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Werk der Woche - Peter Eötvös: Secret Kiss

In das Japan des 19. Jahrhunderts reist Peter Eötvös mit Secret Kiss, das am 27. Januar 2019 in Göteborg seine Uraufführung erlebt. Die japanische Sängerin und Schauspielerin Ryoko Aoki übernimmt die Sprecherrolle, begleitet von fünf Musikerinnen und Musikern des schwedischen Ensembles Gageego!. Kurz nach seinem 75. Geburtstag am 2. Januar dirigiert Eötvös selbst die Uraufführung.

Ein junger Mann verliebt sich auf einer Reise nach Japan am Hof des Provinzfürsten unsterblich in eine geheimnisvolle Frau. Diese Begegnung geht nicht über Blickkontakte und zierliche Gesten hinaus. Dennoch entwickelt sich eine zarte und tiefe Verbindung zwischen den beiden Liebenden. Die drückt sich im namensgebenden "geheimen Kuss" aus: Beide trinken nacheinander an der exakt gleichen Stelle aus einer Teetasse.

Die 1997 erschienene Kurzgeschichte Seide des italienischen Autors Alessandro Baricco ist die Vorlage für Secret Kiss. Klare und kurze Sätze prägen die Sprache der Geschichte und eine skizzenhafte Anlage mit sehr vielen Auslassungen lässt Spielraum für Interpretationen. So verwundert es nicht, dass Eötvös sich schon zum zweiten Mal nach Senza sangue auf einen Text von Baricco bezieht und diesen zur Grundlage für seine Musik macht. Eötvös' Ehefrau Mari Mezei stellte aus der Kurzgeschichte das Libretto für das neue Melodram zusammen.

Peter Eötvös - Secret Kiss: zeitgenössische Musik und traditionelle Nō-Kunst


Sprecherin bei der Uraufführung ist die japanische Nō-Schauspielerin und -Sängerin Ryoko Aoki. Ausgebildet an der Kanze-Schule in Tokio, einer von nur fünf Schulen für die traditionelle japanische Schauspielkunst, ist Aoki heute eine der renommiertesten Nō-Künstlerinnen. Einen Schwerpunkt ihrer Arbeit sieht Aoki in der Verbindung der traditionellen Nō-Kunst mit zeitgenössischer Musik. So wurde auch Secret Kiss auf ihre Initiative hin komponiert.

Neben der Sprecherin musiziert eine fünfköpfige Besetzung von Gageego!, einem profilierten schwedischen Ensemble für zeitgenössische Musik. Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello und Schlagwerk schaffen für die ungewöhnliche Liebesgeschichte die passende Klangatmosphäre. So müssen die beiden Holzblasinstrumente vor allem in tiefen Lagen spielen, um den starken, jedoch unterdrückten Gefühlen der Liebenden Ausdruck zu verleihen. Außerdem haben szenische Gesten der Instrumentalisten beim Musizieren einen direkten Bezug zur Handlung.
Then he rose and bowed.
The last thing he saw before he left were her eyes, staring mutely into his.
Perfectly mute.
Her eyes were not the eyes of a Japanese, and her face was the face of a young girl.
(8. Szene aus Secret Kiss)

Nach der Uraufführung geht Aoki mit Secret Kiss auf Welttournee. Am 9. März gastiert sie in Tokio und spielt mit einem Ensemble aus Japan, am 24. März in Porto mit dem Remix Ensemble, am 17. April in Madrid mit dem Plural Ensemble, sowie am 8. September in Berlin, am 15. September in Köln und am 17. September in Budapest jeweils mit dem Ensemble Musikfabrik.

 

Fotos:
Adobe Stock / tenglao
The New York Times Style Magazine / Masanori Akao / http://ryokoaoki.net/e/

Werk der Woche - Peter Eötvös: Senza sangue

In seiner Oper Senza sangue behandelt Peter Eötvös die Themen Mord, Rache, Vergebung und Sehnsucht. Eine Mischung, die viele psychologische Fragen aufwirft. Wie diese Elemente in der Oper verknüpft werden und ob Antworten gegeben werden, können die Zuschauer am 15. Mai 2016 bei der szenischen Uraufführung selbst erleben. Das Werk wird an der Opéra Grand Avignon aufgeführt und Eötvös wird bei der Inszenierung von Róbert Alföldi die musikalische Leitung übernehmen. Im vergangenen Jahr wurde Senza sangue konzertant uraufgeführt und war bereits in Köln, New York, Göteborg und Bergen zu hören.

Die Oper basiert auf der gleichnamigen Novelle des italienischen Autors Alessandro Baricco, die 2002 veröffentlicht wurde. Zur Handlung gibt es eine Vorgeschichte: Während des Spanischen Bürgerkriegs tötet ein junger Mann mit seinen Kameraden die Familie eines kleinen Mädchens. Die Blicke des Mannes und des Mädchens treffen sich und er entschließt sich, sie zu verschonen. Der Zuschauer erlebt nun, wie sich die inzwischen erwachsene Frau und der Mann erneut begegnen. Anders als erwartet ist die Frau nicht gekommen, um Rache zu nehmen, wie sie es bei seinen Kameraden getan hatte, sondern in der Hoffnung auf seelische Erlösung. Der Blick, der vor langer Zeit ihr Leben verändert hatte, solle sie nun retten.

Peter Eötvös' Weg zu seiner Oper Senza sangue


Eötvös ließ sich bei seiner Oper nicht nur von Bariccos Novelle inspirieren, sondern auch durch Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg. Mit der Absicht, ein Kopplungswerk für einen Doppelabend mit Bartóks Einakter zu schaffen, übernahm Eötvös dessen Instrumentierung mit Ausnahme der Orgel. Es bleibt aber nicht bei dieser Gemeinsamkeit: Auch die Personenkonstellation und die Dramaturgie in Form der allmählichen Enthüllung seelischer Abgründe orientiert sich an Herzog Blaubarts Burg.

Eötvös beschreibt seinen Kompositionsprozess so:
Senza Sangue ist meine zehnte Oper. Ich habe mich auf sie vorbereitet wie ein Filmregisseur, der seinen nächsten Film in Schwarzweiß drehen will. In meinen früheren Opern habe ich mich um farbige Klangpaletten bemüht; hier suche ich dagegen scharfe Kontraste und Schattierungen in Schwarz, Grau und Weiß. In der Orchesterpartitur habe ich den Akzent auf Klangballung statt auf Eigenständigkeit der Stimmen gelegt: Viele Instrumente spielen gleiche Melodieverläufe und erzeugen so einen kräftigen Klang, ähnlich wie in der japanischen Kalligrafie mit einem Strich eines dicken Pinsels eine einzige schwarze Linie gezogen wird. – Peter Eötvös

Die Oper Senza sangue wird in diesem Jahr szenisch noch beim Armel Opera Festival in Budapest (Regie: Robert Alföldi) und an der Hamburgischen Staatsoper (Regie: Dmitri Tcherniakov) zu sehen sein. 2017 folgt konzertant die britische Erstaufführung mit Simone Young und dem BBC Symphony Orchestra in der Londoner Barbican Hall.

Foto: Klaus Rudolph