Meeresrauschen eröffnet und schließt die großformatige
Istanbul-Sinfonie von Fazil Say. Dazwischen begegnet dem Hörer das Portrait einer Stadt, die so vielfältig ist wie die sieben Sätze, die der Komponist ihr widmet. Am 29. März spielt das SWR Symphonieorchester Says erste Sinfonie in Stuttgart unter der Leitung von Gregor Mayrhofer.
Die
Istanbul-Sinfonie ist in sieben Sätze gegliedert, angelehnt an die sieben Hügel auf denen die Stadt erbaut wurde. Jeder Satz repräsentiert hierbei einen Aspekt des Lebens in Istanbul.
Nostalgie, der erste Satz beschreibt das historische Istanbul und weckt Assoziationen an die Eroberung 1453 durch die Osmanen. Die beiden folgenden Sätze
Der Orden und
Blaue Moschee zeigen die verschiedenen Seiten von Religion: Während der zweite Satz die negativen Aspekte, den Fanatismus, die Radikalisierung und die Sektenbildung anprangert, zeigt der dritte Satz die lichte Seite, verkörpert durch ein Wahrzeichen der Stadt.
Says Istanbul-Sinfonie: Ein vielschichtiges Portrait einer vielschichtigen Stadt
Neben dem klassischen Sinfonieorchester verwendet Say Instrumente der traditionellen türkischen Musik, darunter Nay, Kanun, Kudüm, Bendir und Darbuk. Gemessen an ihrer programmatischen Bildsprache könnte man die
Istanbul-Sinfonie durchaus auch als Sinfonische Dichtung bezeichnen. So durchbricht etwa die Tuba mehrmals den vierten Satz
Hübsch gekleidete junge Mädchen auf dem Schiff zu den Prinzeninseln, um als Schiffshorn auf sich aufmerksam zu machen. Vor dem sechsten Satz
Orientalische Nacht wiederum steht eine Improvisation. Hier kehrt Ruhe ein, bevor der eigentliche Satz mit seinen Tänzen wieder Fahrt aufnimmt. Er wirft einen Blick hinaus über die Grenzen der Stadt und eröffnet den Zugang zum Orient. Im
Finale schließlich begegnet uns das moderne Istanbul, eine hektische Metropole mit 15 Millionen Einwohnern. Ganz am Ende steht allerdings wieder die Rückbesinnung auf das alte Istanbul des Eröffnungssatzes, bevor das Meeresrauschen das Werk beschließt.
Istanbul kann man nicht erzählen mit Clustern, Atonalität oder Zwölftontechnik. Istanbul muss man zum Teil romantisch oder nostalgisch erzählen. Es kommt nichts Avantgardistisches vor, aber dennoch Neues, denke ich, um diesem Brückenbau von Westen nach Osten gerecht zu werden. – Fazil Say
Im Rahmen des Kinderkonzertes „Musik, Kultur, Sprache“ spielt das SWR Symphonieorchester die
Istanbul-Sinfonie auch am 30. März im Konzerthaus Karlsruhe und am 31. März im Mannheimer Rosengarten. Weitere Möglichkeiten die Sinfonie live zu erleben, bietet kurz darauf das Philharmonische Orchester Bremerhaven, das sie 3., 4. und 5. April aufführt.
Foto: Ben Morlok (CC by-sa 2.0)