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Werk der Woche – Toru Takemitsu: Nostalghia

Im Konzert „Auf Dunkelheit folgt Licht“ mit dem Geiger Ilya Gringolts wird am 13. und 14. September Toru Takemitsus Nostalghia zu hören sein: Unter der Leitung von Gevorg Gharabekyan spielt das Kammerorchester I Tempi gemeinsam mit Gringolts das Stück für Violine und Streichorchester in der Martinskirche in Basel und in der Kirche St. Peter in Zürich.



In Nostalghia, das 1987 als Auftragswerk für Yehudi Menuhin entstand, bezieht sich Takemitsu auf den gleichnamigen, vier Jahre zuvor gedrehten Film von Andrei Tarkowskij. Der Titel greift vor allem das Heimweh-Gefühl, das in der Handlung des sowjetisch-italienischen Films eine zentrale Rolle spielt, auf. Im Gegensatz zu der Bedeutung des deutschen Worts „Nostalgie“ lehnen das russische und auch das italienische Wort nicht an das Verlangen nach einer vergangenen Zeit sondern nach einem Ort oder einer Person an.

Toru Takemitsus Nostalghia – „In Memory of Andrei Tarkowskij”


Tarkowskijs autobiographischer Film zog Takemitsu wegen seiner ruhigen Kameraführung, den langen ungeschnittenen Szenen und dem sehr sparsamen Gebrauch von Musik an. 1987 schrieb er dem sowjetischen Filmemacher, der ein Jahr zuvor in Paris verstarb, eine posthume Filmmusik. Nach einer kurzen Einleitung beherrscht eine einfache, pathetische Melodie der Solovioline die ganze Komposition. Ein unterteiltes Streichorchester lässt stellenweise ein Gefühl von Wasser und Nebel aufkommen – beständige Merkmale sowohl im Werk Takemitsus als auch in Tarkowskijs Filmen. Gefühle von Todessehnsucht und Heimweh transportiert Tarkowskij mit seinem Film „Nostalghia“ und auch das Hauptmotiv in Takemitsus Komposition kreist um das Verlorene und die Erinnerung. Am Ende kehrt das Stück zurück zu seinem Anfang, während sich die Orchestergruppen nochmals zur Vielstimmigkeit aufteilen und die Solo-Violine in höchsten Höhen verharrt.
Ich würde mich am liebsten gleichzeitig zu zwei Richtungen hin entwickeln: zur japanischen Tradition und zu westlicher Erneuerung. Tief im Innern wünschte ich, zwei musikalische Stile aufrechterhalten zu können, da beide das Recht auf eine eigene Form besitzen. Sich dieser beiden, im Grunde unvereinbaren Elemente als Kern vieler kompositorischer Arbeitsvorgänge zu bedienen, ist meiner Meinung nach nur der erste Schritt. Ich will den fruchtbaren Widerspruch nicht lösen - im Gegenteil: Ich will, dass die beiden Blöcke sich bekämpfen. So vermeide ich es, mich von der Tradition zu entfernen, während ich mit jedem neuen Werk auf die Zukunft zugehe. Ich möchte einen Klang erreichen, der so intensiv ist wie die Stille. – Toru Takemitsu

Im gleichen Konzert wird auch Karl Amadeus Hartmanns Concerto funebre für Solo-Violine und Streichorchester zu hören sein. Am 14. und 15. September geht es in der Suntory Hall in Tokyo mit Takemitsus A Way Lone II in einer Fassung für Streichquartett und How Slow the Wind für Orchester  weiter. Es spielt das NHK Symphony Orchestra, dirigiert von Paavo Järvi. In der Supporo Concert Hall Kitara in Hokkaido wird am 15. September Rain Coming für Kammerorchester von der Tokyo Sinfonietta unter der Leitung von Yasuaki Itakura aufgeführt. Auch in Deutschland darf man sich diese Woche auf Musik von Takemitsu freuen: Am 16. September spielt Pirmin Grehl Itinerant für Flöte bei der Schumann Festwoche in Leipzig. Einen Tag später führt das Philharmonische Staatsorchester Mainz im Rahmen des Theaterfests Mainz Night Signal unter der Leitung von Hermann Bäumer auf.

Werk der Woche - Karl Amadeus Hartmann: 1. Symphonie: Versuch eines Requiems

Karl Amadeus Hartmann komponierte seine 1. Symphonie für Alt-Stimme und Orchester im Jahre 1935. Durch seine offen regimekritische Haltung wurde seine Musik als entartet eingestuft und somit musste der Komponist über 10 Jahre warten bis das Werk 1948 endlich zur Uraufführung kam. Inzwischen gehört die Komposition zum Standardrepertoire im Bereich Neue Musik und wird am 27. Mai 2016 in Rotterdam zu hören sein. Arie van Beek dirigiert das Rotterdams Philharmonisch Orkest und den Part der Alt-Solistin übernimmt Kismara Pessatti.

Das Stück trägt den Untertitel "Der Versuch eines Requiems" und war ursprünglich als Kantate Lamento gedacht. Erst nach weiteren Zwischenstufen reifte das Werk 1955 zur 1. Symphonie heran. Als Textgrundlage wählte der Münchner Komponist Gedichte des amerikanischen Freiheitspoeten Walt Whitman, von dem auch Paul Hindemith Texte für sein Requiem "for those we love" vertonte.

Karl Amadeus Hartmanns Versuch eines Requiems: Musik gegen den Krieg


Die Symphonie folgt nicht der klassischen viersätzigen Form, sondern besteht aus fünf Sätzen (Introduktion: Elend, Frühling, Thema in vier Variationen, Tränen sowie Epilog: Bitte), die konzentrisch angelegt sind. Den Mittelpunkt der Komposition bildet ein reiner Instrumentalsatz, ein "Lied ohne Worte", in dem Hartmann ein Thema aus seiner Anti-Kriegsoper Simplicius Simplicissimus in Form eines Variationssatzes verarbeitet. Die 1. Symphonie schrieb Hartmann wie viele seiner Werke unter den Eindrücken des Nazi-Regimes. Seine Motivation und Gefühlslage zum Zeitpunkt der Komposition beschreibt Hartmann so:
Dann kam das Jahr 1933, mit seinem Elend und seiner Hoffnungslosigkeit, mit ihm dasjenige, was sich folgerichtig aus der Idee der Gewaltherrschaft entwickeln musste, das furchtbarste aller Verbrechen – der Krieg. In diesem Jahr erkannte ich, dass es notwendig sei, ein Bekenntnis abzulegen, nicht aus Verzweiflung und Angst vor jener Macht, sondern als Gegenaktion. Ich sagte mir, dass die Freiheit siegt, auch dann, wenn wir vernichtet werden – das glaubte ich jedenfalls damals. Ich schrieb in dieser Zeit mein 1. Streichquartett, das Poème symphonique "Miserae" und meine 1. Symphonie mit den Worten von Walt Whitman: "Ich sitze und schaue aus auf alle Plagen der Welt und auf alle Bedrängnis und Schmach…" – Hartmann

Ein anderes bekenntnishaftes Werk, Hartmanns düsteres Concerto funebre für Solo-Violine und Orchester, ist am 4. Juni bei den Wiener Festwochen mit Patricia Kopatchinskaja als Solistin zu hören;  Bas Wiegers leitet das Klangforum Wien. Am 4. und 5. Juli wird das Konzertwerk vom Studio-Orchester München unter Christoph Adt in der Reaktorhalle München gespielt.