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Werk der Woche – Christian Jost: Concerto noir redux

Das Konzerthaus Berlin feiert in diesem Jahr sein 200-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass hat Christian Jost ein neues Violinkonzert geschrieben. Beim Musikfest Berlin wird das Concerto noir redux nun uraufgeführt. Solist am 6. September ist Christian Tetzlaff. Das Konzerthausorchester Berlin begleitet ihn unter der Leitung von Christoph Eschenbach.

Ursprünglich sollte Josts zweites Violinkonzert den gleichen Titel tragen wie seine Oper “Reise der Hoffnung - Voyage vers l'espoir”. Nachdem die Proben zu ihrer Uraufführung in Genf im März abgebrochen werden mussten, orientierte sich Jost bei der Komposition um. Nun sollte das Konzert der neuen Situation, dem Shutdown und der Corona-Krise Rechnung tragen.

Christian Jost – Concerto noir redux: Violinkonzert aus dem Shutdown


Nicht nur der Grundcharakter wurde ein anderer, auch die Orchesterbesetzung musste verkleinert werden. So gibt es nun ein Concerto noir und die reduzierte Fassung Concerto noir redux

Normalerweise komponiere ich mit einer klaren Vorstellung der Form und des Klanges, also des kompletten strukturellen Verlaufs der Komposition. Nicht so bei diesem Werk. Die Idee des unmittelbaren Anfangs, dass sich aus dem Unisono der ersten Violinen mit der Solostimme, diese herauslöst, war meine einzige Vorgabe. Von dort ausgehend sollte das Werk quasi übernehmen und die Komposition leiten. So entstand eine einsätzige organische Struktur, die von drängenden rhythmischen Zellen geprägt und mit nur einer Tempoangabe versehen ist: Viertel 76 espressivo. Die Komposition vollendete ich quasi mit dem Ende des Shutdowns und da diese in Farbe und Ton eher ein dunkel gefärbtes Werk entstehen ließ, schien mir der Titel “Concerto noir“ perfekt.  Christian Jost

Illustration: Adobe Stock / lakkot, Joe Quiao

Werk der Woche – Christian Jost: Dichterliebe

Am 8. August 2018 erlebt Christian Josts Liederzyklus Dichterliebe  für Tenor und 9 Instrumentalisten im Königlichen Theater Kopenhagen seine dänische Erstaufführung. Es handelt sich dabei um eine Neukomposition von Robert Schumanns Dichterliebe op. 48 nach Texten von Heinrich Heine. Der Komponist selbst dirigiert das Horenstein Ensemble Berlin mit Peter Lodahl als Tenor. Für die mediale Szenographie ist Tabea Rothfuchs verantwortlich.   

Dichterliebe ist ein Auftragswerk des Konzerthauses Berlin und des Kopenhagen Opernfestivals und wurde am 21. Oktober 2017 im Konzerthaus Berlin uraufgeführt. In seiner Komposition verbindet Jost das romantische Kunstlied mit modernen Anklängen. Dazu verändert und vergrößert er die Besetzung und verdoppelt die Länge des Zyklus'. Die Musik wird durch Videosequenzen ergänzt, die eine visuelle Umsetzung der Themen bieten. Diese Art der Inszenierung zielt darauf ab, in allen Arten von Räumlichkeiten Aufführungen zu erlauben.

Christian Jost - Dichterliebe: das Prinzip des Weiterdenkens


Die 16 Lieder Schumanns handeln von einem Menschen, der eine vergangene Liebe besingt. Seine Gefühle wechseln von Schmerz zu Glück, von Trauer zu Leichtigkeit und wandeln zwischen Traum und Realität. In Heines Texten steht der Rhein als Symbol für diesen Emotionsfluss. Auch Jost verwendet das Fließende in seinen Liedern: Er komponiert eine Begleitung aus dichten wellenförmigen Legato-Passagen, während die Tenorstimme immer wieder aus den Ostinati der Instrumente aufzutauchen scheint. Jost webt die ursprünglichen Melodien und das harmonische Gerüst in seine Komposition ein und denkt sie weiter. Im gesamten Zyklus erweitert er knappe Motive aus Schumanns Klavierbegleitung und gibt ihnen eine zusätzliche Tiefe.
„Das Prinzip des inhaltlichen und harmonischen Weiterdenkens zieht sich sowohl durch den gesamten Zyklus als auch durch die Verbindungen der einzelnen Lieder. Die neu komponierten Übergänge, die es im Original nicht gibt, da jedes einzelne Lied für sich geschlossen ist, bilden somit das harmonische Meer, auf dem sich die Lieder wie Inseln ausbreiten können in einer komplex erweiternden Fortschreitung der Schumannschen Anlage.“ – Christian Jost

Die Aufführung wird einen Tag später im Königlichen Theater Kopenhagen wiederholt. In der neuen Spielzeit präsentiert das Staatstheater Braunschweig eine Neuinszenierung der Baritonfassung von Josts Dichterliebe. Sie wird dort insgesamt zehnmal zu sehen sein. Für 2019 ist auch eine polnische Erstaufführung des Liederzyklus' geplant.

 

©Foto: Tabea Rothfuchs

 

 

Werk der Woche: Stefan Heucke – Deutsche Messe

Die Deutsche Messe von Stefan Heucke nach einer Übersetzung von Norbert Lammert wird am 10. Juni 2017 uraufgeführt. Unter dem Dirigat von Steven Sloane spielt das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin mit dem Rundfunkchor Berlin in der Stephanskirche Mainz. Als Solisten treten Juliane Banse (Sopran), Birgit Remmert (Alt), Tilman Lichdi (Tenor) und Michael Nagy (Bass) auf.



Es ist nicht die erste Zusammenarbeit von Stefan Heucke und Bundestagspräsident Norbert Lammert. Schon 2010 hatte Heucke Lammerts neue Übersetzung des "Pater noster" in seinem Chorwerk Unser Vater vertont. So ist es wenig verwunderlich, dass Lammert unmittelbar nach dieser Komposition mit dem Vorschlag, seine Messübersetzung zu vertonen, an Heucke herantrat. Der Kompositionsauftrag erfolgte schließlich durch das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin. Die Deutsche Messe ist für 4 Solisten, Chor und Orchester komponiert und besteht aus den Sätzen Erbarmen (Kyrie), Ehre (Gloria), Glaube (Credo), Anbetung (Sanctus), Unser Vater (Pater noster) und Friede (Agnus Dei). Nach der Gattungstradition der Missa solemnis enthält sie damit die fünf Kerntexte der katholischen Messe. Lammert fügt dem Text jedoch seine Pater noster-Übersetzung hinzu. Heucke verwendet hierfür in seinem Werk die bereits von ihm komponierte Vertonung und erweitert diese für die größere Besetzung. Für die Komposition der Messe setzte sich Heucke intensiv mit den Messvertonungen von Guillaume de Machaut über Beethoven bis in heutige Zeit auseinander. Er kreiert damit ein Werk, das sowohl seinem persönlichen Anspruch als zeitgenössischem Komponisten entspricht als auch in der Tradition anderer großer Messkompositionen steht.

Heuckes Deutsche Messe: Ein Zeichen des Dialoges


Nicht umsonst findet die Uraufführung im Reformationsjahr 2017 statt. Mit seiner Übersetzung der Bibel ins Deutsche machte Martin Luther die Heilige Schrift für alle zugänglich, die der lateinischen Sprache nicht mächtig waren. Auch eine neue Messordnung führte er ein. Luthers Übertragung der römisch-katholischen Messe für den reformatorischen Gottesdienst erfolgte jedoch nur unter starker Änderung der ursprünglichen Liturgie. Lammert hingegen übersetzt alle Ordinariumstexte der lateinischen Messe. Obwohl seine Fassung keineswegs die erste deutschsprachige ist, zeigt sich hier eine deutliche Parallele zu Luther. Trotz dieser Reminiszenz an Luthers Bibelübersetzung und der Terminierung der Aufführung im Lutherjahr ist Heuckes Deutsche Messe keineswegs ein rein reformatorisches Werk. Durch die Zusammenarbeit des katholischen Lammert mit dem protestantischen Heucke setzen beide ein Zeichen für die Ökumene und den Dialog zwischen den Konfessionen. Das zeigt sich auch musikalisch: Getreu der zeitgemäßen Wortwahl ist auch Heuckes Tonsprache modern. Dennoch lässt er durch Anklänge aus der Gregorianik und Luther-Chorälen Elemente aus den Traditionen beider Konfessionen einfließen.
Mir schwebt vor, die Ströme der uralten gregorianischen Hymnen, die auch in die protestantische Kirchenmusik eingeflossen sind, weiter zu verfolgen und so ein Werk der Synthese zu schaffen, das die gesungene Musik der Gläubigen in der Kirche ebenso umfasst, wie die Tradition der mittelalterlichen Vokalpolyphonie, der klassisch-romantischen Chorsymphonik  bis hin zu Zwölftontechnik und was aus ihr folgte. – Stefan Heucke

Nach der Uraufführung folgen am 11. und 12. Juni Aufführungen des Werkes im Steintor-Varieté in Halle und im Konzerthaus Berlin.

 

Foto: © Jonas Holthaus (Rundfunkchor Berlin)