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Werk der Woche – Gerald Barry: No People.

Am 18. Oktober bringen das Ensemble Musikfabrik und Dirigent Mariano Chiacchiarini im Rahmen der Donaueschinger Musiktage Gerald Barrys neues Werk No People. für 13 Instrumente zur Uraufführung. Die Komposition wurde vom SWR in Auftrag gegeben und ist eine Fassung eines gleichnamigen früheren Werks von Barry. 



Hinweis der Redaktion:
Nach Veröffentlichung dieses Artikels wurden die Donaueschinger Musiktage 2020 leider abgesagt. Wir möchten Ihnen dieses interessante Werk dennoch vorstellen. 









Der Titel, No People., bezieht sich auf den Gedichtszyklus New Impressions of Africa des Surrealisten Raymond Roussel von 1932. Für dessen Erstveröffentlichung ließ der Dichter 59 Illustrationen anfertigen. Den Auftrag dazu erhielt der Zeichner Henri-Achille Zo über eine Detektei, sodass er von seinem eigentlichen Auftraggeber nichts wissen konnte und ohne Kenntnis der Gedichte. Ihm wurden nur simple Anweisungen übergeben, etwa “Nächtliche Landschaft. Stark sternenbedeckter Himmel mit dünner Mondsichel. (Keine Personen.)”, woraufhin die Zeichnungen entstanden. 
Zusammengenommen haben die gewöhnlichen Alltagszeichnungen eine Befremdlichkeit, die sie vielleicht nie erreicht hätten, wenn der Illustrator die Hintergründe und Texte gekannt hätte. Diese Gegenüberstellung der Unwissenheiten - Gedichten und Zeichnungen - gibt dem fertigen Werk seine bizarre Qualität. (Gerald Barry)

No People. wird bei am Uraufführungstag in Donaueschingen zweimal gespielt, um 11 Uhr und um 15 Uhr, um einem möglichst großen Publikum die Möglichkeit zu geben, das Konzert zu hören.

Werk der Woche: The Harry Partch Edition

Das Ensemble Musikfabrik brachte Harry Partchs Delusion of the Fury im August 2013 – ganze 45 Jahre nach der Uraufführung in den USA – bei der Ruhrtriennale zur europäischen Erstaufführung. Dabei entstand die Idee, das einzigartige Notenbild seiner Werke in einer Faksimile-Edition festzuhalten. Wenig später erschien mit Delusion of the Fury die erste Ausgabe der Publikationsreihe The Harry Partch Edition; in den vergangenen Monaten ist die Zahl der Veröffentlichungen auf zwölf gestiegen.



Die Faksimile-Edition The Harry Partch Edition ermöglicht einen tiefen Einblick in die ganz eigene musikalische Welt des Komponisten. Dabei lassen die Titel seiner Werke zunächst nicht erahnen, wie außergewöhnlich seine Kompositionen sind. So behandelt Daphe of the Dunes die antike Sage von Daphne und Apollo und The Lord is My Shepherd  ist eine Vertonung des bekannten 23. Psalms. Auch die Anlässe, zu denen Partch komponierte, unterscheiden sich nicht wesentlich von denen anderer Komponisten. Rotate the Body in All Its Planes ist als musikalische Untermalung einer Turnaufführung entstanden, Two Settings from "Finnegan’s Wake" komponierte er für eine Sopranistin, von deren Stimme er begeistert war, und die erst kürzlich veröffentlichte Ausgabe Summer 1955 ist eine schlichte Ansammlung verschiedener Werke, die in diesem Zeitraum komponiert wurden.

Das Besondere am Gesamtwerk von Harry Partch ist aber, dass er nicht nur Komponist sondern auch ein sehr erfinderischer Instrumentenbauer war. Um seine Klangvorstellungen zu verwirklichen, griff er auf exotische Instrumente entlegener Kulturen zurück. Doch da auch das nicht ausreichte, entwickelte er zahlreiche Instrumente selbst. Die Möglichkeiten, die sich ihm dadurch in seinen Kompositionen eröffneten, konnte Partch in vollem Maße ausschöpfen.

The Harry Partch Edition: ein einzigartiger musikalischer Kosmos


Mit seinen Kenntnissen als Instrumentenbauer entwickelte Partch nicht nur eine große Sammlung von Instrumenten verschiedenster Klangfarben, sondern passte diese auch an sein eigenes Tonsystem an, das er im Laufe der Zeit verfeinerte. Statt der üblichen zwölf temperierten Halbtonschritte verwendet er in vielen seiner Stücke ein System aus 43 Mikrotönen und war damit ein Pionier der Mikrotonalität. Auch beim Bau seiner Instrumente zeigt Partch seine unerschöpfliche Kreativität: Das „Chromelodeon I“ ist eine Erweiterung eines Harmoniums für sein Tonsystem. Für viele seiner anderen Instrumente verwendete er gewöhnliche Alltagsgegenstände, die er für seine Zwecke anpasste - beim „Zymo-Xyi“ erklingen Schnaps- und Likörflaschen, beim „Bloboy“ sind es Lufthupen eines Autos und bei der „MazdaMarimba“ Glühlampen.
Die Richtung, in der ich mich in den letzten vierundvierzig Jahren bewegt habe, hat viel mit den Tätigkeiten und Handlungen des Urmenschen zu tun, so wie ich ihn mir vorstelle. Der Urmensch entdeckte magische Klänge in den Materialien seiner Umgebung: in einem Schilfrohr, einem Stück Bambus, einem bestimmten, auf eine gewisse Weise gehaltenen Holzstück, oder in einer über eine Kalebasse oder einen Schildkrötenpanzer – irgendeinen Resonanzkörper – gespannte Haut. Als nächstes gestaltete er dann den Gegenstand, das Medium, das Instrument so schön, wie er konnte. Der letzte Schritt erfolgte dann fast automatisch: die Verwandlung der magischen Klänge und der visuellen Schönheit in etwas Geistiges.  - Harry Partch

Die nächste Ausgabe der Faksimile-Edition The Harry Partch Edition wird Ring around the Moon sein. Ebenso sind für dieses Jahr noch Castor and Pollux, Windsong und Oedipus geplant.

 

Foto: MazdaMarimba des Ensembles Musikfabrik

Werk der Woche - Harry Partch: Delusion of the Fury

Bei der Ruhrtriennale 2013 war Harry Partchs Schlüssel- und Spätwerk Delusion of the Fury von 1965/66 als europäische Erstaufführung in einer Inszenierung von Heiner Goebbels zu entdecken. Die Produktion mit dem Ensemble Musikfabrik wurde seither in Oslo, Genf, Amsterdam, Edinburgh, New York City und Paris gezeigt. Am 7. Oktober 2016 gelangt sie im taiwanesischen Taichung auf die Bühne und stellt gleichzeitig die asiatische Erstaufführung dar.


Harry Partch: Der Don Quixote der Musik?


Von zeitgenössischen Kritikern wurde Partch als "Don Quixote" der Musik bezeichnet. Nach heutigem Verständnis war er ein hochinspirierter Musikphilosoph und Pionier, der sich als einer der ersten Komponisten fast ausschließlich mit Mikrotonalität befasste. Er erfand sein eigenes Tonsystem basierend auf 43 eng gestaffelten, reinen Mikrotönen pro Oktave. Dazu entwickelte er einen Kosmos eigener, meist perkussiver Instrumente von ungewöhnlicher Gestalt und ungewohntem Klang.

Mit traditioneller Oper hat Partchs Musiktheaterentwurf Delusion of the Fury nichts gemein. Ausgehend von japanischen und afrikanischen Mythen entwickelte er ein Stück zwischen Traum und Wahn, das alle theatralen Mittel wie Licht, Bewegung, Gesang sowie die außerordentliche Präsenz seiner Instrumente integriert. Ein Theater ohne präzisen Ort entsteht, bei dem sich die Zeitebenen überlagern. Es gewährt einen Blick auf eine Kultur, die uns gleichsam fremd und vertraut erscheint. Partch spannt in zwei Akten ein rituelles Netz, das das Leben und die Versöhnung der Lebenden mit dem Tod feiert.

Delusion of the Fury: Oper auf Glühbirnen und Schnapsflaschen


Viele der rund 25 Klangskulpturen aus Partchs exotischem Instrumentarium sind Verwandte der Marimba – allerdings recht entfernte: Die "Marimba Eroica" etwa besteht aus vier riesigen Klangstäben nebst Resonanzkörpern. Bei der "Mazda Marimba" klingen Glühbirnen; beim "Zymo-Xyi" sind es Schnaps- und Likörflaschen. Die "Cloud Chamber Bowls" wirken von ferne wie aus einem Lampenladen. Aber was da in einem hölzernen Rahmen hängt, sind keine Lampen, sondern abgeschnittene und durch Beschleifen gestimmte Oberteile riesiger Labor-Glasgefäße. Mit filzgedämpften Schlägeln gespielt, klingen sie wie ein tiefes Glockenspiel.
Nun, ich denke, meine Musik ist wirklich körperlich. Sie besitzt ein körperliches Feeling. Es ist mir wichtig, wie die Instrumente aussehen. Sie sind Objekte im Raum und sie sind räumliche Produkte. Und da sie räumlich sind, müssen sie toll aussehen, sie müssen ganz von sich aus inspirierend sein. Als nächstes derjenige, der das Instrument spielt, ist ein Teil des Instruments. Es ist eine Einheit, eine Gesamtheit. Und, mein Gott, wenn ich etwas darüber sagen sollte: Er wird nicht wie ein kalifornischer Amateur-Pflaumenpflücker aussehen! – Harry Partch

Eine weitere Vorstellung der erfolgreichen Produktion ist am 8. Oktober 2016 in Taichung zu sehen. Inspiriert durch die Aufführungsserie der Ruhrtriennale und das Ensemble Musikfabrik hat Schott begonnen, eine neue Publikationsreihe zu veröffentlichen: Partchs unnachahmliches Notenbild wird seitdem als Studienpartituren in Faksimile-Edition im Druck und als Download verfügbar gemacht. Delusion of the Fury können Sie über den unten stehenden Link bei Notafina gratis als Vorschau lesen.