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Werk der Woche – Aribert Reimann: Lear

Als erste Premiere vor Publikum in diesem Jahr zeigt die Bayerische Staatsoper am Pfingstsonntag, dem 23. Mai 2021 die Oper Lear von Aribert Reimann. Das Stück gilt als wichtigste Shakespeare-Vertonung des 20. Jahrhunderts und ist am Ort ihrer Uraufführung 1978 in einer Neuinszenierung von Christoph Marthaler zu sehen. Vor 53 Jahren bekleidete der berühmte Liedsänger Dietrich Fischer-Dieskau die Titelrolle, ihm folgt nun Christian Gerhaher, dessen destinguierter Liedgesang ihn zur Idealbesetzung für die Partie macht. Unter der Leitung von Jukka-Pekka Saraste stehen in weiteren Rollen Hanna-Elisabeth Müller, Ausrine Stundyte und Angela Denoke als Lears Töchter sowie Edwin Crossley-Mercer, Ivan Ludlow, Jamez McCorkle, Brenden Gunnell, Georg Nigl und Andrew Watts auf der Bühne.

Ab 1968 legte Dietrich Fischer-Dieskau dem Komponisten, Reimann war sein langjähriger Liedbegleiter, immer wieder die Tragödie von William Shakespeare als Opernvorlage nahe. Zwar fesselte die Geschichte den Komponisten von Anfang an, er sah sich dem Stoff aber erst vier Jahre später gewachsen. Für das Libretto wandte sich Reimann an Claus H. Henneberg, mit dem er vorher schon erfolgreich zusammengearbeitet hatte, unter anderem bei der Oper Melusine. Reimann selbst nennt drei musikalische Inspirationsquellen für Lear: Anton von Webern, der ihn Präzision lehrte, Alban Berg, dessen Expressivität er sich zum Vorbild nahm, und die Musik Indiens, die ihn rhythmisch beeinflusste. Um genügend Spielraum für seine hochkomplexen Klangflächen zu schaffen, verlangt der Komponist in einem 83-köpfigen Orchester alleine 48-fach besetzte Streichinstrumente.

Aribert Reimanns Lear: Eine Metamorphose als Spiegel unserer Zeit
Ich entdeckte in diesem Stück immer mehr Konstellationen, die mir als Gleichnis unserer Zeit erschienen. Alle diese Dinge, die sich da ereignen, können sich immer ereignen. – Aribert Reimann

König Lear will das Reich unter seinen drei Töchtern verteilen. Diejenige, die ihn am meisten liebt, soll den größten Teil erhalten. Cordelia, die für die Liebe zu ihrem Vater keine Worte findet, wird verbannt und verlässt mit dem König von Frankreich das Land. Kent, der Lears Entscheidung missbilligt, wird geächtet. Die beiden älteren Töchter und ihre Ehemänner teilen sich das Erbe. Am Ende kauert der wahnsinnige und verlassene Lear über Cordelias Leiche und folgt seiner Tochter schließlich ins Jenseits.
Zweieinhalb Stunden lang wird das Publikum aus dem Orchestergraben heraus gebannt: mit Tontrauben aller Intensitätsgrade, Vierteltonreibungen, minutenlang stehenden und sich drehenden Klangflächen, Blechballungen von monströser Härte, verwirrenden rhythmischen Verschiebungen, lyrischem Innehalten solistischer Stimmen. Diese Klangmittel werden zur scharfen Charakterisierung – von Figuren, Ausdruckshaltungen, Situationen – eingesetzt, nie als bloße Materialdemonstration. – Wolfgang Schreiber

Nach der Premiere steht zum jetzigen Zeitpunkt nur eine weitere Aufführung am 26. Mai fest. Drei weitere Vorstellungen sind aber für die verbleibende Spielzeit geplant, darüber hinaus soll die Produktion im Juni auf Staatsoper.TV als Video on Demand verfügbar sein. Bitte informieren Sie sich diesbezüglich auf der Website der Bayerischen Staatsoper.

 

Fotos: Gaby Gerster (Portrait Reimann); © Adobe Stock / Inmaculada (Hintergrund)

Werk der Woche: Heinz Holliger – Lunea

Diese Woche erwartet uns eine besondere Premiere: Am 4. März wird Heinz Holligers neue Oper Lunea am Opernhaus Zürich unter seiner eigenen musikalischen Leitung und in der Inszenierung von Andreas Homoki uraufgeführt. In der Aufführung wird Christian Gerhaher in der Hauptrolle als Nikolaus Lenau zusammen mit der ebenfalls aus früherer Zusammenarbeit mit Holliger bekannten Sarah Maria Sun zu hören sein.

Mit Lunea vollendete Holliger gut 20 Jahre nach seiner Oper Schneewittchen sein zweites abendfüllendes Bühnenwerk für das Opernhaus Zürich. Das Libretto stammt von Händl Klaus und stützt sich auf Texte des romantischen Dichters Nikolaus Lenau. Vorgänger der Oper ist ein gleichnamiger Liederzyklus, der in seiner Klavierfassung 2013 ebenfalls von Christian Gerhaher in Zürich uraufgeführt wurde. Dessen Orchesterfassung von 2014 bildet den Kern der neuen Oper über das Leben des Lyrikers Lenau. Dabei zielt das Libretto nicht auf eine lineare biographische Schilderung ab, sondern lässt in 23 aphoristischen Gedankenströmen und Traumbildern die schillernde Persönlichkeit des Dichters manifest werden.

Heinz Holliger – Lunea: Hommage an einen faszinierenden Lyriker


Nach seinem Violinkonzert „Hommage à Louis Soutter“, dem Friedrich Hölderlin gewidmeten Scardanelli-Zyklus oder der Robert Schumann-Hommage Romancenderes spiegelt auch Lunea Holligers Faszination für Künstlerpersönlichkeiten wider, die gegen Ende ihres Lebens in geistige Umnachtung fielen: Lenau galt nach einem Schlaganfall bis zu seinem Tod im Jahr 1850 als psychisch krank. Durch die konzentrierten, zum Teil nur wenige Worte langen Texte des Lyrikers, die auch in das Libretto eingeflossen sind, kommt besonders die Empfindung des „Weltschmerzes“ zum Tragen. Der expressive und zerrissene Charakter dieser Texte wird von Holliger in seiner Oper musikalisch überhöht. Dabei kommt der Solovioline eine besondere Bedeutung zu, da Lenau selbst Geiger und Gitarrist war.
„Von Lenau hat mich nicht so sehr die todtraurige Wortmusik seiner dunklen Gedichte fasziniert als vielmehr die Kühnheit seiner wie Blitze rasch hingeworfenen Zettel*-Sätze. Sie sind von einer weit in die Zukunft weisenden, ebenso zerstörerischen wie mitreißenden Sprachgewalt, höchstens vergleichbar den 80 Jahren später entstandenen Fragmenten Kafkas.“ – Heinz Holliger

Der Premiere am 4. März folgen sechs weitere Aufführungen bis zum 25. März. Außerdem findet am Premierentag ein Brunchkonzert mit Kammermusik von Holliger, Veress, Schumann und Koechlin statt.

* kurze Liebesbriefe an Sophie Löwenthal