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Werk der Woche - Fazıl Say: Concerto for percussion and orchestra

Reiche Schlagzeugklänge und bunte Orchesterfarben lässt Fazıl Say in seinem Concerto for percussion and orchestra op. 77 verschmelzen. Mit dem Schlagzeuger Martin Grubinger als Solist wird das Werk am 29. März 2019 in Dresden uraufgeführt. Im Konzertsaal des Kulturpalasts spielt die Dresdner Philharmonie unter der Leitung von Andris Poga.

Der türkische Komponist und Pianist Say widmet sein neues Konzert dem österreichischen Schlagzeug-Ausnahmetalent Grubinger, der schon bei der Uraufführung von anderen Werken Says mitgewirkt hat. Dabei fordert Say seinen Solisten nahezu durchgängig, denn die Solopartie ist sehr dicht und ohne größere Pausen geschrieben. Nicht nur ihre musikalische Verbundenheit eint Say und Grubinger, sondern auch ihr Einsatz für soziale Gerechtigkeit und Freiheit, durch die Musik und darüber hinaus.

Das neue Concerto besteht aus vier Sätzen, die jeweils nach dem für den Satz prägenden Perkussionsinstrument benannt sind. So dominiert im ersten Satz das "Waterphone", ein Instrument mit einem wassergefüllten Metallkorpus, aus dem verschieden große Metallstäbe herausragen. Wenn diese Stäbe in Schwingung versetzt werden, erzeugen sie geheimnisvolle Klänge, die je nach der Bewegung des Wassers im Korpus ihren Klang verändern. Im zweiten Satz sind Pauken und Rototoms (Trommeln mit verschiedenen Tonhöhen) die Instrumente im Fokus, für die Say melodische Passagen komponiert hat. Vibraphon und glockenähnliche Campana spielen im ruhigeren dritten Satz, und im letzten Satz agieren Marimbaphon und Boobams, mit Membranen bespannte Rohre, die beim Anschlagen einen hohlen, weichen Klang ergeben.

Fazıl Say: Concerto for percussion and orchestra – reiche Schlagzeugklänge im Fokus


Im Concerto verbinden sich, wie für Say typisch, Elemente aus verschiedenen Musiktraditionen: Instrumente aus dem euroamerikanischen Kulturraum und Anweisungen wie "walking bass" und "dirty" gehen eine Symbiose mit ungeraden Taktarten, anatolischen Skalen, Taksim-Improvisationen und Spielanweisungen wie "köçekçe" und "Slow Belly Dance" ein. Ostinate Motive, die sich nach und nach verändern und verbinden, prägen das Klangbild des Konzerts.
Mein Stil hat sich immer wieder verändert. […] Als ich in Deutschland studierte, habe ich viele Einflüsse aus der türkischen Folklore in meiner Musik entdeckt; und heute habe ich einen Stil gefunden, der mich widerspiegelt, der individuell ist und mich sehr zufrieden macht. Dazu gehören auch die tonalen und folkloristischen Elemente. Das steckt so in meinem Blut. Und was im Blut steckt ist beim Komponieren primär, das Intellektuelle sekundär. – Fazıl Say

Am Tag nach der Uraufführung steht Says Concerto for percussion and orchestra am 30. März 2019 ein weiteres Mal in Dresden mit der gleichen Besetzung auf dem Spielplan und am 31. März 2019 spielen alle Beteiligten Ausschnitte aus dem Werk in der Matinee Phil zu Entdecken für junge Hörer. Moderator Malte Arkona erklärt Wissenwertes zur Musik und den Instrumenten, wobei sich Says Schlagzeugkonzert durch seine besondere Satzstruktur besonders gut für ein junges Publikum eignet, da pro Satz immer ein oder zwei Schlaginstrumente vorgestellt werden. Grubinger spielt das Concerto im Laufe des Jahres in weiteren europäischen Städten, unter anderem am 23. August 2019 in Wiesbaden beim Rheingau Musik Festival, am 13. September 2019 in Bremen und am 18. und 19. September 2019 in Basel.

 

 

Foto: Marco Borggreve

Werk der Woche - Fazil Say: Umut Senfonisi

Symphonien gehören meist zu den zentralen Werken eines Komponisten, doch heutzutage komponieren diese immer seltener in der Gattung. Am 25. August 2018 gelangt nun Fazil Says vierte Symphonie Umut Senfonisi im Kulturpalast Dresden zur Uraufführung. Michael Sanderling dirigiert die Dresdner Philharmonie, die gleichzeitig auch Auftraggeber des Werks ist. Say ist bei dem Orchester in der neuen Spielzeit "Composer in Residence".

Umut Senfonisi trägt wie die drei vorausgehenden Symphonien einen programmatischen Titel –  "Umut" ist das türkische Wort für "Hoffnung".  Zuvor schrieb er die Symphonien Istanbul, Mesopotamia und Universe. In diesen Werken fängt er die Stimmungen und Bilder der Werk- und Satzbezeichnungen sehr illustrativ ein. Dazu verwendet der türkische Komponist immer wieder musikalische Idiome seiner Heimat. Der Titel Umut Senfonisi ist etwas abstrakter gefasst, zeigt aber ebenfalls wie die Vorgängerwerke typische traditionell-türkische Taktarten im 2. und 3. Satz mit 7/8- und 9/8-Takten.

Fazil Say – Umut Senfonisi: Zerstörung und Hoffnung


Die Symphonie besteht klassisch aus vier Sätzen: Largo espressivo, danach Allegro energico, gefolgt von Andante tranquillo – Swinging und das Finale  Adagio, drammatico – Moderato. Während der ersten drei Sätze durchbricht Say die Komposition durch Maschinengewehr-ähnliche Salven im Schlagzeug. Diese Teile nennt er „terrorism“ und stellt mit ihnen in unmittelbarer Weise Zerstörung dar. Dies wird im dritten Satz am deutlichsten, wenn die „Maschinengewehre“ einen mit „Party“ betitelten Swing-Teil abrupt beenden. Im direkt anschließenden Finalsatz unterbricht Say die Komposition nicht mehr mit einer „terrorism“-Passage, sodass die Symphonie mit einem Hoffnungsschimmer endet.
„Meine Musik basiert oft auf türkischer Rhythmik, auf der besonderen Gestik, dem Tanz. Wenn ich einen japanischen Komponisten höre, muss er mir aus Japan etwas mitbringen, das ist mir wichtig. Auch die russischen Komponisten, Korsakow oder Rachmaninow, verwenden Volkslieder und Tänze ihrer Heimat.  Man sagt, Sibelius hätte an die 30 Volkslieder alleine in seinem Violinkonzert verwendet. Aber ich möchte nicht, dass das Türkische oder das Orientalische etwas Außergewöhnliches ist, etwas Exotisches.“ – Fazil Say

Fazil Say ergänzt das Uraufführungskonzert, in dem auch Beethovens 2. Symphonie gespielt wird, durch eine Aufführung von Beethovens Klaviersonate "Der Sturm" als Pianist. Das Konzert wird folgenden Tag an gleicher Stelle wiederholt. Im Februar 2019 gelangt die Umut Senfonisi in Bordeaux mit dem Co-Auftraggeber, dem Orchestre National Bordeaux-Aquitaine, zu ihrer französischen Erstaufführung.

Update: Aufgrund eines Trauerfalls in der Familie konnte Fazil Say nicht an dem Konzert in Dresden teilnehmen.

 

 

© Foto: Marco Borggreve

Werk der Woche – Fazil Say: Never give up

Ein musikalisch-politisches Statement erwartet uns in dieser Woche mit der Uraufführung des Cellkonzerts Never give up von Fazil Say. Die junge Cellistin Camille Thomas spielt das Stück mit Orchestre de Chambre de Paris unter der Leitung von Douglas Boyd am 3. April im Théâtre des Champs-Elysées in Paris.

Nach der Gezi Park-Werktrilogie ist das Cellokonzert nun Says nächstes Werk, mit dem er auf aktuelle politische Ereignisse Bezug nimmt. Say, der viele Jahre im Ausland lebte und dort mit seiner Musik bis heute erfolgreich ist, fühlt sich tief mit seinem Heimatland Türkei verwurzelt. Obwohl er mit der gesellschaftlichen Entwicklungen im Land unzufrieden war, zog er wieder dorthin zurück und betätigt sich politisch durch seine Musik. Mit dem Cellokonzert, das nach seinen eigenen Worten, ein „Aufschrei nach Freiheit und Frieden“ ist, drückt er seinen Protest gegen Gewalt und Terror aus.

Fazil Say: Never give up – Ein Klangbild des Terrors


Besonders im zweiten Satz des Werkes, dem Adagio, ist dieses Thema konkret verarbeitet: Harte Tonrepetitionen im Schlagzeug alternieren mit schreienden Glissandi der Holzbläser. In den Spielanweisungen der Partitur beschreibt Say diese Passage, die klanglich Gewehrschüsse und menschlichen Schreie nachzeichnet, mit „Kalaschnikov“ und „like a scream“ und verweist damit auf die jüngsten Anschläge in Paris und Istanbul. Das Stück soll nach Says eigenen Kommentaren dadurch sowohl die erschütternden Terrorattacken in der Türkei und ganz Europa, als auch die Wirkung dieser auf das Leben und die Kunst widerspiegeln. Doch Says Musik endet optimistisch: Durch den türkischen Rhythmus, der von friedlichen Vogelgesängen und Wellengeräuschen in den Streichern begleitet wird, zeichnet der Komponist zum Schluss seines Stückes ein Klangbild des Friedens in seinem Heimatland.

Bei dem Konzert am 3. April wird der Komponist mit Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 in c-Moll selbst als Pianist auftreten. Seine 4. Symphonie mit dem Titel "Hope" wird am 25. August 2018 im Kulturpalast Dresden mit der Dresdner Philharmonie unter der Leitung von Michael Sanderling seine Uraufführung erleben.

Werk der Woche – Valentin Silvestrov: Sinfonie Nr. 3

Am 30. September 2017 feiert Valentin Silvestrov seinen 80. Geburtstag. Zu diesem Anlass wird am 27.09.2017 seine Sinfonie Nr. 3 ("Eschatophonie") zum ersten Mal im Vereinigten Königreich gespielt. Vladimir Jurowski dirigiert das London Philharmonic Orchestra in der Royal Festival Hall in London.



Silvestrov beschäftigte sich erst ab dem Alter von 15 Jahren mit Musik, zunächst autodidaktisch, später durch den Besuch der Abendmusikschule parallel zu einem Ingenieursstudium in seiner Geburtsstadt Kiew. 1967 erhielt der Komponist den Koussevitzky-Preis, wurde aber als führender Vertreter der "Kiewer Avantgarde" kurz darauf aus dem Komponistenverband der UdSSR ausgeschlossen.

Während seiner "avantgardistischen Schaffensperiode", wie Silvestrov diese Zeit selbst nennt, experimentierte er mit starken Kontrasten. So ist die Sinfonie Nr. 3 geprägt von Wechselspielen von rhythmisch hochkomplexer Notation und freier Improvisation. Den Vertretern der konservativen sowjetischen Musik widerstrebte Silvestrovs Kompositionsstil, weshalb seine Werke in seiner Heimat lange Zeit verboten waren. Daher eroberten sie zunächst Europa, bis sie sich durch den wachsenden internationalen Erfolg auch in der UdSSR etablieren konnte.

Die Sinfonie Nr. 3 von Valentin Silvestrov: Musik vom Anbruch einer neuen Welt


Bei dem Untertitel "Eschatophonie" handelt es sich um einen Neologismus, den Silvestrov aus dem Fachbegriff der Lehre vom Ende einer alten und vom Anbruch einer neuen Welt, schuf. Durch das Suffix "-phonie" (griech. phoné ="Klang/Ton") setzt er diese Lehre in einen musikalischen Kontext. Gleichzeitig besitzt sie eine religiöse Dimension:
Seiner Meinung nach ist alles schon da – ist alles schon geschrieben worden. Um das zu verstehen, muss man an den Allmächtigen erinnern. Alles ist schon einmal geschaffen worden, man muss nichts weiter tun als aufmerksam dem zu lauschen, was schon da ist, und das wieder aufrufen. Dann fängt wieder etwas an zu schwingen. Es war eigentlich die ganze Zeit schon da, aber jetzt können auch wir die Schwingungen spüren und das als Musik wahrnehmen. – Sofia Gubaidulina über Silvestrovs Musikanschauung

In der Sinfonie Nr. 3  lässt  Silvestrov bei jeder Aufführung eine neue Welt entstehen, indem er Anweisungen wie "chromatische Cluster unbestimmter Größe" oder "atonale Improvisationen nach graphischem Modell" gibt. Improvisatorische Phrasen ziehen sich durch alle drei Sätze. Insbesondere den Streichern und den vier Schlagzeugern weist der Komponist viele freie Passagen zu.

In zahlreichen Konzerten – von Amerika über Europa nach Russland und Japan – werden der Jubilar und seine Musik gefeiert. Rund um den Geburtstag sind unter anderem folgende Stücke von Silvestrov zu hören:  am 28.9. die Sinfonie Nr. 8 in der Sibelius Hall in Lahti mit John Storgårds und dem Lahti Symphony Orchestra,  am 30.9. und am 1.10. die Serenade für Streichorchester und die Elegie für Streichorchester mit Kirill Karabatis und der Dresdner Philharmonie im Kulturpalast Dresden, am 27.10. Postludium mit Christopher Lyndon-Gee und dem Adelphi Symphony Orchestra im Adelphi University Performing Arts Center Garden City, New York, am 4.11. die Sinfonie Nr. 4 und Postludium mit Dennis Russel Davies und dem NCTS Orchestra in Tokyo und am 11.11. Widmung mit Vladimir Jurowski und dem Svetlanov Orchestra in Moskau.

Die Verlage Belaieff und Schott Music gratulieren Valentin Silvestrov herzlich zu seinem runden Geburtstag!

Werk der Woche – Krzysztof Penderecki: 6. Sinfonie

Die Geschichte der Gattung Sinfonie ist voller kurioser Phänomene, darunter "Unvollendete", "Nullte" und neu oder doppelt nummerierte. In diese Reihe gehört auch Krzysztof Pendereckis 6. Sinfonie, denn seine 7. und 8. sind seit vielen Jahren fertiggestellt und wurden jeweils dutzende Male aufgeführt.



Das neue Werk gelangt nun am 24. September mit dem Guangzhou Symphony Orchestra an dessen Heimspielstätte mit dem Bariton Yuan Chenye unter der Leitung von Long Yu zur Uraufführung.

Krzysztof Penderecki – 6. Sinfonie: Chinesische Lieder als Abschied von der Gattung?


Acht Lieder auf chinesische Texte bilden das Rückgrat der 6. Sinfonie, die Penderecki durch solistische Intermezzi des Streichinstruments Erhu verbunden hat. Wie bei den beiden Vorgängern (oder Nachfolgern?) legte der Komponist auch hier den Schwerpunkt auf das Vokale. Die Besetzung ist jedoch weitaus kleiner und der Charakter intim-kammermusikalischer und bisweilen melancholischer als zuvor. Auch ist das Stück mit rund 25 Minuten Spieldauer weniger als halb so lang wie die Sinfonien 7 und 8.

Die 6. Sinfonie, der Penderecki den Beinamen "Chinesische Lieder" verliehen hat, ist sein erklärter Abschied von der Gattung, auch wenn man bei Sinfonien freilich mit allem rechnen muss...
Ich habe Jahrzehnte damit verbracht, neue Klänge zu suchen und zu finden. Gleichzeitig habe ich mich mit Formen, Stilen und Harmonien der Vergangenheit auseinandergesetzt. Beiden Prinzipien bin ich treu geblieben… Mein derzeitiges Schaffen ist eine Synthese. – Krzysztof Penderecki

Am 5. und 6. Mai 2018 folgt die Deutsche Erstaufführung im neuen Kulturpalast Dresden. Hier dirigiert Michael Sanderling die Dresdner Philharmonie.