis zum 24. April 2016 noch fünf weitere Aufführungen von Don Carlo in Radebeul, Eisleben und Bad Elster.

Foto: Landesbühnen Sachsen / Hagen König