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Marcus Weiss präsentiert neue CD

Nachdem das Saxofon vor gut 180 Jahren erfunden worden war, hatte es in einigen Musikstilen großen Erfolg. Im Sinfonieorchester jedoch hat es sich nie wirklich etabliert. Es ist immer noch der Neuling, und auch mit Solowerken wurde es nicht allzu reich bedacht – zumindest bis vor kurzem. Marcus Weiss hat nun vier sehr charakteristische konzertante Stücke aus den letzten beiden Jahrzehnten ausgewählt, die eine breite Palette von Möglichkeiten demonstrieren. Im Interview gab er spannende Einblicke in den Entstehungsprozess

 

Marcus Weiss SaxofonMarcus Weiss (Copyright: Christoph Boesch)

 

Das Interview

 

Herr Weiss, Sie sind einer der erfolgreichsten klassischen Saxofonisten. Was war ausschlaggebend?

Für einen «klassischen» Saxofonisten ist Erfolg schon die Möglichkeit öffentlich spielen zu dürfen. Ich habe vor über 30 Jahren begonnen mit meinen zwei Ensembles, dem Trio Accanto und auch dem Saxofonensemble XASAX intensiv Neue Musik zu spielen, d.h. vor allem auch mit Komponisten zusammenzuarbeiten. Dies war die einzige Möglichkeit überhaupt mit «klassischem» Saxofon aufzutreten. Das klassische Repertoire selbst besteht aus nur wenigen Werken, etwa von Debussy, Glazounov oder Ibert, mit denen man in normalen Programmen mit Orchester auftreten kann. Der große Teil des sonstigen Repertoires ist reines «Conservatoire»-Repertoire, neoklassische oder neoromantische Stücke, die von pädagogischer Qualität sind, wenn man das so sagen darf. Wenn man in meinem Fall also von Erfolg sprechen kann, dann weil es vor 30 Jahren fast niemanden sonst gab, der dies gemacht hat. Heute gibt es sehr gute und erfolgreiche Kolleg:innen, die mit unserem wenigen klassischen und vor allem auch transkribiertem Repertoire auftreten und natürlich auch viel mehr erfolgreiche Saxofonisten in der Neuen Musik.

 

Wie sind Sie zum Saxofon gekommen?

Genau weiß ich es nicht mehr. Ich weiß noch, dass ich als Neunjähriger beim Instrumenten-Auswahlnachmittag an der Musikschule Saxofon spielen wollte, ja ich wollte sogar Saxofon-Professor werden. Ich musste dann aber Klarinette spielen, denn «man soll mit einem richtigen Instrument» beginnen. Es gab einfach noch keine ausgebildeten Saxofonlehrer! Ich habe dann Mit 15 Jahren auf Saxofon umgestellt, zuerst aber vor allem Jazz gespielt und improvisiert.

 

Was bewegte Sie zur Auswahl der Stücke, die auf der CD zu hören sind?

Mir gefällt die Disparatheit und auch die klare Stilistik eines jeden dieser Stücke. Es war schon die Hauptidee, verschiedene Saxofone und sehr verschiedene ästhetische Perspektiven zu versammeln. Da es solche CDs fast nicht gibt, war es mir auch wichtig, die Bandbreite des Saxofons zu präsentieren. Interessanterweise ist das Altsaxofon, in der Geschichte das Hauptinstrument, gar nicht vertreten. Eben Debussy, d’Indy, Martin, Glazounov, Ibert usw. schrieben alle ihre Konzerte für Altsaxofon.

 

Marcus Weiss - Contemporary Concertos for Saxophone

Marcus Weiss -  Contemporary Concertos for Saxophone

Einer der erfolgreichsten Saxofonisten dieses Jahrzehnts ist Marcus Weiss. Für ihn wurden bereits zahlreiche Konzerte geschrieben. Auf der CD sind verschiedene Gattungen zu hören: Sie zeigen, wie perfekt der Saxofonklang mit einem Ensemble oder Orchester verschmelzen kann.

 

 

Peter Eötvös hat eigens das Saxofonkonzert "Focus" für Sie komponiert. Wie kam es dazu?

Wir hatten vor ein paar Jahren zusammen zu tun und ich fragte ihn, ob er mir zu meinem runden Geburtstag ein Saxofonkonzert schreiben würde. Er sagte spontan, ja, das sei eine «goldige Idee». Und ich bin natürlich froh und geehrt, das Stück dann auch bekommen zu haben. Die Arbeit daran mit Peter war wunderbar. Es ging nur um Musik, um präzise Notation von Artikulation, Dynamik, Tempi usw., aber nicht irgendwie abstrakt nach einem Plan, sondern immer höchste Präzision im großen musikalischen Zusammenhang.

 

Welches ist für Sie das herausforderndste Stück auf dieser CD?

Jedes der Werke hat andere Herausforderungen, klangliche, dynamische oder ganz einfach musikalische. Das Konzert von Haas ist aber rein physisch und auch spieltechnisch das schwierigste. Zum einen ist da die Idee einer Gegenüberstellung von Saxofon-Multiphonics und Orchester im zweiten Teil des Stücks. D.h. ich spiele ausgedehnte, kräftige Mehrklänge, das Orchester antwortet jeweils mit einer Abbildung, einer Art Kopie davon. Bei beiden steht fortissimo, doch ist da ein einzelnes Instrument, auch wenn’s ein lautes Saxofon ist, gegenüber einem großen Orchester doch ziemlich verloren. Die andere Herausforderung ist das mikrotonale Spiel zu Beginn des Stücks. Nicht dass Mikrotöne Saxofonen nicht möglich wären. Doch schreibt sie der Komponist in einer Lage, die bis fast zwei Oktaven über dem normalen Register liegt und noch dazu im Pianissimo!

 

Worin sehen Sie den Unterschied zwischen einem Jazz-Saxofonisten und einem klassischen Saxofonisten?

Es ist genau derselbe Unterschied wie zwischen einer Jazzsängerin und einer klassischen Sängerin oder einem Jazzpianisten und einem klassischen. Nicht weil unser Instrument das Jazzinstrument par excellence ist, gibt es da mehr Nähe. Ich kenne viele «klassische Saxofonisten» die keinen Ton Jazz spielen. Persönlich finde ich das zwar schade, aber die Haltung zur Musik, zum Klang und viele andere Sachen sind einfach völlig anders. Beim Saxofon sind auch die Mundstücke und eben der Ansatz, die Klangvorstellung sehr verschieden. Obwohl ich nicht mehr sehr oft dazu komme Jazz zu spielen, bin ich überzeugt davon, dass diese Erfahrung und vor allem die Erfahrung des Improvisierens für mein Musikmachen und für mein Hören genauso wichtig ist, wie die unzähligen Stunden des Übens von Partituren.

 

Sie sind Professor für Saxofon und Kammermusik an der Musikhochschule Basel. Was geben Sie Ihren Schülern mit?

In Basel unterrichte ich Saxofon, Kammermusik und leite auch zusammen mit Sarah Sun, Yaron Deutsch und Mike Svoboda den Master für zeitgenössische Musik. Das sind viele verschiedene Aufgaben. Bei den Saxofonisten ist es mir wichtig, ihnen so viel Musik wie möglich nahezubringen. Zum einen müssen sie natürlich instrumental-technisch und auch klanglich viel arbeiten. Dann ist aber die oben schon erwähnte Situation mit dem Repertoire bei uns Saxofonisten eine besondere. Es gibt kein vorgebildetes Profil eines «klassischen Saxofonisten». Jeder muss sich sein eigenes Profil erarbeiten. Bei Flöte, Klarinette usw. gibt es den Weg ins Orchester, in die Kammermusik oder gar ins Solospiel, auf denen man eine ganze Karriere aufbauen kann. Bei uns sind das nur Randbereiche und natürlich ist oft das Unterrichten die Hauptbeschäftigung. Künstlerisch haben sich in den letzten Jahren aber verschiedene Wege aufgetan, die entweder voll in die neue Musik hineingehen, in die Kreation neuen Repertoires, ins Ensemblespiel oder in die Kammermusik. Auf der anderen Seite gibt es aber auch vereinzelt Saxofonsolist:innen, die mit traditionellem, auch transkribiertem Repertoire unterwegs sind oder Saxofonquartette, die zum Teil ausgezeichnete Arbeit machen, ebenfalls mit der Musik früherer Jahrhunderte.

Als Lehrer sehe ich es als meine Aufgabe darin, auf alle diese Möglichkeiten aufmerksam zu machen, idealistisch gesagt, ihnen die Mittel zu geben, sich zu aufgeklärten, interessierten und kritischen Musikern zu bilden. Die Realität des Geldverdienens mit Saxofon, mit Musik ist aber nicht immer einfach.

 

 

Kurzbiografie

Marcus Weiss studierte Saxofon an der Musikhochschule Basel. 1989 gewann er den Solistenpreis des Schweizerischen Tonkünstlervereins (heute: Sonart). Als Solist spielt er mit vielen Orchestern und Ensembles zusammen. Er ist Mitglied im Trio Accanto und im Saxofonensemble Xasax/Paris.

Weiss ist Professor für Saxofon und Kammermusik an der Musikhochschule Basel. Er gibt regelmäßig Masterclasses an europäischen und amerikanischen Hochschulen. Zudem ist er Dozent bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik und bei impuls in Graz und gehört zur Programmgruppe des Festival Rümlingen.

 

 

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